Grüne Infamie: In Hamburg kein NSU-Untersuchungsausschuss

Ayşen Taş­köprü: „Alles was ich noch möch­te, sind Ant­wor­ten. Wer sind die Leu­te hin­ter der NSU? War­um aus­ge­rech­net mein Bru­der? Was hat­te der deut­sche Staat damit zu tun? Wer hat die Akten ver­nich­tet und war­um?“ (Aus dem Absa­ge­brief zur Ein­la­dung des Bun­des­prä­si­den­ten Joa­chim Gauck zu einem Emp­fang für die Ange­hö­ri­gen der Opfer des NSU, im Febru­ar 2013) * Fotos: Burschel

Für Süley­man Taşköprü

Im Mai 1999 ver­öf­fent­lich­te die Nazi­zei­tung Ham­bur­ger Sturm ein Auf­se­hen erre­gen­des Inter­view. Hier erhiel­ten erst­mals die soge­nann­ten „Natio­nal Revo­lu­tio­nä­ren Zel­len“ (NRZ) das Wort und sie spra­chen sich für die Pra­xis des bewaff­ne­ten Unter­grund­kamp­fes aus. Das dazu gehö­ri­ge Foto zeigt einen Mann mit Sturm­hau­be und ein Inter­view­ter gibt unmiss­ver­ständ­lich kund: „Unser Weg ist der aus dem Unter­grund han­deln­de Akti­vist.“ Wei­ter heißt es: „Man darf nicht ver­ges­sen, dass wir im Krieg sind mit die­sem Sys­tem und da gehen nun mal eini­ge Bul­len oder sons­ti­ge Fein­de drauf.“ Ergänzt wur­den die­se mar­kan­ten Aus­sa­gen durch Hin­wei­se und Tipps für klan­des­ti­nes Ver­hal­ten. Die­se durch den Ham­bur­ger Sturm öffent­lich kund geta­ne Kon­zep­ti­on des bewaff­ne­ten Kamp­fes, wur­de zeit­ge­nös­sisch nicht nur von Antifaschist*innen, son­dern auch von den Skin­heads in Zwi­ckau und Chem­nitz auf­merk­sam regis­triert. In ihrem State­ment leg­ten die NRZ dar: „Wir sind eine Grup­pe von meh­re­ren Per­so­nen, die in der NPD tätig sind, aber mit dem NPD-Füh­rungs­stil unzu­frie­den gewor­den sind“, wes­halb „wir den neu­en Weg als han­deln­de Akti­vis­ten aus dem Unter­grund ein­ge­schla­gen haben“. Mit­ma­chen bei dem „Unter­grund­kampf für die Frei­heit der Wei­ßen Völ­ker“ kön­nen aus­schließ­lich Män­ner, die Kampf­sport betrei­ben und mit Waf­fen umge­hen kön­nen sowie Com­pu­ter­kennt­nis­se haben. Der Ham­bur­ger Sturm, eine Mischung aus rech­tem Skin­zi­ne und NS-Pro­pa­gan­da­blatt, erschien ab 1994 regel­mä­ßig und ent­wi­ckel­te sich zuneh­mend zu einer Zei­tung für soge­nann­te Freie Natio­na­lis­ten aus ganz Nord­deutsch­land. In sei­nem Inhalt fin­den sich neben Berich­ten zu Kon­zer­ten und Aktio­nen des »Natio­na­len Wider­stands« auch Hin­wei­se zu mili­tan­ten Aktio­nen. Auf einer Anti-Anti­fa-Sei­te wer­den Daten von lin­ken Zen­tren und Per­so­nen wie Jugend­ein­rich­tun­gen oder dem Lei­ter des St.-Pauli-Fanladens bekannt gemacht, die „besucht wer­den kön­nen“. Auf den Sport­sei­ten het­zen die Autor*innen über „Mul­ti-Kul­ti-Fuß­hal­ler“ und emp­feh­len Got­cha als „Wehr­ertüch­ti­gung“. In einer Serie zur Rechts­hil­fe wer­den Tipps zum Ver­hal­ten gegen­über Poli­zei und Jus­tiz gege­ben. Auf den „Sei­ten für die poli­ti­schen Gefan­ge­nen« berich­ten Chris­ti­an Worch und Ger­hard „Gar­ry“ Lauck über ihre Haft­zeit in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt Fuhls­büt­tel und der Poli­zis­ten­mör­der Kay Dies­ner bedankt sich in einem Leser­brief für die Unter­stüt­zung durch die Zei­tung. Sie unter­hielt auch durch einen ihrer Redak­teu­re, Tor­ben Kle­be, der im Herbst 1998 wegen Ver­brei­tung einer indi­zier­ten CD der Ber­li­ner Neo­na­zi-Band Land­ser ver­ur­teilt wor­den war, zu dem Zeit­punkt des Inter­views mit den NRZ gute Bezie­hun­gen zum Blood & Honour-Netz­werk (B&H) in Ber­lin und Skan­di­na­vi­en. Das Anti­fa­schis­ti­sche Info­blatt (AIB) aus Ber­lin bewer­te­te schon zeit­ge­nös­sisch das besag­te Inter­view mit den NRZ als einen „qua­li­ta­ti­ven Sprung in Rich­tung offe­ner Pro­pa­gie­rung von Neo­na­zi­ter­ro­ris­mus“. Der Ham­bur­ger Ver­fas­sungs­schutz­prä­si­dent Rein­hard Wag­ner sah genau das damals ganz anders. Zwar beun­ru­hig­ten ihn „die gan­zen Waf­fen­fun­de und die vie­len Ein­zel­ta­ten“ der Nazi­sze­ne, gleich­wohl: „Von einer ter­ro­ris­ti­schen Grup­pe kann nicht die Rede sein“, und wei­ter führ­te er aus: „Ein ter­ro­ris­ti­sches Netz­werk besteht nicht“.

