„Rin inne Kartübbeln, rut ut de Kartübbeln“: Seit über 140 Jahren steht dieser Spruch in Deutschland für einen ungeordneten militärischen Manövereinsatz. Und dieser Spruch fällt einem auch angesichts der Pressemitteilung vom 26. Juli von CasaPound in Bozen ein. Die kommunale Sektion der faschistischen Partei nämlich will im September diesen Jahres - trotz der Einstellung der Parteienaktivitäten der Gesamtpartei — an den Kommunalwahlen in Südtirol teilnehmen.
Ihren ersten Wahlauftritt hatten die „Faschisten des 3. Jahrtausends“ in Bozen im Februar 2013. Schon damals erzielte ihr Kandidat, der 52jährige Immobilienmakler Maurizio Puglisi Ghizzi, mit 1,7 Prozent der abgegebenen Stimmen das beste Ergebnis im gesamtitalienischen Vergleich der neu gegründeten Partei CasaPound Italia. Im Mai 2015 errang der damals 34jährige Andrea Bonazza mit 2,4 Prozent einen Sitz im Kommunalparlament der größten Kommune Südtirols. Und im Mai 2016 schafften die Faschist*innen die neu eingeführte 3‑Prozent-Hürde problemlos: CasaPound Italia erhielt mit 6,7 Prozent der abgegebenen Stimmen drei Sitze, die seitdem Maurizio Puglisi Ghizzi, Andrea Bonazza und Sandro Trigolo im Stadtparlament inne haben.
Allein im römischen Stadtbezirk Ostia erzielte die faschistische Partei im November 2017 mit 9,08 Prozent der abgegebenen Stimmen ein besseres Ergebnis als in Bozen, konnte aber nur einen Kandidaten, Luca Marsella, in das Parlament des Stadtwahlbezirks Municipio X schicken. Somit stellt die Sektion von Bozen einen der erfolgreichsten Ableger der CasaPound dar.
Was die Beteiligung der kommunalen Sektion für die Bewegung CasaPound heißt, ist fraglich. Dient der Wahlantritt als Testballon und läutet bei Erfolg ein generelles Umdenken der römischen Führung der „Faschisten des Dritten Jahrtausends“ ein? Oder ist die Beteiligung am Urnengang nur dem lokalen Machtgelüsten von Bonazza und Co geschuldet?
Generell befindet sich CasaPound immer noch in einer Krise. Zur generellen Krisensituation trat seit dem 9 September 2019 die Sperrung einiger hundert Internet-Seiten regionaler und lokaler Stützpunkte und Vertreter*innen von CasaPound durch Facebook Ireland Limited hinzu. Zwar hatte Mitte Dezember 2019 die Richterin Stefania Garrisi vom römischen Zivilgericht die Freischaltung der Seiten der Associazione di Promozione Sociale CasaPound angeordnet. (1, 2, 3) Aber Facebook hatte die Seiten nicht freigeschaltet und war vor die nächste juristische Instanz gezogen.
Auch die Aussichten auf eine Räumung des seit Jahren besetzten CP-Hauptquartiers in der Via Napoleon III sind konkreter geworden. Im Juni erging ein Beschlagnahmedekret eines Ermittlungsrichters gegenüber CasaPound. (4, 5) Damit wird die Luft für die faschistische Besetzung dort immer enger. Eine Räumung könnte vielleicht noch dieses Jahr stattfinden.
Es heißt weiterhin: Quo vadis CasaPound?
Kein Erfolg für CasaPound bei den Wahlen in Süd-Tirol
Zur Überraschung vieler war die faschistische Bewegung CasaPound in Südtirol zu den Kommunalwahlen angetreten, obwohl sie Mitte 2019 angekündigt hatte, ihr Aktivitäten als Wahlpartei einzustellen. Ob diese Entscheidung den lokalen Bedürfnissen der Bozener Faschist*innen um Andrea Bonazza entsprach oder ein Experiment der CasaPound-Führung bezüglich Rückkehr an die Wahlurne darstellte, ist unklar. Das Ergebnis ist um so klarer: ein Misserfolg. CasaPound konnte lediglich 2,8 Prozent der abgegebenen Stimmen (1.184 Wahlberechtigte) auf sich vereinen und blieb weit hinter ihrem Ergebnis mit 6,7 Prozent der abgegebenen Stimmen im Jahr 2016 zurück. Ein Einzug in das Bozener Rathaus wird auf Grund der lokalen 3 Prozent-Hürde nicht stattfinden. Soweit, so gut. Schaut man aber genauer auf die südtiroler Kommunalwahlen, so ist deutlich zu erkennen, dass die italienische Rechte auch hier auf dem Vormarsch ist. (1, 2)
(29.09.2020)