Eine Stimme, die begleitet von sanftem Wellenrauschen über die Bedeutung von Demokratie philosophiert, blutige Gewalt von Nazis und roher Sex. Der Film „Kriegerin“ liefert schon in den ersten fünf Minuten alles, was einen Hollywoodstreifen so richtig erfolgreich macht. Der rasante Einstieg ist der Auftakt für 100 Minuten Schockeinblick in die ostdeutsche Neonaziszene. Es sind Bilder die Gänsehaut verursachen, aber ob der holprigen Storyline auch ein wenig plakativ wirken. Und am Ende bleibt vor allem die Frage: Was soll ich daraus mitnehmen?
Die Graphic Novel „Nacht über Brest“ trägt den Untertitel „September 1937 – Der spanische Bürgerkrieg landet in der Bretagne“ und könnte glatt als Spionagethriller unter dem Motto „Geschüttelt, nicht gerührt“ durchgehen. Aber man sagt ja, das die Phantasie nur ein billiger Abklatsch der Realität sei.
Das hatte ich in den letzten Jahren selten, dass ich den gerade gelesenen Comic-Band aus der Hand lege und umgehend den Folgeband lesen will. Dies ist mir jetzt in der Vorweihnachtszeit mit dem ersten Band der Comicserie „Die Kinder der Résistance“ der Belgier Vincent Dugomier und Benoît Ers passiert.
Strammstehen zur Urteilsverkündung: André M. (Mitte) zwischen seinen Verteidigern Penneke (rechts) und Koch Foto: Gerichow
Vier Jahre Freiheitsstrafe lautet das Urteil im Prozess gegen André M., der seit April dieses Jahres auf der Anklagebank im Landgericht Berlin-Tiergarten saß. Zusätzlich wird die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Blumen für die Holocaustleugnerin: Ursula Haverbeck ist in der „politischen Erwachsenenbildung“ tätig. Vor Gericht vertritt sie der notorische Wolfram Nahrath. Foto: Kim Winkler
92 Jahre und kein bisschen weise: Vor dem Amtsgericht Tiergarten begann Mitte November der Prozess gegen die notorische Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Angeklagt ist die Hochbetagte wegen Volksverhetzung. Sie muss sich nicht das erste Mal wegen eines solchen Vorwurfs verantworten. Erst Anfang November wurde sie aus einer zweijährigen Haft entlassen, die sie wegen mehrmaliger Leugnung des Holocaust antreten musste.
Ein Gedenkort für Walter Benjamin: Eine Treppe der Erinnerung an den jüdischen Philosophen im katalanischen Port Bou, wo er sich das Leben auf der Flucht vor den Nazis nahm.
In der Nacht vom 26. auf den 27. September 1940 starb Walter Benjamin. Der Fotografin Henny Gurland, die wie Benjamin Teil der Flüchtenden-Gruppe auf ihrem Fußweg über die Pyrenäen bis zur spanisch-französischen Grenze war, soll er Stunden vor seinem Tod einen Abschiedsbrief übergeben haben. Sein Freund und Kollege Theodor W. Adorno hätte ihn erhalten sollen, erklärend, dass die „ausweglose Situation“ seiner misslingenden Flucht aus Vichy-Frankreich Benjamin keine andere Möglichkeit gelassen habe, als den Freitod zu wählen.
Aus den Tiefen des Darknets in die tiefen Gänge des Moabiter Kriminalgerichts: Der Fall André M.
Seit Prozessbeginn im April hat André M. vor der 10 Strafkammer des Landgerichts Berlin beharrlich geschwiegen. Ihm wird zur Last gelegt, aus einer nazistischen, misogynen und rassistischen Motivationen heraus Nachrichten mit Mord- und Bombendrohungen an zahlreiche Personen und öffentliche Institutionen, wie Gerichte, versandt zu haben. Unterzeichnet waren diese unter anderem mit dem Namen „Nationalsozialistische Offensive“. Um trotz seines Schweigens einen Eindruck vom Angeklagten, seiner Weltanschauung und seinen persönlichen Lebensumständen zu bekommen, wurden seit Verhandlungsbeginn unzählige Sprachnachrichten von Messengerdiensten vor Gericht angehört. Mit einer Person tauschte er sich zu der Zeit, als die Bombendrohungen verschickt wurden, regelmäßig aus: Kerstin S. Sie war zu jener Zeit eine Vertrauensperson von André M., obwohl ihre Verbindung rein virtuell war.
„Rin inne Kartübbeln, rut ut de Kartübbeln“: Seit über 140 Jahren steht dieser Spruch in Deutschland für einen ungeordneten militärischen Manövereinsatz. Und dieser Spruch fällt einem auch angesichts der Pressemitteilung vom 26. Juli von CasaPound in Bozen ein. Die kommunale Sektion der faschistischen Partei nämlich will im September diesen Jahres - trotz der Einstellung der Parteienaktivitäten der Gesamtpartei — an den Kommunalwahlen in Südtirol teilnehmen.
„Asphyx“ von Andrei Cucu. Ein Werk in der Ausstellung „AARC#1 — TORTU“, das eindrücklich versucht, die komplexen Dynamiken von Rassismus sicht- und hörbar zu machen
„Wir wollen eine Diskussion zwischen Kunst und Politik starten“, erklärt Selda Asal, die Gründerin des Apartment Projects in ihrer Eröffnungsrede zur Ausstellung „AARC#1 – TORTU“. In zwei Berliner Projekträumen werden am letzten Juni-Wochenende im Rahmen einer multimedialen Ausstellung sieben Arbeiten präsentiert, die sich die große Frage nach den Auswirkungen von Rassismus stellen – und persönliche Antworten liefern. Die beiden Projekträume — das Apartment Project in Neukölln und das Errant sound in Mitte — könnten unterschiedlicher nicht sein: Geschliffene Dielen und Stuckdecken in einem Hinterhof in Berlin-Mitte und kahler Betonboden mit Industriecharme in einer Nebenstraße der Sonnenallee in Neukölln. Doch die Betreiber*innen der beiden Räume verbindet das gemeinsame Bedürfnis, künstlerische Antworten zu finden auf ein politisches Thema. Ein Thema, das in den letzten Monaten auch den gesamtgesellschaftlichen Diskurs immer mehr in Atem hält. Deshalb gründeten die Künstler*innen nach dem rassistischen Massenmord in Hanau im Februar das „Artists against Racism collaborative“ (AARC).