Eine Blaupause für den „Rassenkrieg“

Ein paar Mona­te spä­ter, Ende Sep­tem­ber 1999 ver­öf­fent­lich­te Redak­teur Gui­do Geist eine län­ge­re Hin­ter­grund­re­por­ta­ge im Ham­bur­ger Abend­blatt. Unter der pro­gram­ma­ti­schen Über­schrift „Eine ver­schlos­se­ne Stadt in Ham­burg“ berich­te­te er pro­mi­nent auf der gan­zen Sei­te 3, dass „sich vie­le Tür­ken“ mut­maß­lich „von den Deut­schen aus­ge­schlos­sen füh­len“ und sich „immer mehr auf ihre tür­ki­sche Kul­tur und Tra­di­ti­on“ besin­nen, kurz: „Sie zie­hen sich in ihre eige­ne Welt zurück“. Aus der Sicht von Geist habe eben die­se „ver­schlos­se­ne Stadt“ kei­nen Namen und sei „auf kei­ner Kar­te ein­ge­zeich­net“ – und doch kön­ne sie jeder sehen. „Eini­ge Stra­ßen­zü­ge lie­gen in St. Pau­li, ande­re in Har­burg, Alto­na oder Wil­helms­burg. Die par­al­le­le Stadt hat eige­ne Restau­rants und Cafés, Lebens­mit­tel­ge­schäf­te, Schnei­der, Ärz­te, Anwäl­te, Ban­ken, Wer­be­agen­tu­ren, Tank­stel­len, Bestat­tungs­in­sti­tu­te und Got­tes­häu­ser.“ Zu einem der in die­sem Bei­trag vor­stell­ten jun­gen Deutsch-Tür­ken erscheint es für Geist ange­zeigt zu notie­ren, dass er im Klein­ge­wer­be arbei­tet, und zwar „mit zwei Cou­sins im Obst- und Gemü­se­la­den sei­nes Onkels auf dem Steindamm.“

Am Ende sei­nes Bei­tra­ges mar­kiert Geist, der spä­ter als Reden­schrei­ber für den Ers­ten Bür­ger­meis­ter Ham­burgs, Ole von Beust, und dann als Pres­se­re­fe­rent in der Senats­kanz­lei der Frei­en und Han­se­stadt Ham­burg tätig sein soll­te, wie er for­mu­liert, „Kei­ne gute Aus­sicht“ um dar­an eine bezie­hungs­rei­che Fra­ge zu knüp­fen: „Sam­meln sich im Schat­ten der ver­schlos­se­nen Stadt die ent­täusch­ten Hoff­nun­gen für den offe­nen eth­ni­schen Kon­flikt von mor­gen?“ Die­se inter­es­sier­ten For­mu­lie­run­gen erschei­nen zunächst soft ent­wor­fen. Trans­for­miert man sie aber in eine nazis­ti­sche Dik­ti­on kann man sie auch als einen Hin­weis auf einem kom­men­den „Ras­sen­krieg“ ver­ste­hen. So sicher nicht von Geist inten­diert, waren doch in die­sem Bei­trag über die „par­al­le­le Stadt“ eine Rei­he von Zie­len mar­kiert wor­den, die dann für die kom­men­de Mord­se­rie des NSU zen­tra­le Bedeu­tung erlan­gen soll­ten: Von Migran­ten geführ­te Restau­rants und Cafés, Lebens­mit­tel­ge­schäf­te, Obst- und Gemüseläden.

Anfang August 2000 warn­ten das AIB und das Anti­fa­schis­ti­sche Pres­se­ar­chiv und Bil­dungs­zen­trum e.V. (apa­biz) aus Ber­lin in einer Pres­se­mit­tei­lung auch unter Hin­weis auf Tor­ben Kle­be davor, dass das neo­na­zis­ti­sche Netz­werk Blood & Honour (B&H) öffent­lich zum bewaff­ne­ten Kampf auf­ru­fe. Auf der Web­sei­te ver­brei­te­te B&H Scan­di­na­via ein mehr­sei­ti­ges Stra­te­gie­pa­pier zum bewaff­ne­ten Kampf, dass mit der Auf­for­de­rung endet: „Die Zeit des Gere­des ist wirk­lich vor­bei. Wir haben ein Sta­di­um erreicht, in dem jeg­li­che Form der Akti­on der Inak­ti­vi­tät vor­zu­zie­hen ist. (…) Laßt uns das mul­ti­kul­ti, mul­ti­kri­mi­nel­le Infer­no (…) zerstören.”

