Gedenken an Burak Bektaş: Energie zum Durchhalten

Anläss­lich des zwei­ten Jah­res­ta­ges des Mor­des an Burak Bek­taş  gin­gen  über 300 Men­schen  auf die Stra­ße um Auf­klä­rung zu for­dern. Da es kei­ner­lei Reak­ti­on von ver­ant­wort­li­chen Politiker_innen gab, ruft  die „Initia­ti­ve für die Auf­klä­rung des Mor­des an Burak B.“  zu einer wei­te­ren Mahn­wa­che in Geden­ken an Burak auf. Die  Mahn­wa­che: Burak unver­ges­sen! — fin­det am Sams­tag,  den 10. Mai, um 12 Uhr in der Rudower Stra­ße 21 statt. 

Für anti­f­ra* hat sich Katha­ri­na Helf­rich mit Hel­ga Seyb, Mit­ar­bei­te­rin der Ber­li­ner Opfer­be­ra­tung „Reach out“, über den Mord an Burak Bek­taş und Par­al­le­len zu den NSU-Mor­den unterhalten.

Am Sams­tag jährt sich der Mord an Burak Bek­taş zum zwei­ten Mal. Was hat sich am 5. April. 2012  ereignet?

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Demo mit Tran­spi zum Geden­ken an den Mord an Burak Bek­taş am 24.11.2012 in Rudow. Foto: „Initia­ti­ve für die Auf­klä­rung des Mor­des an Burak B.“

Am 5. April 2012 wur­de nachts in der Rudo­wer­stra­ße in Rudow gegen­über dem Kran­ken­haus Neu­kölln von einem Unbe­kann­ten in eine Grup­pe von jun­gen Män­nern hin­ein­ge­schos­sen. Zwei Män­ner wur­den sehr schwer ver­letzt und Burak Bek­taş getö­tet. Der Mör­der ist damals wie aus dem Nichts auf­ge­taucht, hat auf die Jun­gen geschos­sen und ist sofort wie­der abge­hau­en. Da der Täter nichts gesagt hat, ist der Mord völ­lig uner­klär­lich. Bis jetzt wur­de noch kein Mör­der gefun­den und es gibt zunächst kein Motiv.

Aber inzwi­schen spricht ja sogar der Rund­funk Ber­lin Bran­den­burg (RBB) von einem Ver­bre­chen mit ras­sis­ti­schem Hin­ter­grund. Wor­an macht ihr ein ras­sis­ti­sches Tat­mo­tiv fest?

Wir machen es nicht fest. Son­dern wir sagen, dass Ras­sis­mus ein Motiv sein könn­te. Die „Initia­ti­ve für die Auf­klä­rung des Mor­des an Burak Bek­taş“ hat sich auch vor dem Hin­ter­grund der Selbst­ent­tar­nung des NSU-Tri­os, des angeb­li­chen Tri­os, gegrün­det. Die NSU-Mor­de lie­fen genau nach dem glei­chen Sche­ma ab. Es taucht einer auf, schießt und ver­schwin­det wie­der. Die Tat­sa­che, dass es beim Mord an Burak kein Motiv gibt, ist ein Hin­weis dar­auf, dass der Mord nach dem Vor­bild der NSU Mor­de gesche­hen sein könnte.

Wei­ter­le­sen „Geden­ken an Burak Bek­taş: Ener­gie zum Durchhalten“

Kein Frieden mit der Querfront

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Die­se neue „Frie­dens­be­we­gung“ ist ein­fach ein.… Foto: Burschel

Sie sehen sich nach eige­nen Anga­ben als die Frie­dens­be­we­gung 2014 und wol­len sich weder rechts noch links posi­tio­nie­ren.  Sie behaup­ten die Stim­me des Vol­kes zu sein. Sie nut­zen den Begriff «Mon­tags­de­mons­tra­ti­on» in Anspie­lung auf die Mas­sen­de­mons­tra­tio­nen in der DDR und die Hartz-IV-Pro­tes­te. Doch ein Blick auf die Sei­ten der Organisator_innen zeigt, dass es sich  bei den bun­des­wei­ten Mon­tags­de­mons­tra­tio­nen um ein Sam­mel­be­cken anti­se­mi­ti­scher Verschwörungstheoritiker_innen handelt.

