Fridays for Future – so lautet das Motto der Schüler*innenstreiks, die seit einem halben Jahr jeden Freitag stattfinden. Bei diesen Streiks handelt es sich um eine von der damals noch 15-jährigen Schwedin Greta Thunberg initiierte Aktion zum Schutz des Klimas. Schon im August, direkt nach Beginn des Schuljahres 2018⁄19, fing die Teenagerin an, jeden Freitag von der Schule fernzubleiben und öffentlich protestieren zu gehen. Bald schon schlossen sich ihr Tausende anderer Schüler*innen an, zunächst nur in Schweden, inzwischen in immer mehr europäischen Staaten.Am 25. Januar 2019 kam der Streik auch in Berlin an: Mehr als 10.000 Schüler*innen reisten aus der ganzen Bundesrepublik in die Hauptstadt, um sich vor dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie dem Protest anzuschließen. Währenddessen tagte im Ministerium die Kohlekommission – und beriet darüber, ob den Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken (RWE) eine Entschädigung für den potentiellen Kohleausstieg zu zahlen sei.
„Fridays For Future ist der letzte Hilfeschrei einer ganzen Generation“, ruft einer der Redner*innen in die Menge. Und, es sei nicht mehr nur fünf vor zwölf Uhr, sondern bereits viertel nach!
Doch trotz des ernsten Themas war die Stimmung ausgelassen. Zusammengedrängt auf einem kleinen Platz, umgeben von Polizeiwagen, lauschten die Schüler*innen den Redner*innen. Gigantische Schilder wurden in die Luft gereckt: „There’s no Planet B“ und „Change the System, Not the Climate“ waren nur einige der Aufschriften. Minutenlang wird geschubst und gehüpft, denn: „Wer nicht hüpft, der ist für Kohle“.
Alles in allem war es ein friedlicher Streik. Die Polizei am Rande des Platzes sah nur zu, wies ab und an jemanden an, sich woanders hinzustellen. Es gab keine Zugriffe, keine Prügeleien. Vom Ministerium für Wirtschaft und Energie ging es weiter in Richtung Kanzleramt. Unter die streikenden und schwänzenden Schüler*innen mischen sich ehemalige Lehrer*innen und Eltern mit ihren Kindergarten- oder Vorschulkindern. Vor allem die pensionierten oder aus anderweitigen Gründen aus dem Schuldienst ausgeschiedenen ehemaligen Lehrer*innen, aber auch die Eltern werden von Reporter*innen in der Menge gesucht und nach Interviews gefragt. Warum unterstützen ausgerechnet ehemalige Lehrer*innen und Eltern das Fernbleiben der Schüler*innen vom Schulunterricht, ist wohl die Frage der Medienleute. Daraufhin antworten viele, dass sie die Zukunft der Schüler*innen und ihrer Kinder sichern wollen. Sie unterstützen das Engagement und das politische Mitmischen der Jugend.
Und dennoch, den meisten Schülern*innen droht wegen des unentschuldigt versäumten Unterrichts Ärger, ob in der Schule oder Zuhause. Denn wenngleich Leidenschaft für die Politik hoch angepriesen wird, soll diese doch nur außerhalb der Unterrichtszeit ausgelebt werden. Schulpflicht geht am Ende nämlich doch über alles: „Ihr könnt gerne protestieren, aber eben nachmittags“, heißt es bei vielen, und: „Ihr müsst ja auch lernen.“
Um also die eigene Zukunft zu retten und zukünftig möglicherweise eigene Kinder auf die Welt zu bringen, die dann noch bewohnbar sein soll, müssen Schüler*innen und Kinder riskieren, ernsthafte Probleme zu kriegen. Für manche Themen müsse man eben Risiken eingehen, sagen manche. Andere sind der Meinung, dass Ärger für eine gute Sache etwas sei, auf das man stolz sein könne.
Das tatsächliche Konzept ist aber unklar. Denn: Wenn Schüler*innen im Unterricht sein sollen und nicht aktiv werden, wer rettet dann unsere Welt? Wer sorgt für Gerechtigkeit und eine Umwelt, in der Leben weiter möglich ist, wenn die zukünftigen potentiellen Anführer*innen der Welt zum Schweigen gebracht werden?
Auf die Frage, warum der Tadel riskiert werde, um auf den Streik zu gehen, antwortete jedenfalls niemand, er*sie nehme teil, um Schule zu schwänzen. Stattdessen hört man, es sei die Zukunft der Schüler*innen und Kinder, die von den Politiker*innen und Energiekonzernen zerstört werde. Wenn sie aber nur Gehör fänden, wenn sie von der Schule ferngeblieben, sei das eben die einzige Lösung.
Von Alma Edler (Schüler*innenpraktikantin)