Wie die Ceska-Mordserie nach Hamburg kam …

Der Tat­ort in der Lie­gnit­zer Str. am Ran­de Nürn­bergs 2015, ehe eine offi­zi­el­le Gedenk­ta­fel ange­bracht wurde

Wie­der­um einen Monat spä­ter, am 8. Sep­tem­ber 2000, erschie­ßen zwei Base­ball­müt­zen und Fahr­rad­kla­mot­ten tra­gen­de „hell­häu­ti­ge“ Per­so­nen den tür­ki­schen Blu­men­händ­ler Enver Şimşek an einer Aus­fall­stra­ße in Nürn­berg. Und zwar mit einer Ces­ka 83. Das war der ers­te Mord in einer Serie, dem dann in den nächs­ten sechs Jah­ren noch 8 wei­te­re Mor­de mit der glei­chen Waf­fe fol­gen soll­ten. Nach­dem am Abdur­ra­him Özüd­oğru am 13. Juni 2001 wie­der­um in Nürn­berg erschos­sen wur­de, traf es dann gera­de ein­mal zwei Wochen spä­ter den Gemü­se­händ­ler Süley­man Taş­köprü in der Schüt­zen­stra­ße im Bezirk Alto­na – mit der­sel­ben Waf­fe.. Spä­tes­tens mit die­sem Mord muss­te die Poli­zei erken­nen, dass es sich um eine Serie handelte.

Das Ham­bur­ger Abend­blatt berich­te­te über einen „mys­te­riö­sen Mord am hell­lich­ten Tag“ sowie eine „Hin­rich­tung im Gemü­se­la­den“. Wäh­rend damals aus der Sicht der poli­zei­li­chen Ermittler*innen das Motiv „noch völ­lig im Dun­keln“ lag, insi­nu­ier­te der Arti­kel als Motiv für die Tat „Schutz­geld­erpres­sung“, bei der „in vie­len Fäl­len (…) die ver­bo­te­ne kur­di­sche PKK dahin­ter“ stehe.

Wie es der Zufall will, ent­schied sich die Poli­zei dafür, den Mord an Süley­man Taş­köprü in Ham­burg zunächst ein­mal nicht als Teil einer Mord­se­rie zu ver­öf­fent­li­chen. Noch am 5. Sep­tem­ber 2001 – inzwi­schen war in Mün­chen der Laden­be­sit­zer Habil Kılıç ermor­det wor­den – ver­öf­fent­lich­te das Poli­zei­prä­si­di­um Mit­tel­fran­ken eine Mel­dung, der­zu­fol­ge beim Mord in Mün­chen und den Taten in Nürn­berg die­sel­be Waf­fe benutzt wor­den sei, der Ham­bur­ger Fall wur­de nicht erwähnt.

Hat­ten die Ermitt­ler also über zwei Mona­te über­se­hen, dass der Mord in Ham­burg Teil einer Serie war? Eher nicht. Den Behör­den war durch­aus bewusst, dass die Fäl­le zusam­men­hän­gen. Die Kri­mi­nal­po­li­zei in Nürn­berg hat­te bereits weni­ge Tage nach dem Mord in Ham­burg mit den dor­ti­gen Ermittler*innen Kon­takt auf­ge­nom­men. Trotz­dem soll­te es zwei Mona­te dau­ern, bis die Bestä­ti­gung kam, dass der Mord an Taş­köprü Teil der Mord­se­rie war. Denk­bar hier, dass es sei­tens der Poli­zei als nicht so wich­tig erach­tet wur­de, einen Abgleich der Muni­ti­on durch­zu­füh­ren, oder dass der Fall gar nicht bear­bei­tet wer­den soll­te. Ein posi­ti­ver Befund hät­te ja bedeu­tet, dass es sich um eine bun­des­wei­te Mord­se­rie han­del­te, was wie­der­um Fra­gen nach der Zustän­dig­keit auf­ge­wor­fen hät­te. Solan­ge kein offi­zi­el­ler Beweis vor­lag, wel­cher die Mor­de in Ver­bin­dung brach­te, konn­ten die Fäl­le bei den Behör­den vor Ort ver­blei­ben. Zwei Mona­te wur­de also in Ham­burg anschei­nend wie in einem Ein­zel­fall ermit­telt, auch wenn man dort von einem ähn­li­chen Modus Ope­ran­di aus­ging. Das ist rele­vant, denn die unmit­tel­bar nach der Tat auf­ge­nom­me­nen Zeu­gen­aus­sa­gen zum Mord in Ham­burg wur­den so nicht im Zusam­men­hang zu den ande­ren Fäl­len gese­hen. Die zum Teil eigen­tüm­li­chen Ermitt­lun­gen der Ham­bur­ger Poli­zei in der Mord­sa­che Süley­man Taş­köprü im Jah­re 2001 kön­nen an ande­rer Stel­le nach­ge­le­sen wer­den. Hier nur noch soviel: Nach dem 11. Sep­tem­ber 2001, dem Angriff unter ande­rem auf das World Trade Cen­ter in New York und das Pen­ta­gon in Washing­ton, wur­den die Ermitt­lun­gen in der Han­se­stadt nur noch mit mini­ma­lem Per­so­nal­ein­satz gefah­ren, da vie­le Ermittler*innen für die Auf­klä­rung der Ham­bur­ger Al Qai­da-Zel­le zusam­men­ge­zo­gen wur­den. Im März 2003 wur­den die Ermitt­lun­gen zur Auf­klä­rung des Mor­des fak­tisch beendet.