Die Face­book-Sei­te «Anonymous.Kollektiv» gilt als wich­ti­ger Initia­tor bei der Mobi­li­sie­rung zu Mon­tags­de­mos und fällt immer wie­der mit anti­se­mi­ti­schen und völ­ki­schen Äuße­run­gen auf. Anony­mous-Akti­vis­t_in­nen rich­ten sich in einem Auf­ruf expli­zit gegen den Betrei­ber des Accounts. Sie wei­sen jede Betei­li­gung des Hacker­kol­lek­tivs an den Aktio­nen von sich und sehen dar­in eine Aneig­nung eines bekann­ten Labels, um Wer­bung für sein Unter­neh­men und rech­te Ver­schwö­rungs­theo­rien zu ver­brei­ten. Durch nicht gleich mit dem rech­ten Spek­trum ver­bun­de­ne The­men, wie Kri­tik an Rund­funk- und Fern­seh­ge­büh­ren oder dem Ein­satz für Frie­den wird ein nie­der­schwel­li­ger Zugang für poli­tisch Unent­schlos­se­ne geschaf­fen. So wird ein hete­ro­ge­nes Spek­trum zu den  ver­schwö­rungs­theo­re­ti­schen Mon­tags­de­mons­tra­tio­nen ange­zo­gen. Dar­in liegt auch das schwer fass­ba­re der neu­en «Frie­dens­be­we­gung».

Bei einer nähe­ren Betrach­tung des Gan­zen, las­sen sich kla­re Denk­mus­ter her­aus­ar­bei­ten. So sei­en alle Völ­ker von Ame­ri­ka fremd­ge­steu­ert und man müs­se des­we­gen für Volks­sou­ve­rä­ni­tät kämp­fen. «Das deut­sche Volk hat dazu­ge­lernt! Das deut­sche Volk ist viel bes­ser als sein Ruf! Die ame­ri­ka­ni­sier­ten Medi­en und Poli­ti­ker in Deutsch­land sind geil auf Krieg, unser Volk aber will den Frie­den!», ver­kün­det etwa Jür­gen Elsäs­ser in sei­ner  Rede am  21. April. Die Kon­struk­ti­on eines ver­ei­nig­ten deut­schen Vol­kes, das gemein­sam gegen die bösen ame­ri­ka­ni­schen Mäch­te ein­steht, folgt einem simp­len Wir ‑Ihr-Ant­ago­nis­mus, der typisch ist für sol­che Argu­men­ta­ti­on­mus­ter. Wei­ter­le­sen „Kein Frie­den mit der Querfront“

Lukrative Abschiebegeschäfte

Botschaft Nigerias scheitert mit Anzeige gegen Voice-Aktivisten Rex Osa

Einem Akti­vis­ten der Geflüch­te­ten­selbst­or­ga­ni­sa­ti­on „The VOICE Refu­gee Forum“ wur­de Ende März vor dem Amts­ge­richt Tier­gar­ten der Pro­zess gemacht.  Die Staats­an­walt­schaft warf dem Stutt­gar­ter Rex Osa vor, im Okto­ber 2012 mit etwa 14 Aktivist_innen vor und in der nige­ria­ni­schen Bot­schaft gegen  die Flücht­lings­po­li­tik des deut­schen Staa­tes und die Zusam­men­ar­beit deut­scher Abschie­be­be­hör­den mit nige­ria­ni­schen Diplomat_innen demons­triert zu haben. Der Vor­wurf lau­te­te auf Hausfriedensbruch.

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«Für ein linkes Angebot jenseits von Nationalismus und Rassismus»

Inter­view mit Sebas­ti­an Fried­rich, Sozi­al­wis­sen­schaft­ler und Publizist.

In sei­nem Arti­kel «Ver­än­der­te Ver­hält­nis­se» in dem von ihm mit­her­aus­ge­ge­be­nen Buch «Nati­on – Aus­gren­zung – Kri­se» gelingt Sebas­ti­an Fried­rich eine Ana­ly­se des Ver­hält­nis­ses von euro­päi­scher Finanz- und Wirt­schafts­ri­se und euro­päi­schem Ras­sis­mus. Er beschreibt die­sen Ras­sis­mus als viel­schich­tig und wand­lungs­fä­hig. Die­ser geht von Indi­vi­du­en sowie von Insti­tu­tio­nen aus, ist euro­pä­isch und natio­nal­staat­lich. Vor allem aber ist Ras­sis­mus dyna­misch. Ana­ly­sen sind ent­spre­chend schwie­rig. Aus­ge­hend von der genann­ten Publi­ka­ti­on gibt Sebas­ti­an Fried­rich hier eine Stand­ort­be­stim­mung zu Ras­sis­mus­for­schung, Anti­ras­sis­mus und poli­ti­scher Bil­dung ab. Im Ver­lauf eines Inter­view ver­sucht er auch einen Aus­blick auf mög­li­che und wün­schens­wer­te Ent­wick­lun­gen lin­ker For­schung und Initia­ti­ven. Wei­ter­le­sen«Für ein lin­kes Ange­bot jen­seits von Natio­na­lis­mus und Rassismus»“

Die Schärfe der Konkretion

Eine span­nen­de Ver­an­stal­tung für alle, die am Kna­cken von BRD-(Gründungs-)Mythen und an Erin­ne­rungs­po­li­tik inter­es­siert sind, fin­det am kom­men­den Sonn­tag, 1.12.2013, um 18 Uhr im Salon der Rosa Luxem­burg Stif­tung (Franz-Meh­ring-Platz 1, 10243 Ber­lin, Nähe Ost­bahn­hof) statt.

