Seit den späten 1980er Jahren und vor allem verknüpft mit der Gründung der islamisch argumentierenden Organisation Hamas im Kontext der ersten Intifada, dem palästinensischen Aufstand gegen die israelische Besatzung, hat sich der politische Islam in den Palästinensischen Gebieten etabliert. Obwohl die palästinensische Gesellschaft ohnehin stark von patriarchal-religiösen Strukturen und Traditionen geprägt ist, haben sich religiöse Bezugnahme und Argumentation seitdem als zentrale Charakteristika von Politik und Gesellschaft konsolidieren können, und die Tendenz ist steigend. Besonders autoritär zeigt sich der politische Islam im Gazastreifen, der seit 2007 von der Hamas regiert wird. Israel reagierte auf die Regierungsübernahme der Hamas mit einer Blockadepolitik, die bis heute anhält und die jegliche Bewegung von Menschen und Waren nach Gaza hinein und von dort hinaus einem komplexen Restriktionsregime unterwirft. Die Abriegelung des Gazastreifens, seit dem Jahr 2013 auch von ägyptischer Seite, hat katastrophale Folgen für das Leben der Menschen vor Ort: ein hohes Maß an Arbeitslosigkeit und Armut, ein eingeschränkter Zugang zu Trinkwasser und Strom, große Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung angesichts fehlender Lebens- und Entwicklungsoptionen sowie der andauernden Bedrohung durch militärische Auseinandersetzungen. Die Bevölkerung des Gazastreifens befindet sich nicht nur in einem permanenten humanitären Ausnahmezustand, sie ist darüberhinaus auch der Politik der Hamas förmlich ausgeliefert. Weiterlesen „Der Kampf um eine säkulare demokratische Gesellschaft scheint in Palästina fast verloren – alternative Räume sichern!“
Grau-brauner Terror: Graue Wölfe in Deutschland und Berlin
Die Wölfe heulen wieder
Eine Schlange bildet sich vor dem Südblock in Berlin Kreuzberg. Zwei schwarz gekleidete Personen bewachen den Eingang, kontrollieren die Wartenden und lassen immer nur drei Menschen nacheinander in das Lokal. Im nahen Umfeld stehen mehrere Personen mit Telefonen und beobachten die Menge. Szenen, die an einem Freitag- oder Samstagabend nichts Ungewöhnliches sind, an einem Mittwochabend im Dezember aber eher überraschend. Im Gebäude erwartet die Gäste an diesem Abend indes keine Musik, sondern eine Informationsveranstaltung zu den türkischen ultranationalistischen „Grauen Wölfen“. Geladen hatten die linke pro-kurdische HDP Berlin (Halkların Demokratik Partisi, deutsch: Demokratische Partnei der Völker), der Berliner RLS-Ableger Helle Panke und TOP Berlin. Weiterlesen „Grau-brauner Terror: Graue Wölfe in Deutschland und Berlin“
Odfried Hepp in Ost-Berlin: Stasi und (west-)deutsche Nazis
Die Überschneidungen und teilweise gegenseitige Unterstützung von Geheimdiensten und Neonazis sind in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nicht erst seit der Selbstenttarnung des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) immer wieder vorgekommen. Im Verlauf der Geschichte der BRD gab es immer wieder undurchsichtige Seilschaften zwischen den Inlands- sowie Auslandsgeheimdiensten und der (west-)deutschen Neonaziszene. Aber auch auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde die deutsche Neonaziszene intensiv beobachtet und Informationen, teilweise auch über menschliche Quellen, eingeholt. Bei einigen Fällen gab es sogar aktive Unterstützung durch die Staatssicherheitsorgane der DDR. Der Journalist Andreas Förster hat sich durch die Stasi-Akten der Abteilung 22, die Abteilung des Ministeriums für Staatssicherheit, zuständig für „Terrorabwehr“, gearbeitet und einige interessante Verbindungen zwischen führenden (west-)deutschen Neonazi-Kadern der 1980er Jahre und der DDR herausgearbeitet. In einem Vortrag bei der Hellen Panke berichtete er über seine Ergebnisse.
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Erfahrungsbericht: NSU-Prozess
Über den Besuch von vier Prozesstagen im Oktober 2015 und November 2015
Ich wollte schon so viel früher hier sein, im Strafjustizzentrum München, wo das Oberlandesgericht (OLG) im Saal 101 tagt. Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben, André Eminger, Holger Gerlach, Carsten Schultze, all die Rechtsterroristen von nahem sehen. Die Stimmung des Prozesses aufnehmen. Das „Theaterspiel“ des Gerichts, das mir so viele schon beschrieben haben, mit eigenen Augen sehen. Das Gelesene und Erzählte in Erfahrung umwandeln.
Am Ende war es der 30.9.2015, Prozesstag 233. Ich kam gerade von der sogenannten „Balkanroute“ , war in vier Tagen 2000 Kilometer ununterbrochen unterwegs, um Geflüchtete auf ihrem Weg nach und in Europa ansatzweise zu unterstützen; davor die Wochen war ich in Freital, Heidenau, Dresden, um dem rassistischen Mob in seinem Biotop etwas entgegenzusetzen. Die Erfahrungen des „Sommers der Migration“ und die Pogromstimmung in Sachsen lagen hinter mit.
Dann Mittwochmorgen 8:30 in der Nymphenburgerstraße in München im NSU–Prozess, mehrere Besuche folgten und werden folgen. Was erwartete ich? Trauer, Ohnmacht, Bedrückung, Wut, Schock, Resignation?! Sicher kann ich das nicht sagen, doch schon zu Beginn sah ich mich mit einem Gedankencocktail konfrontiert.
EDEWA: Berlins erster widerständiger Supermarkt
EDEWA: Berlins erster widerständiger Supermarkt
Interessiert beugt sich eine „Kundin“ über eine Packung „Superblödmanns“, ein an die „Schokoküsse“ angelehntes Produkt im ersten antirassistischen und widerständigen Supermarkt Berlins, kurz EDEWA. Nach dem Öffnen erwarten die Besucher_innen keine süßen Leckereien, sondern weiße und schwarze Schokoküsse aus Pappmasche, auf deren Unterseite Gedichte der schwarzen Feministin May Ayim geklebt sind. Diese und weitere antirassistische und antisexistische Produkt-Adaptionen lassen sich in der EDEWA-Filiale in Neukölln bestaunen. EDEWA steht für „Einkaufsgenossenschaft antirassistischen Widerstandes“, eine interaktive Wanderausstellung, die ihre Besucher_innen auf Rassismen und Sexismen, sowie anderen Unterdrückungsformen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft aufmerksam machen will.
Dabei haben die Initiator_innen eine Kulisse gewählt, die jede_r von uns kennt. In Form eines Supermarktes zeigen sie die Diskriminierung anhand einer breiten Palette von Produkten, die uns im täglichen Leben so oder so ähnlich begegnen. Am 15.11.2015 fand die Eröffnung inklusive Führung durch die „Filiale“ statt. Dazu kamen etwa 60 Personen in die kleine, namenlose Galerie in die Weserstraße 176 in Berlin-Neukölln.
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