Es hat Früchte getragen …“: Der Weisse Wolf und der Rassenkrieg

Fast zeit­gleich zur Ermor­dung Taş­köprüs erscheint in Ros­tock die 16. Aus­ga­be der Nazi-Zeit­schrift Weis­ser Wolf. Das Nazi-Zir­ku­lar war 1996 in der Jus­tiz­voll­zugs­an­stalt Bran­den­burg a. d. Havel „als „Rund­brief inhaf­tier­ter Kame­ra­den des Jus­tiz­voll­zugs“ ins Leben geru­fen wor­den. Einer der Grün­der war Maik Fischer, der wie­der­um in engem Kon­takt mit dem damals gleich­falls inhaf­tier­ten Cars­ten Szce­pan­ski stand. Bei­de arbei­te­ten zusam­men. Szc­ze­pan­ski hat­te als Füh­rer einer Meu­te 1992 den nige­ria­ni­schen Geflüch­te­ten Ste­ve Erenhi 1992 in Wen­disch-Rietz fast zu Tode geprü­gelt und war dafür 1995 zu acht Jah­ren Haft ver­ur­teilt wor­den. Offi­zi­ell erst seit 1994 in Diens­ten des Bran­den­bur­gi­schen Ver­fas­sungs­schut­zes, wur­de er im Som­mer 2000 als Spit­zel ent­tarnt. Im Ver­lau­fe des Jah­res 1998 waren von Szc­ze­pan­ski Kon­tak­te in den Chem­nit­zer B&H‑Szene und zu den Unterstützer*innen der flüch­ti­gen Jena­er Bom­ben­bast­ler her­ge­stellt wor­den. Auch so wun­dert es nicht, dass sich in den Aus­ga­ben des Weis­sen Wolfs immer wie­der expli­zi­te Bezug­nah­men zu der B&H‑Struktur inklu­si­ve Spen­den­auf­ru­fen fin­den. B&H‑Gruppen aus Chem­nitz, Ham­burg und Ros­tock lie­fern dem Weis­sen Wolf regel­mä­ßig Arti­kel. Anfang der 2000er Jah­re gehört die Zei­tung zu den wich­tigs­ten Zir­ku­la­ren der Neo­na­zi- und Rechts-Rock-Sze­ne, in denen, so der For­scher Gideon Botsch, „ultra-mili­tan­te und (proto-)terroristische Kon­zep­te nach den aus­län­di­schen Vor­bil­dern von THE ORDER, des KU-KLUX-KLAN, von COMBAT 18 oder der NATIONAL SOCIALIST ALLIANCE bewor­ben und ver­herr­licht wurden.“

Und, wie es erneut der Zufall will, wird eben dar­in der Bei­trag „Ver­schlos­se­ne Stadt“ aus dem Ham­bur­ger Abend­blatt vom Sep­tem­ber 1999 doku­men­tiert, ohne dass die­ser über­haupt zum Stil der sons­ti­gen Bei­trä­ge in die­ser Zei­tung passt. Es kommt aber für die Redak­ti­on noch bes­ser: Im Früh­jahr 2002 erreicht sie eine beträcht­li­che Geld­spen­de einer Grup­pe namens Natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Unter­grund ( NSU), was vom einem Spit­zel des Ver­fas­sungs­schut­zes Meck­len­burg-Vor­pom­mern sogleich an sei­ne Behör­de gemel­det wird. Die Macher des Weis­sen Wol­fes, dar­un­ter der spä­te­re NPD-Land­tags­ab­ge­ord­ne­te in Meck­len­burg-Vor­pom­mern, David Pete­reit, revan­chie­ren sich dafür Ende des Jah­res 2002 in der Aus­ga­be Nr. 18 im Vor­wort mit den Wor­ten: „Vie­len Dank an den NSU, es hat Früch­te getra­gen.“ Dazu ist ein zwin­kern­der Smi­ley und eine an den Jar­gon der Roten Armee Frak­ti­on ange­lehn­te Paro­le: „Der Kampf geht wei­ter…“ gesetzt.

Ros­tock, Toi­ten­win­kel, der Gedenk­ort im Neu­dier­kower Weg für Meh­met Tur­gut, der hier am 25. Febru­ar 2004 vom NSU ermor­det wurde.