Die Schärfe der Konkretion

Reinhard Strecker, 1968 und der Nationalsozialismus in der bundesdeutschen Historiografie
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Gott­fried Oy, Chris­toph Schnei­der: Die Schär­fe der Kon­kre­ti­on. Rein­hard Stre­cker, 1968 und der Natio­nal­so­zia­lis­mus in der bun­des­deut­schen His­to­rio­gra­fie
2013 — 252 Sei­ten — € 24,90;
ISBN: 978−3−89691−933−5

Der Jahr­zehnt­wen­de von den 1950er zu den 60er Jah­ren kommt eine wich­ti­ge Rol­le in zwei his­to­ri­schen Groß­erzäh­lun­gen zu. Für die Auf­ar­bei­tung des Natio­nal­so­zia­lis­mus gilt sie als Wen­de­punkt vom Ver­leug­nen hin zu Aus­ein­an­der­set­zung und Auf­ar­bei­tung. Zugleich fin­den sich hier die Anfän­ge der Jugend- und Stu­den­ten­be­we­gung, die 1968 ihren Höhe­punkt erreich­te. Die­se erin­ne­rungs­po­li­ti­sche Kon­stel­la­ti­on wird in drei­er­lei Hin­sicht auf­ge­nom­men. In West-Deutsch­land war es damals eine klei­ne Zahl von Ein­zel­per­so­nen, die an die NS-Ver­gan­gen­heit rühr­te, dar­un­ter der Stu­dent Rein­hard Stre­cker. Einem Gespräch mit dem frü­he­ren Akti­vis­ten, des­sen Akti­on Unge­sühn­te Nazi­jus­tiz 195960 öffent­lich für Wir­bel sorg­te, folgt ein Essay, der die Ent­wick­lung des Ver­hält­nis­ses der 68er-Bewe­gung zum Natio­nal­so­zia­lis­mus beleuch­tet und sie als eine Art Schwund­ge­schich­te rekon­stru­iert. Ein wei­te­rer Essay prüft die Sub­stanz der erin­ne­rungs­po­li­ti­schen Groß­erzäh­lung von der erfolg­rei­chen Auf­ar­bei­tung der NS-Ver­gan­gen­heit. Frag­lich erscheint es, ob die Gescheh­nis­se zu Zei­ten Stre­ckers als Vor­ge­schich­te eines zwar spät, aber doch noch ein­set­zen­den Rei­fe­pro­zes­ses der Bun­des­re­pu­blik auf­ge­fasst wer­den kön­nen. (aus der Verlags-Ankündigung)

Rein­hard Stre­cker ist vie­len bis heu­te kein Begriff, obwohl er einer der Pio­nie­re der bun­des­deut­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Natio­nal­so­zia­lis­mus ist. Bereits Ende der 1950er Jah­re begann auf Initia­ti­ve des dama­li­gen Sprach­wis­sen­schafts­stu­den­ten an der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin eine klei­ne Grup­pe aus dem Umfeld des Sozia­lis­ti­schen Deut­schen Stu­den­ten­bun­des (SDS) damit, Mate­ria­li­en über NS-Täter zu sammeln.

Sie recher­chier­te Doku­men­te zu Unrechts­ur­tei­len aus der NS-Zeit und ver­öf­fent­lich­te sie mit­samt den Namen der ver­ant­wort­li­chen Rich­ter und Staats­an­wäl­te. Dar­aus ent­stand die Aus­stel­lung „Unge­sühn­te Nazi­jus­tiz“. Für die Ver­jäh­rungs­de­bat­ten im Bun­des­tag und die Dis­kus­si­on per­so­nel­ler Kon­ti­nui­tä­ten in bun­des­deut­schen Behör­den gab sie wesent­li­che Impulse.

Gott­fried Oy und Chris­toph Schnei­der wid­men sich in ihrem Buch „Die Schär­fe der Kon­kre­ti­on“ die­ser frü­hen Pha­se der Aus­ein­an­der­set­zung mit dem NS und ihren Fol­gen für die Neue Lin­ke vor 1968.

In der Ver­an­stal­tung wer­den die Autoren geschichts­po­li­ti­sche Über­le­gun­gen vor­stel­len, die dem Buch zugrun­de liegen.

Rein­hard Stre­cker wird als Akteur der „58er“ aus ers­ter Hand über die frü­he NS-Auf­ar­bei­tung berichten.

Anschlie­ßend gibt es Raum für eine gemein­sa­me Dis­kus­si­on die­ser Ansät­ze und ihrer Wirkung.