Sowas kommt von sowas her: 8. Mai und NSU

HeilbronnGedenken Im baden-würt­tem­ber­gi­schen Heil­bronn gibt es im Stadt­zen­trum, mit­ten in der Fuß­gän­ger­zo­ne, einen his­to­ri­schen Turm, der als eine Art zen­tra­le Gedenk­stät­te für die Lei­den der Heilbronner_innen in den Krie­gen des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts betrach­tet wer­den kann. Der­lei Denk­mä­ler, meist weni­ger monu­men­tal, gibt es in fast allen Städ­ten Deutschlands.

Auf der Spit­ze des Heil­bron­ner Turms sitzt ein gol­de­ner Phö­nix, als „Sym­bol für den Über­le­bens­wil­len der durch den Bom­ben­an­griff am 4. Dezem­ber 1944 stark zer­stör­ten Stadt“. Dass sie die­sen Auf­stieg aus der Asche geschafft hat, so heißt es wei­ter, „ver­dankt die Stadt den Frau­en und Män­nern, wel­che die Schre­cken des Krie­ges und des Natio­nal­so­zia­lis­mus über­lebt haben“. Wei­ter­le­sen „Sowas kommt von sowas her: 8. Mai und NSU

Definitiv kein Grund zum Feiern

Kom­men­tar zu zwei Jah­ren NSU-Pro­zess von Fried­rich Bur­schel, Refe­rent für Neo­na­zis­mus und Strukturen/Ideologien der Ungleich­wer­tig­keit der Rosa-Luxem­burg-Stif­tung und Beglei­ter des NSU-Pro­zes­ses in Mün­chen. Der gesam­te Text des Kom­men­tars steht unter: www​.rosa​lux​.de/​n​e​w​s​/​4​1​438

Was ist wich­tig? Nach 200 Pro­zess­ta­gen und fast zwei Jah­ren NSU-Pro­zess wird es zuneh­mend schwie­ri­ger, sich auf das Wesent­li­che zu kon­zen­trie­ren. Zu vie­le Pro­zess­ta­ge, zu viel Stoff, zu vie­le Details, zu vie­le Zeu­gen, zu viel Pau­sen, zu viel Leer­lauf und gleich­zei­tig zu viel Gesche­hen im Saal A101 in Mün­chen, das sich allen­falls noch anek­do­ten­haft dar­stel­len lässt.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum NSU-Kom­plex und zum NSU-Pro­zess in Mün­chen unter: www​.rosa​lux​.de/​nsu

Besser spät als nie: NSU-Untersuchungsausschuss in BaWü

NSU-LUA.BaWue.2015.Abgeordneter.DrexlerAm 23. Janu­ar 2015 fand nach drei nicht­öf­fent­li­chen die ers­te öffent­li­chen Sit­zung des baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­un­ter­su­chungs­aus­schuss (LUA) mit der exak­ten Bezeich­nung „Die Auf­ar­bei­tung der Kon­tak­te und Akti­vi­tä­ten des Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Unter­grunds (NSU) in Baden-Würt­tem­berg und die Umstän­de der Ermor­dung der Poli­zei­be­am­tin M. K.“ statt.   Wei­ter­le­sen „Bes­ser spät als nie: NSU-Unter­su­chungs­aus­schuss in BaWü“

Absprachen, rechtswidrige Routinen und organisierte Verantwortungslosigkeit

Erklärung der unabhängigen Untersuchungskommission „Weimar im April“ zum Prozess vor dem Amtsgericht Weimar

Das Straf­ver­fah­ren gegen drei Ange­klag­te wegen des Vor­wurfs der fal­schen Ver­däch­ti­gung bzw. der Vor­täu­schung einer Straf­tat ist kurz vor Ostern ohne eine Ver­ur­tei­lung zu Ende gegan­gen. In zwei Fäl­len hat die Staats­an­walt­schaft Erfurt die Straf­be­fehls­an­trä­ge zurück­ge­nom­men, in einem Fall wur­de das Ver­fah­ren eingestellt.

Wir hat­ten uns als unab­hän­gi­ge Unter­su­chungs­kom­mis­si­on zur Beob­ach­tung die­ses Straf­ver­fah­rens ent­schie­den, weil die­ses Ver­fah­ren exem­pla­ri­sche Merk­ma­le dafür auf­weist, was pas­sie­ren kann, wenn sich von Poli­zei­ge­walt betrof­fe­ne Men­schen offen­siv zur Wehr setzen.