Zwi­schen dem NSU und der Redak­ti­on des Wei­ßen Wol­fes scheint es gute Kenn­ver­hält­nis­se gege­ben zu haben. Anto­nia von der Beh­rens, Rechts­an­wäl­tin aus der Neben­kla­ge im NSU-Pro­zess vor dem OLG Mün­chen, macht in ihrer Aus­sa­ge vor dem NSU-Unter­su­chungs­aus­schuss des Land­ta­ges Meck­len­burg-Vor­pom­mern auf die­se per­so­nel­len Ver­bin­dun­gen zu Per­so­nen aus dem NSU-Netz­werk auf­merk­sam: „Der ‚Weis­se Wolf‘ [ist] von Anfang an von Böhn­hardt, Mund­los und Zsch­ä­pe gele­sen wor­den. In der Gara­ge in Jena – in der auch die Bom­ben gebaut wor­den sind und die dann am 26. Janu­ar 1998 durch­sucht wur­de, als die Drei abge­taucht sind – sind zwei Exem­pla­re vom ‚Weis­sen Wolf‘ auf­ge­fun­den wor­den. (…) In der 4. Aus­ga­be wird sogar (…) Uwe Mund­los aus­drück­lich gegrüßt. Also es gibt lan­ge Ver­bin­dun­gen. Außer­dem ist es so, dass Per­so­nen aus dem spä­te­ren NSU-Unter­stüt­zer­um­feld, die damals aber schon vor dem Abtau­chen Kon­takt zu Mund­los, Böhn­hardt und Zsch­ä­pe hat­ten – wie zum Bei­spiel Tho­mas Star­ke – in Haft für den ‚Weis­sen Wolf‘ geschrie­ben haben.“

Am 25. Febru­ar 2004 ging dann der „Ras­sen­krieg“ des NSU nach einer Unter­bre­chung von etwa zwei­ein­halb Jah­ren wei­ter und Meh­met Tur­gut fiel ihm in Ros­tock-Toi­ten­win­kel zum Opfer. Ähn­lich wie in Ham­burg ließ sich auch hier die ermit­teln­de Poli­zei eini­ges an Zeit die­sen nun­mehr fünf­ten Mord der Öffent­lich­keit als Teil der Ces­ka-Serie zu kom­mu­ni­zie­ren. Erst 16 Mona­te spä­ter nach der Ermor­dung von İsm­ail Yaşar in Nürn­berg Anfang Juni 2005 bequem­te sich die Poli­zei dazu mit der For­mu­lie­rung in einer Pres­se­mit­tei­lung, dass „vor kur­zem“ [sic!] auch die Ermor­dung von Tur­gut in Ros­tock als 5. Mord der Serie bekannt gewor­den sei.

Was man auch heute immer noch nicht weiß .…

Ent­ge­gen dem bis­he­ri­gen Modus Ope­ran­di bei den vor­an­ge­gan­ge­nen Mor­den spra­chen die Täter ihr Opfer zunächst an und zwan­gen Tur­gut auf den Boden, ehe sie ihn erschos­sen. Was weiß man heu­te genau zum Modus Ope­ran­di des NSU? Wel­che Kon­zep­te des bewaff­ne­ten „Ras­sen­krie­ges“ spiel­ten bei der For­mie­rung des NSU eine Rol­le? Wie kam es zur Tat­ort­wahl, wie hat der NSU sei­ne Opfer aus­ge­wählt, und: Waren es wirk­lich immer Uwe Mund­los und Uwe Böhn­hardt, die den Fin­ger am Abzug der Ces­ka 83 hat­ten? Man weiß es auch bis heu­te nicht. Im Juni 2001 ermor­de­te der NSU Süley­man Taş­köprü in Ham­burg und im Febru­ar 2004 Meh­met Tur­gut in Ros­tock. Es soll­te noch mehr als sie­ben Jah­re dau­ern, ehe der Öffent­lich­keit durch die Selbst­ent­ta­rung des NSU Anfang Novem­ber 2011 der poli­ti­sche Hin­ter­grund der Mord­se­rie bekannt wur­de. Nach­dem der Gene­ral­bun­des­an­walt (GBA) durch die ab Anfang Novem­ber 2011 begin­nen­de unkon­trol­lier­te Ver­brei­tung des NSU-Selbst­ent­tar­nungs-Vide­os sowie­so düpiert war, tat sie danach alles in ihrer Macht ste­hen­de, das „Netz­werk der Kame­ra­den“, von dem in die­sem Beken­nungs­vi­deo gespro­chen wird, auf ein lan­ges Jahr­zehnt und drei sozi­al wie poli­tisch völ­lig iso­liert agie­ren­de Ost­deut­sche zu redu­zie­ren. Auch dadurch wur­de der in der gesam­ten Bun­des­re­pu­blik exis­ten­te Nazi-Ter­ror der 1990er und 2000er Jah­re qua­si von West­deutsch­land nach Ost­deutsch­land ver­scho­ben. Die im Novem­ber 2012 vor­ge­leg­te Ankla­ge­schrift des GBA beschränk­te die Kon­sti­tu­ti­on der ter­ro­ris­ti­schen Ver­ei­ni­gung NSU aus­schließ­lich auf die Ent­wick­lun­gen der Nazi-Sze­ne in Thü­rin­gen in den 1990er Jah­ren. Dass wesent­li­che Kon­zep­te des bewaff­ne­ten Kamp­fes, deren zen­tra­le Ideen­ge­ber mit Chris­ti­an Worch, Tho­mas Wulff und ande­ren aus Ham­burg stamm­ten? Fehl­an­zei­ge. Die­ser mini­ma­li­sie­ren­den Linie folg­te auch das OLG Mün­chen in sei­nem Urteil vom 11. Juli 2018. In dem Bestre­ben, den NSU auf die drei Einzeltäter*innen Mund­los, Böhn­hardt und Bea­te Zsch­ä­pe zu redu­zie­ren, fin­det man in dem etwa 3.000 Sei­ten lan­gen Urteil kei­ne Ant­wor­ten auf die oben gestell­ten Fra­gen. Im Ver­lauf der Ver­hand­lung war es vom 6. Straf­se­nat unter Vor­sitz von Man­fred Götzl mehr­fach abge­lehnt wor­den, loka­le Unter­stüt­zer*innen­netz­wer­ke des NSU in Nürn­berg, Kas­sel und Dort­mund in den Blick der Beweis­auf­nah­me zu neh­men. Eine Viel­zahl von Rechtsanwält*innen der Neben­kla­ge aus dem NSU-Straf­pro­zess hat das in ihrer Kri­tik am Urteils­text, vom Staatschutz­se­nat erst im April 2020 vor­ge­legt, auf­ge­grif­fen: „Die Neo­na­zi­sze­ne hät­te sich kei­ne bes­se­ren Urteils­grün­de wün­schen kön­nen. Sie kön­nen sich – wie schon zu Pro­zess­ende – ent­spannt zurück­leh­nen. Die Urteils­grün­de ver­schwei­gen die Rea­li­tät des NSU mit sei­nem gro­ßen Hel­fer­netz­werk. Es wer­den die Orga­ni­sa­tio­nen und Struk­tu­ren der neo­na­zis­ti­schen Sze­ne, ohne die der NSU nicht hät­te exis­tie­ren kön­nen, geschont. So wird das Unter­stüt­zer­netz­werk Blood & Honour mit kei­nem Wort erwähnt.“

