Im November 2021 jährt sich die Selbstenttarnung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zum zehnten Mal. Das durch eine Vielzahl von „Vertrauensleuten“ der Sicherheitsbehörden flankierte Terrornetzwerk der Nazi-KameradInnen hatte in der Zeit zwischen 1999 bis 2011 wenigstens neun Morde an Migranten und einen weiteren an einer Polizistin, drei Bombenanschläge und 15 Raub- und Banküberfälle mit zahlreichen zum Teil lebensgefährlich Verletzten in der Bundesrepublik verübt. Nach einem misslungenen Banküberfall von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Eisenach am 4. November 2011 wurde das berüchtigte sogenannte Paulchen-Panther-Bekennervideo im Namen des NSU verbreitet. Ihre Kombattantin noch aus den Tagen der Jenaer Kameradschaft in den 1990er Jahren, Beate Zschäpe, verschickte es gemeinsam mit bislang noch unbekannten UnterstützerInnen an wenigstens 15 Adressen – darunter eines direkt im Kuvert ohne Briefmarken, eingeworfen in den Briefkasten der Nürnberger Nachrichten, adressiert an den Redakteur Herbert Führ.
Maximilian Fuhrmann / Sarah Schulz: Strammstehen vor der Demokratie. Extremismuskonzept und Staatsschutz in der Bundesrepublik. Stuttgart 2021.
»Im Unterschied zum Rechtsextremismus teilen sozialistische und kommunistische Bewegungen die liberalen Ideen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – interpretieren sie aber auf ihre Weise um.« Dieser Satz war zehn Jahre lang in einem Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) über sogenannten Linksextremismus zu lesen und stand in diesem Zeitraum unbeachtet im Web. Ein Tweet im Januar 2021 löste einen Shitstorm von Konservativen und extrem Rechten aus. Die Ideen des Liberalismus könnten nicht in einen Bezug zu „linksextremen“ Bewegungen gesetzt werden, so der Tenor. Daraufhin intervenierte das Bundesministerium des Innern, dem die bpb untergeordnet ist, und verlangte eine Änderung des Textes zugunsten einer Formulierung des Verfassungsschutzes.
Baseballschlägerjahre — mittlerweile ein Epochenbegriff für Antifa, wenn sie an die frühen 1990er Jahre denkt. Dazu gibts in Groß eine Dokuserie beim rbb — und noch viel besser: in Klein und von Unten in der Online-Serie „Gegen uns. Betroffene im Gespräch über rechte Gewalt nach 1990 und die Verteidigung der solidarischen Gesellschaft“ die Abteilung „Baseballschlägerjahre in der Uckermark: Rechte Gewalt und Gegenwehr“.
Er setzt sich gerne in Szene, soviel steht fest. Bereits vor Prozessbeginn in einem langen Interview mit dem russischen Propagandasender RT Deutsch hatte Franco Albrecht die Möglichkeit sich als Opfer vieler Zufälle und Sachzwänge darzustellen. Und auch im Prozess, der nun fast 4 Jahre nach seiner Verhaftung endlich startet, sieht es so aus, als ob er diese unglaubliche Verharmlosung weiter durchziehen will.
Am neunten und letzten Prozesstag verkündet der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats das Urteil: Der Angeklagte Al‑H. wird wegen Mordes in Tateinheit mit versuchtem Mord und gefährlicher Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht ordnete außerdem eine anschließende Sicherheitsverwahrung an. Mit einigen persönlichen und religiös geprägten Worten schließt der Vorsitzende die Urteilsverkündung ab.
Justiz hinter Gittern: Vor dem OLG Dresden wird der mörderische Messerangriff vom 4. Oktober 2020 verhandelt
Am achten und damit vorletzten Prozesstag gegen den Islamisten Abdullah Al‑H. halten die Anwälte der Nebenklage sowie die Verteidigung ihre Plädoyers. Beide schließen sich grundsätzlich den Strafforderungen der Staatsanwaltschaft an. Die Nebenklage kritisiert die mangelnde Aufklärung in Bezug auf die Möglichkeit, dass die Tat hätte verhindert werden können. Der Verteidiger setzt sich für eine Verurteilung nach Jugendstrafrecht ein.
Bevor die Beweisaufnahme geschlossen wird, hört das Gericht noch die Einschätzung der „Jugendhilfe im Strafverfahren Dresden“ (früher: Jugendgerichtshilfe). Der Mitarbeiter empfiehlt, das Jugendstrafrecht auf den Angeklagten anzuwenden. Die Staatsanwaltschaft folgt dieser Einschätzung in ihrem anschließenden Plädoyer jedoch nicht. Sie plädiert auf lebenslange Haft mit Sicherheitsverwahrung nach allgemeinem Strafrecht wegen Mordes in Tateinheit mit versuchtem Mord und gefährlicher Körperverletzung. Weiterhin sei eine therapeutische Betreuung angebracht.
Sechster Prozesstag im Verfahren gegen den Islamisten Abdullah Al‑H., der am 4. Oktober 2020 zwei Männer aus schwulenfeindlichen Motiven angegriffen und einen der beiden dabei tödlich verletzte, den anderen schwer. Geladen waren eine Zeugin vom LKA Sachsen und zwei Zeug:innen vom BKA. Außerdem ging aus der weiteren Beweisaufnahme hervor, dass Al‑H. am 6. November letzten Jahres zum wiederholten Mal Wärter der JVA Dresden angegriffen und dabei erneut seine islamistische Überzeugung zum Ausdruck gebracht habe, indem er Justizbeamte mit dem Tod bedrohte und dabei den Takbīr ausrief.
Der fünfte Verhandlungstag im Verfahren gegen den Islamisten Abdullah Al‑H. ist der 26. Arpil 2021 und läuft für das Violence Prevention Network (VPN) nicht gut. Neben Mängeln im Ansatz des Netzwerks, die bereits an den vorherigen Tagen thematisiert wurden, tritt nun auch der Kompetenzstreit zwischen Gefängnispsychologin und VPN-Mitarbeiter:innen zutage. Der Schwerpunkt des Tages liegt jedoch auf dem Gutachten des forensischen Psychiaters Norbert Leygraf, der darin auch Kritik übt, aber im Wesentlichen noch einmal seine am ersten Tag präsentierten Ausführungen bestätigt.
Am vierten Prozesstag spielen insbesondere zwei Zeug:innen eine zentrale Rolle: Zuerst wird der Cousin des Angeklagten J. befragt, die zweite Zeugin ist Julia N. vom Violence Prevention Network, die den Beschuldigten im letzten Jahr betreut hatte. Die beiden Zeug:innen-Befragungen nehmen mit Abstand den größten Raum ein.