
In der Phase des Überganges von der Apartheid in die Post-Apartheid-Ära nahmen gewalttätige rechte Aktionen in Südafrika zu. Bekanntes Beispiel ist die Ermordung von Chris Hani, Generalsekretär der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) und Stabschef des Umkhonto weSizwe, dem bewaffneten Arm des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC). Am 10. April 1993 erschoss Janusz Waluś, ein 1986 in Südafrika eingebürgerter Pole, Hani vor seinem Wohnhaus in Boksburg. Mitten in der grundstürzenden Übergangsphase zu einem demokratischen Südafrika war es der Mord an Hani, der das Land an den Rand eines Bürgerkriegs brachte. Nur eine Fernsehansprache des nachmaligen Präsidenten Nelson Mandela und die relativ schnelle Aufklärung des Mordes konnten die aufgeheizten Gemüter nach dem Mord an dem populären Politiker beruhigen.
Mitte Februar nun lehnte der High Court im südafrikanischen Tshwane (Pretoria) den Antrag auf Bewährung von Waluś ab. Seit vielen Jahren versucht Waluś auf Bewährung freizukommen. Sein Verteidiger Roelof du Plessis argumentiert, Waluś sei rehabilitiert und empfinde Reue für den Mord.
Vorsätzlicher kalter Mord
Zuletzt hatte im März letzten Jahres Justizminister Ronald Lamola erklärt, dass er Waluś‘ Antrag auf Bewährung trotz seiner langen Haftzeit und unter Abwägung aller Tatsachen nicht genehmigen könne. Lamola ließ damals verlauten, dass das Verbrechen „ein vorsätzlicher kalter Mord war, dem eine wochenlange Planung vorausging“. Mit dem jetzigen Widerspruchsverfahren sollte diese Entscheidung des Justizministers aufgehoben werden.
Die SACP begrüßte die aktuelle Gerichtsentscheidung in einer Pressemitteilung. Für sie wäre eine Freilassung Waluś trotz der Länge der bereits abgesessenen Haftstrafe nicht akzeptabel. Nicht nur, dass Waluś zugegeben hatte, Hani aufgrund von dessen politischer Überzeugung als Kommunist ermordet und sich bis heute nicht von seinen antikommunistischen Ansichten distanziert zu haben. Er habe damals nicht als kaltblütiger Mörder, sondern als politischer Attentäter gehandelt. Auch habe Waluś bis heute nicht alle Namen seiner Komplizen und nichts zur Herkunft der Tatwaffe preisgegeben. Schnell wurde 1993 klar, dass es sich bei ihm nicht um einen Einzeltäter handelte, sondern ein rechtes Komplott hinter dem Anschlag stand. Dessen prägende Figur war Cliff John Derby-Lewis, Mitglied der extrem rechten Conservative Party mit Verbindungen in die internationale Szene von Apartheid-Befürworter*innen, Rechten und (Neo-)Nazis. Auch er erhielt eine lebenslange Haftstrafe und ist mittlerweile verstorben.
Aus Anlass der aktuellen Gerichtsentscheidung forderte die SACP die südafrikanische Regierung erneut auf, die Untersuchungen um den Mord an Hani neu und umfangreich wieder aufzunehmen. Es gehe darum, „die ganze Wahrheit ans Licht zu bringen, die noch nicht offengelegt wurde, damit alle in unserem Land und in der Welt sie kennen“ heißt es von Seiten der SACP.
Der Mörder als Kultfigur
Eine lückenlose Aufklärung scheint mehr als notwendig. Denn seit dem Mord an Hani besitzt Janusz Waluś unter Neonazis „Kultcharakter“. Waluś selbst ließ verlauten, dass er nach einer Begnadigung nach Polen zurückkehren wolle. Hier würde er von Vielen mit offenen Armen empfangen werden. Insbesondere in der polnischen Naziszene wird er als Märtyrer gefeiert und seine Freilassung gefordert. Seit mehreren Jahren tauchen immer wieder bei Fußballspielen Banner mit dem Porträt von Waluś an Zäunen auf. Insbesondere bei Spielen von Lechia Gdańsk wurde mehrfach ein Banner mit der Aufschrift „Nichts wird dich brechen, du bist nicht allein! Wer ist der Held der Fans?“ angebracht. Nicht nur Fußballfans, sondern eine Vielzahl von Sympathisant*innen sammeln Gelder für Waluś und dessen juristischen Versuche, eine vorzeitige Haftentlassung zu erwirken. Auch einzelne konservative polnische Parlamentarier hatten sich immer wieder den Forderungen nach Freilassung angeschlossen. Dabei bedienen sich die Politiker*innen der perfiden Argumentation, wie sie zunehmend unter den (Neuen) Rechten Anklang findet, dass in Südafrika jetzt eine umgekehrte Apartheid herrsche, in welcher nicht nur burische Farmer*innen ermordet, sondern auch Weiße wie Waluś ohne Ende eingesperrt würden.
In der Zwischenzeit haben die Verteidiger angekündigt, gegen die negative Entscheidung des High Court in Berufung zu gehen.