Ayşen Taşköprü: Setzt einen Untersuchungsausschuss in Hamburg zum NSU ein!

Tat­ort Bad-Schach­e­ner-Stra­ße in Mün­chen mit Gedenk­ta­fel für Habil Kılıç, der hier den Obst- und Gemü­se­la­den betrieb und am 29. August 2001 vom NSU ermor­det wurde.

Eben auch damit woll­ten sich die Antifaschist*innen aus der Par­tei Die Lin­ke in der Ham­bur­ger Bür­ger­schaft nicht zufrie­den geben und stell­ten beharr­lich – über Jah­re — ihre Fra­gen. Dabei schei­ter­te schon ein ers­ter Anlauf zur Ein­rich­tung eines Par­la­men­ta­ri­schen Unter­su­chungs­aus­schus­ses (PUA) zu den spe­zi­el­len Vor­aus­set­zun­gen und Bedin­gun­gen des NSU in der Han­se­stadt: Ein Ende Juni 2015 gestell­ter Antrag wur­de im Ver­lau­fe des Jah­res 2016 von der mit Mehr­heit regie­ren­den SPD durch Beschluss in der Bür­ger­schaft abge­lehnt. Im Jahr 2022 publi­zier­te die lang­jäh­ri­ge Lin­ken-Abge­ord­ne­te der Ham­bur­ger Bür­ger­schaft, Chris­tia­ne Schnei­der, mit Felix Krebs eine infor­ma­ti­ve Bro­schü­re über die Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart des NSU-Kom­ple­xes in Ham­burg. Dar­in die zutref­fen­de Ein­sicht: „Das Recht auf Auf­klä­rung ver­jährt nicht“. Das Vor­wort ver­fass­te die Schwes­ter des Ermor­de­ten, Ayşen Taş­köprü. Und noch aus Anlass des 20. Jah­res­ta­ges der Ermor­dung ihres Bru­ders for­dert sie die Ein­set­zung eines PUA: „Mein Wunsch ist wei­ter­hin ein NSU-Unter­su­chungs­aus­schuss in Ham­burg“, sag­te Ayşen Taş­köprü dem Stra­ßen­ma­ga­zin Hinz & Kunzt. Bis heu­te sei das Ver­spre­chen von Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel nach „lücken­lo­ser Auf­klä­rung“ nicht ein­ge­löst worden.

Die Bro­schü­re skiz­ziert in lan­gen Lini­en die Ent­wick­lung des rech­ten Ter­rors in der Han­se­stadt. Ihm fie­len seit 1980 bis heu­te min­des­tens acht Men­schen zum Opfer. Die Bro­schü­re zeich­net die ein­sei­ti­gen und zunächst mit einem hohen Maße an Des­in­ter­es­se geführ­ten Ermitt­lun­gen der Poli­zei in der Mord­sa­che Taş­köprü nach. Das Des­in­ter­es­se soll­te sich dann durch die ab 2005 gegrün­de­te SOKO 061 nur in ras­sis­ti­sche Deu­tungs- und Hand­lungs­mus­ter trans­for­mie­ren, die natur­ge­mäß jede Auf­klä­rung in Rich­tung Ras­sis­mus blo­ckier­ten. Und dann hebt ein Unter­ka­pi­tel der erwähn­ten lesens­wer­ten Bro­schü­re auch die geziel­te Ver­tu­schungs­pra­xis des auch in Ham­burg Ver­fas­sungs­schutz genann­ten Inlands­ge­heim­diens­tes in Sachen „Rechts­extre­mis­mus“ her­vor.

