Laizismus in der Türkei

Die heu­ti­ge Tür­ki­sche Repu­blik stellt eine Gesell­schaft dar, die sich in einer stän­di­gen Kri­se befin­det. Sie ist eth­nisch tür­kisch und im Sin­ne der Reli­gio­si­tät eine sun­ni­ti­sche, anti­de­mo­kra­ti­sche Struk­tur. Es zeigt sich ein pro­ble­ma­ti­sches Bild, weil die repu­bli­ka­ni­sche Gesell­schaft Gerech­tig­keit, Gleich­be­rech­ti­gung der unter­schied­li­chen eth­ni­schen und reli­giö­sen Grup­pen, Mei­nungs­frei­heit, Pres­se und Ver­samm­lungs­recht ver­mis­sen lässt.

Kön­nen Sie sich vor­stel­len, dass das öffent­li­che Leben  nach sun­ni­ti­schen Nor­men geän­dert, dass wäh­rend des Fas­ten­mo­nats das Mit­tags­es­sen im öffent­li­chen Dienst gestri­chen, dass der sun­ni­ti­sche Reli­gons­un­ter­richt zum obli­ga­to­ri­schen Schul­fach wird oder dass im Namen der Pfle­ge der «tür­ki­schen Kul­tur», Ima­mIn­nen ins Aus­land geschickt und Moscheen aus Steu­er­gel­dern finan­ziert wer­den? All dies pas­siert in einem Land, in des­sen Ver­fas­sung der «Lai­zis­mus» eine der wich­tigs­ten Nor­men dar­stellt. Wei­ter­le­sen „Lai­zis­mus in der Türkei“

«Der normale Österreicher denkt sich bei diesem Gesetz nämlich nicht, dass es regeln soll, wie man hier einen Glauben praktiziert, …»

«.…son­dern dass es regu­lie­ren soll, wie sich Aus­län­der hier zu beneh­men hät­ten

Ser­dar Somun­cu, sei­nes Zei­chens Come­di­an mit grenz­über­schrei­ten­dem Humor, bringt die Kri­tik an der Ände­rung des Islam­ge­set­zes deut­li­cher auf den Punkt als die isla­mi­sche Glau­bens­ge­mein­schaft. In Öster­reich ist der Islam seit 1912 eine aner­kann­te Reli­gi­ons­ge­mein­schaft. Nach­dem die Habs­bur­ger 1908 Bos­ni­en annek­tiert hat­ten, wur­de eine gro­ße mus­li­mi­sche Min­der­heit Teil des Habs­bur­ger­rei­ches und ‑hee­res. Die Isla­mi­sche Glau­bens­ge­mein­schaft ist lan­ge die offi­zi­el­le und ein­zi­ge Ver­tre­tung der mus­li­mi­schen Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten in Öster­reich gewe­sen. Erst seit 2013 kann die Isla­misch Ale­vi­ti­sche Glau­bens­ge­mein­schaft nach einem ent­spre­chen­den Ver­fas­sungs­ge­richts­hof­ur­teil den Allein­ver­tre­tungs­an­spruch der IGGiÖ in Fra­ge stel­len. Wei­ter­le­sen«Der nor­ma­le Öster­rei­cher denkt sich bei die­sem Gesetz näm­lich nicht, dass es regeln soll, wie man hier einen Glau­ben praktiziert, …»“

«The way out for Muslim societies implies neither a wholesale rejection of Western notions, ideals, and achievements, nor the dogmatic application of an outdated understanding of Islamic principles and values.»

Inter­view with the Leba­ne­se scho­lar Karim Sadek on Islam, Demo­cra­cy and the Tuni­si­an thin­ker and co-foun­der of the Isla­mic Ennah­da par­ty, Rach­id Ghannouchi.

One of the main cri­ti­ques of Islam often brought for­ward is that Islam is not com­pa­ti­ble with demo­cra­cy. What is your opinion?

Let me first say that even if we accept, for the sake of the argu­ment, that the cla­im of the cri­tic is cor­rect, we should ask why is it a cri­tique of Islam if it is not com­pa­ti­ble with Demo­cra­cy. Wei­ter­le­sen«The way out for Mus­lim socie­ties impli­es neither a who­le­sa­le rejec­tion of Wes­tern noti­ons, ide­als, and achie­ve­ments, nor the dog­ma­tic appli­ca­ti­on of an out­da­ted under­stan­ding of Isla­mic prin­ci­ples and values.»“

«Der Ausweg für die muslimischen Gesellschaften führt weder über eine pauschale Verurteilung westlicher Vorstellungen, Ideale und Errungenschaften noch über die dogmatische Umsetzung einer überholten Auffassung islamischer Grundsätze und Werte.»

Ein Inter­view mit dem liba­ne­si­schen Wis­sen­schaft­ler Karim Sadek über den Islam, die Demo­kra­tie und den tune­si­schen Den­ker und Mit­be­grün­der der isla­mi­schen Par­tei Ennah­da, Rach­id al-Ghannouchi.

Einer der Haupt­kri­tik­punk­te am Islam ist die Behaup­tung, Islam und Demo­kra­tie sei­en nicht mit­ein­an­der ver­ein­bar. Wie ste­hen Sie hierzu?

Erlau­ben Sie mir zunächst fol­gen­de Bemer­kung: Selbst wenn wir der Dis­kus­si­on zulie­be annäh­men, dass die­se Behaup­tung zutrifft, soll­ten wir uns fra­gen, war­um es denn eine Kri­tik am Islam dar­stel­len wür­de, wenn sich die­ser als inkom­pa­ti­bel mit der Demo­kra­tie erweist? Wei­ter­le­sen«Der Aus­weg für die mus­li­mi­schen Gesell­schaf­ten führt weder über eine pau­scha­le Ver­ur­tei­lung west­li­cher Vor­stel­lun­gen, Idea­le und Errun­gen­schaf­ten noch über die dog­ma­ti­sche Umset­zung einer über­hol­ten Auf­fas­sung isla­mi­scher Grund­sät­ze und Werte.»“

Religion als Diskriminierungsmerkmal

In Deutsch­land spielt Reli­gi­on eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le, so die weit ver­brei­te­te Annah­me in huma­nis­tisch-lin­ken Krei­sen. Dass Reli­gi­on einen gefühlt gerin­gen Stel­len­wert in der Öffent­lich­keit und im All­tag ein­nimmt, hängt mit der Säku­la­ri­sie­rung zusam­men, der his­to­risch gewach­se­nen Tren­nung von Kir­che und Staat. Der Ein­tritt in die Moder­ne, so Max Weber 1920 in «Die pro­tes­tan­ti­sche Ethik und der Geist des Kapi­ta­lis­mus», sei mit einer unwei­ger­li­chen Ent­zau­be­rung der Welt ver­bun­den. Wo Ver­nunft regiert, da sei kein Platz für Reli­gi­on. In die­sem Sinn beruht die Säku­la­ri­sie­rungs­theo­rie auf der Annah­me, Reli­gi­on dür­fe im öffent­li­chen Leben kei­ne Rol­le spie­len, son­dern sei Pri­vat­sa­che. Wei­ter­le­sen „Reli­gi­on als Diskriminierungsmerkmal“