
Leroy, die titelgebende Hauptfigur des Films, ist 17 Jahre alt, schwarz, gebürtiger Deutscher und hat einen coolen Afro. Auf die wohl platteste Weise (sie stoßen „aus Versehen“ auf der Straße zusammen) kommt er mit der hübschen Eva zusammen. Das Problem: Evas Familie besteht aus den übelsten Nazis, die natürlich nicht unbedingt begeistert von dem neuen Freund ihrer Schwester sind. Soviel zum Plot. Der Film von Regisseur Armin Völckers, setzt bei der Figurengestaltung vor allem auf Stereotypen. Die fünf Nazi-Brüder von Eva sind selbstverständlich alle Nazi-Skins und hängen an Nazi-Orten mit Nazi-Parolen an den Wänden ab. Sie haben zwar keinen Boxerhund (den hat nur ihr Nazi-Freund mit der Hitler-Frisur), aber immerhin zwei Wellensittiche, die auf Namen von Hitler-Generälen hören. Und der Nachname der Familie ist selbstverständlich Braun – Eva Braun, klar ne? Schrebergarten, Einfamilienhaus usw. sind natürlich auch alle vorhanden.
Ähnlich ist es bei anderen Charakteren. Bei jeder neu auftretenden Person ist nach wenigen Sekunden klar, was sie für eine Rolle in diesem Film zu spielen hat und was sie darstellen soll. Über diese und andere Klischees versucht sich der Film lustig zu machen, das gelingt allerdings eher selten. Er hat zwar seine Momente, in denen vor allem Leroy mit seiner leicht besserwisserischen und intellektuellen Art einen wirklich zum Lachen bringen kann, aber selbst diese Pointen und Wortgefechte klingen häufig sehr hölzern. Schauspielerisch überzeugt in erster Linie Leroys bester Freund Dimi. Der hormongesteuerte Halbgrieche, der sich als Grieche ausgibt, weil das bei den Frauen besser ankommt, haut zwar einen sexistischen Witz nach dem anderen raus, aber das ist irgendwie okay, weil der Charakter halt so ist und die Witze nutzt um das Klischee hinter sich besser darstellen zu können. An anderer Stelle verzeiht man dem Film den Sexismus aber nicht. Ein wiederkehrender Witz ist z.B., dass Leroys Deutschlehrerin der Klasse ihre Brüste zeigt, damit die während der Stunde ruhig ist und gut mitarbeitet. Oder als Leroys Vater ihm in einem ernsten Vater-Sohn-Gespräch erklärt, dass „Frauen danach streben von Männern angenommen zu werden“. An diesen Stellen bleibt aber das Gefühl aus, dass es sich hierbei nur um einen vorgeführten Stereotyp handelt. Insgesamt gibt sich der Film größte Mühe möglichst politisch unkorrekt zu sein, wirklich lustig ist er dabei aber nur selten, auch wenn es durchaus Momente gibt, in denen der angestrebte „schwarze Humor“ funktioniert.
Merkwürdig ist auch die große Breite an Themen, die der Film versucht anzutippen. Klar, Hauptthema ist Rassismus, über den der Film sich versucht lustig zu machen. Aber gleichzeitig streift er noch mehrere andere hochpolitische Themen, auf die er dann aber insgesamt gar nicht eingeht und nicht weiter beleuchtet. Die Aufarbeitung der Shoa in Deutschland, Religionskonflikte und „Links gegen Rechts“ sind nur drei Beispiele. Auch der Soundtrack ist sich nicht sicher, was genau er will: Teilweise ist er wirklich cool mit Anlehnung an Blaxploitation-Filme und Liedern bekannter (schwarzer) Künstler*innen, manchmal versucht er die Zuschauer*innen aber auch gewollt in die passenden emotionalen Schienen zu drängen.
Ach genau, und das Ende, das hier natürlich nicht gespoilert werden darf, ist einfach nur unangenehm. Mal davon abgesehen, dass es nicht zur Geschichte passt und unrealistisch daherkommt — das mag eventuell so gedacht sein — wirkt es einfach nur lächerlich, viel zu gewollt witzig und führt eher zu vorzeitigem Abschalten als zu Lachern.Dies alles soll nicht heißen, dass man dem ernsten Thema Rassismus nicht auch humorvoll begegnen kann. In diesem Film wird das Thema jedoch eher verharmlost. Aufklärung gegen Rassismus darf heute und durfte es eigentlich auch schon vor 13 Jahren, als der Film erschien, nicht mehr so aussehen.
Der Film wird im Rahmen der Reihe „Film ab gegen Rechtsextremismus“ im Februar im ZDF gezeigt und ist dann in der Mediathek abrufbar. Im Laufe des Februar zeigt die Nachwuchsredaktion Das kleine Fernsehspiel vier Spielfime wieder, „die sich auf unterschiedliche Art mit Rechtsextremismus und Rassismus auseinander setzen“, heißt es in der Presseinfo. Und: „Damit wollen wir auf diese sehr wichtigen Themen aufmerksam machen, die in diesen Zeiten nicht vergessen werden dürfen“.
Seit 7. Februar 2021 können folgende Filme in der ZDF-Mediathek angeschaut werden:
Wir sind jung. Wir sind stark., Spielfilm, Deutschland 2014
Leroy, Spielfilm, Deutschland 2007
Die Arier, Dokumentarfilm, Deutschland/USA/Iran 2013
Kriegerin, Spielfilm, Deutschland 2011