Der Inhalt der Bro­schü­re stell­te eine gute Grund­la­ge dafür da, den durch Die Lin­ke 2015 gestell­ten Antrag auf einen NSU-PUA in der Stadt noch ein­mal gründ­lich zu über­ar­bei­ten und zu prä­zi­sie­ren. Der nächs­te Antrag wur­de dann auch Ende März 2023 in der Bür­ger­schaft ein­ge­reicht, geglie­dert in drei Untersuchungskomplexe:

- Die mili­tan­te extrem rech­te und neo­na­zis­ti­sche Sze­ne in Ham­burg und ihre bun­des­wei­te Ver­net­zung zwi­schen 1980 und 2011

- Der Mord an Süley­man Taş­köprü und die Ermitt­lun­gen 2001 bis 2011

- Die Rol­le des Lan­des­amts für Ver­fas­sungs­schutz im Unter­su­chungs­zeit­raum 1993 bis 2011

Es wer­den dar­in über 100 Fra­gen auf­ge­wor­fen, dar­un­ter auch die­se: „Seit wann war dem [Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz] HH die Aus­ga­be [des Weis­sen Wol­fes] Num­mer 16 vom 2001 bekannt, die kurz vor dem Mord an Süley­man Taş­köprü erschien und in der ein Arti­kel aus dem „Ham­bur­ger Abend­blatt“ vom 24.9.1999 – also ohne erkenn­ba­ren aktu­el­len Anlass – abge­druckt wur­de, in dem unter ande­rem von migran­tisch gepräg­ten ‘Par­al­lel­wel­ten‘ unter ande­rem in Alto­na fabu­liert wurde?“

Ja, auch das das möch­te man ger­ne genau wis­sen, um für die Zukunft noch bes­ser beur­tei­len zu kön­nen, wie gefähr­lich der Ver­fas­sungs­schutz in Sachen Nazi­ver­wal­tung in der Ver­gan­gen­heit ope­riert hat. Und auch, wel­che Rol­le der Bou­le­vard und ande­re Main­stream­m­e­di­en bei der Ent­ste­hung ras­sis­ti­scher Denk­wel­ten spielen.

Schon bei der Umwid­mung einer hal­ben Neben­stra­ße für das Ham­bur­ger Opfer des NSU ist etwas schief gelau­fen: Ham­burg hat’s ein­fach nicht drauf!

Die mate­ri­al­ge­sät­tig­te Initia­ti­ve der Par­tei Die Lin­ke in Sachen NSU-PUA wird sicher auch vom Beschluss einer Mit­glie­der­ver­samm­lung des Lan­des­ver­ban­des der Grü­nen in Ham­burg beflü­gelt wor­den sein. Ende Mai 2021 war von den Grü­nen unter ande­rem in zutref­fen­der Wei­se erklärt wor­den, dass Ham­bur­ger Nazis als eine „Schalt­zen­tra­le (…) für rech­te Netz­wer­ke“ eine „hohe Bedeu­tung für die ideo­lo­gi­sche und theo­re­ti­sche Vor­ar­beit sowie die prak­ti­sche Auf­bau­ar­beit der Struk­tu­ren, aus denen spä­ter der NSU her­vor­ging“, besa­ßen. Sie spre­chen hier wirk­lich Klar­text, wenn sie fest­stel­len: „Mit Tho­mas Wulff und Chris­ti­an Worch sind hier auch expo­nier­te Figu­ren in der Füh­rungs­eta­ge deut­scher Nazi­struk­tu­ren aktiv — vor, wäh­rend und nach den NSU-Mor­den.“ Eben die­se „pro­mi­nen­ten“ Neo­na­zis hät­ten jahr­zehn­te­lan­ge als „Think Tank“ für die über­re­gio­nal orga­ni­sier­te Nazi­sze­ne fun­giert. Frei von Zwei­feln bezeich­nen sich die Ham­bur­ger Grü­nen in ihrer Erklä­rung selbst als „Antifaschist*innen“. Und weil das so ist, sehen sie sich nicht nur dazu ver­pflich­tet, „die Geschich­te und Aktua­li­tät Ham­bur­ger Nazi­struk­tu­ren und ihre Ver­stri­ckun­gen (zu) ken­nen“, son­dern sich auch für „die rest­lo­se Auf­klä­rung von Mor­den und Gewalt­ta­ten“ ein­zu­set­zen. Und dabei sei­en auch sie gera­de in Ham­burg mit der Situa­ti­on einer „NSU-Auf­klä­rung“ kon­fron­tiert, „die mehr Fra­gen auf­wirft als sie beant­wor­tet“. Wohl wahr! Und froh gestimmt endet die­ser Beschluss auch mit dem opti­mis­ti­schen Aus­ruf: „Das kön­nen wir ändern. Das müs­sen wir ändern.“

Gemein­sam mit den Abge­ord­ne­ten der Par­tei­en der Grü­nen und der Lin­ken in der Ham­bur­ger Bür­ger­schaft ist das Quo­rum für die Ein­set­zung eines NSU-PUA leicht zu errei­chen: Die Zustim­mung von 25 Abge­ord­ne­ten hät­te dafür aus­ge­reicht, Grü­ne und Lin­ke ver­fü­gen der­zeit über 36 Stim­men. Es kam dann anders.