Nach unse­rer Erfah­rung ist regel­mä­ßig zu beob­ach­ten, dass die insti­tu­tio­nel­le Nähe zwi­schen Poli­zei und Staats­an­walt­schaft dazu führt, dass Polizeizeug_innen ein beson­de­rer Ver­trau­ens­vor­schuss ent­ge­gen gebracht und ihren Aus­sa­gen ein deut­lich höhe­rer Wert bei­gemes­sen wird. Und es ist ja auch die Poli­zei selbst, die die Ermitt­lungs­ar­beit gegen ihre Kolleg_innen leis­tet. Dass die­se Ermitt­lun­gen dann nicht mit der erfor­der­li­chen Gründ­lich­keit und Unvor­ein­ge­nom­men­heit geführt wer­den, ver­wun­dert inso­fern nicht. Die Art und Wei­se, wie zunächst das Ermitt­lungs­ver­fah­ren gegen die Polizeibeamt_innen und dann das Ver­fah­ren gegen die hie­si­gen Ange­klag­ten geführt wor­den ist, ist des­halb Aus­druck einer über die­ses Ein­zel­ver­fah­ren hin­aus­wei­sen­den Problematik.

Die Ange­klag­ten hat­ten öffent­lich gemacht, dass es im April 2012 im Poli­zei­ge­wahr­sam zu Kör­per­ver­let­zun­gen, sexis­ti­schen und ras­sis­ti­schen Belei­di­gun­gen und Ein­schüch­te­rungs­ver­su­chen gegen sie gekom­men war. Obwohl es eine Doku­men­ta­ti­on und Bestä­ti­gun­gen der Ver­let­zun­gen durch Zeug_innen und Fotos gab, wur­de Ankla­ge gegen die drei Betrof­fe­nen erho­ben. Die Behaup­tung der Wei­ma­rer Polizeibeamt_innen, dass es zu kei­ner­lei Über­grif­fen gekom­men sei, führ­te nicht allein dazu, dass die Ver­fah­ren gegen die Beamt_innen ein­ge­stellt wur­den. Im direk­ten Gegen­zug behaup­te­te die Staats­an­walt­schaft dann noch, dass die drei Ange­klag­ten ihre Vor­wür­fe kon­stru­iert und aus einer grund­sätz­lich poli­zei­feind­li­chen Hal­tung her­aus erho­ben hätten.

Zum Pro­zess­ver­lauf stel­len wir fest, dass die Beweis­auf­nah­me ins­be­son­de­re durch die Ver­tei­di­gung, aber auch durch das Gericht und den bear­bei­ten­den Staats­an­walt selbst gründ­lich und ergeb­nis­of­fen erfolg­te. Dies und die inten­si­ve Beob­ach­tung des Vor­gan­ges durch eine kri­ti­sche Öffent­lich­keit stellt eine ent­schei­den­de und bei­spiel­ge­ben­de Beson­der­heit des Wei­ma­rer Ver­fah­rens dar. Wei­ter­le­sen „Abspra­chen, rechts­wid­ri­ge Rou­ti­nen und orga­ni­sier­te Verantwortungslosigkeit“

Weimarer Frühling

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Nach einem klä­ren­den Gewit­ter: Regen­bo­gen über dem Wei­ma­rer Markt­platz Foto: Burschel

In Wei­mar hat sich etwas Unge­wöhn­li­ches ereig­net: dort ist die übli­che Opfer-Täter-Umkehr, wenn es um Poli­zei­ge­walt geht, gran­di­os geschei­tert. In der Nacht zum 20. April 2012 waren vier jun­ge Leu­te wegen des Ver­dachts der Sach­be­schä­di­gung von Wei­ma­rer Beamt_innen in Gewahr­sam genom­men und – nach Anga­ben der Betrof­fe­nen – in den poli­zei­li­chen Haft­zel­len gede­mü­tigt und – im Fal­le einer jun­gen Frau – belei­digt und hand­fest miß­han­delt wor­den. Nach dem Schock die­ser bra­chia­len Frei­heits­be­rau­bung brauch­ten die jun­gen Leu­te, die sich einer links­al­ter­na­ti­ven Sze­ne zurech­nen, erst­mal ein paar Wochen, ehe sie sich zur Anzei­ge gegen die Polizist_innen ent­schlos­sen. Lan­ge Zeit wer­den sie die­sen Schritt, wie vie­le ande­re in ähn­li­cher Situa­ti­on, bit­ter bereut haben, denn der Spieß der Straf­an­zei­ge wur­de recht bald zu ihren Unguns­ten umge­dreht und drei von ihnen fan­den sich schließ­lich auf der Ankla­ge­bank im Amts­ge­richt Wei­mar wie­der. Nach­dem das Ver­fah­ren gegen die beschul­dig­te Schicht der Poli­zei­in­spek­ti­on (PI) Wei­mar ein­ge­stellt wor­den war, muss­te fast auto­ma­tisch Kla­ge gegen die drei Betrof­fe­nen wegen „fal­scher Ver­däch­ti­gung“ der Beamt_innen und der „Vor­täu­schung einer Straf­tat“ erho­ben wer­den. Wei­ter­le­sen „Wei­ma­rer Frühling“