Manche Antwort ist das Unglück vieler gut begründeter Fragen!

Die SPD als füh­ren­de Regie­rungs­frak­ti­on in Ham­burg hat sicher auch nach inten­si­ver Rück­spra­che und Koope­ra­ti­on mit den Spit­zen des Sicher­heits­ap­pa­ra­tes in der Stadt schlicht kein Inter­es­se an einem NSU-PUA. Immer­hin fällt die Ermor­dung von Süle­man Taş­köprü in die Amts­zeit eines Innen­se­na­tors, in des­sen Per­so­nal­aus­weis der Name Olaf Scholz steht. Ver­mut­lich von dem Innen­po­li­ti­schen Spre­cher der SPD-Bür­ger­schafts­frak­ti­on, Sören Schuh­man, stammt der Ein­fall, die in der Han­se­stadt auf­ge­lau­fe­nen Akten­be­stän­de zum NSU „auch für die wis­sen­schaft­li­che Auf­ar­bei­tung (zu) sichern“. Eben das wur­de dann als Alter­na­ti­ve zu der Ein­set­zung eines NSU-PUA an die Grü­ne Bür­ger­schafts­frak­ti­on durch­ge­reicht. Und sie­he da: Flugs ver­ges­sen war der Beschluss ihrer Mit­glie­der­ver­samm­lung von Ende Mai 2021. Und so stimm­te die Grü­nen-Frak­ti­on in der Bür­ger­schaft gegen den Antrag auf Ein­set­zung des Unter­su­chungs­aus­schus­ses — bis auf Frak­ti­ons­mit­glied Miri­am Block. Sie brach unter Hin­weis auf ihr Gewis­sen die Frak­ti­ons­dis­zi­plin und stimm­te für den Antrag der Par­tei Die Lin­ke. Die­se, durch den Beschluss der grü­nen Mit­glie­der­ver­samm­lung gut legi­ti­mier­te Posi­ti­on gereicht ihr aktu­ell aber nicht zum Vor­teil: Per Beschluss wur­de sie von ihrer Frak­ti­on, unter­stützt vom Lan­des­vor­stand der Par­tei, mit gro­ßer Mehr­heit all ihrer Ämter ent­ho­ben. Die schar­fe Abstra­fung von Block durch füh­ren­de Grü­ne ist in der Öffent­lich­keit viel­fäl­tig, mit zum Teil respek­ta­blen Argu­men­ten, kri­ti­siert wor­den. Ein Kom­men­ta­tor ders Wochen­zei­tung Die Zeit ver­ur­teil­te die grü­nen Mandatsträger*innen als rück­rat­los. Zu beden­ken steht aber bei aller ver­ständ­li­chen Emo­tio­na­li­tät in die­ser Cau­sa: Zunächst ein­mal hat sich die grü­ne Frak­ti­ons­füh­rung mit ihrer Ableh­nung eines PUA zum NSU in Ham­burg – umgangs­sprach­lich for­mu­liert – stark gemacht: Und zwar dadurch, dass sie sich so auch klar und deut­lich vor den Appa­rat der Sicher­heits­be­hör­den gestellt hat. Und die Ham­bur­ger Poli­zei wie auch das Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz brau­chen gera­de in der Zukunft alles Mög­li­che an wei­te­ren Geld- und Res­sour­cen­zu­flüs­sen, aber defi­ni­tiv kei­ne unbe­que­me Fra­gen zu ihrer Recher­che- und kon­kre­ten Ermitt­lungs­pra­xis in Bezug auf den Nazi­ter­ror in den Jah­ren 1990 – 2011. Und dar­über hin­aus haben die füh­ren­den Grü­nen in Ham­burg mit der Degra­die­rung ihrer Mit­strei­te­rin Block etwas bewie­sen, was doch der Bevöl­ke­rung immer wie­der als eine har­te Wäh­rung im stets müh­se­lig zu betrei­ben­den Regie­rungs­ge­schäft ver­kauft wird: Füh­rungs­stär­ke. Einer­seits. Und ander­seits illus­triert die Absa­ge der grü­nen Par­tei an einen NSU-PUA in Ham­burg eine schlich­te Ein­sicht in die Mecha­nis­men bür­ger­li­cher Poli­tik: Wenn es spitz auf Knopf steht, ist eine Regie­rung immer dazu bereit, kühl kal­ku­liert sowohl gegen Auf­klä­rung wie auch gegen die Wahr­heit zu ope­rie­ren. Gleich­wohl: Die For­de­run­gen von Ayşen Taş­köprü und die vie­len Fra­gen der Antifaschist*innen in der Par­tei Die Lin­ke zum NSU-Kom­plex in Ham­burg sind mit der obs­zön zu nen­nen­den SPD-Grü­nen-Regie­rungs­po­li­tik in die­ser Ange­le­gen­heit nicht abgegolten.