«Ich bin es so verdammt leid. Ich bin es leid, mir diese Marxist_innen anzuschauen, diese Sozialist_innen, diese Anarchist_innen, diese ach so revolutionären Leute, die Frauen da draußen in der Kälte stehen lassen. Ich bin es leid, dass sie in allen Fragen radikale Positionen einnehmen, außer bezüglich der Sexindustrie. Denn wisst ihr, wir können die Welt verändern, wir können eine neue Gesellschaft schaffen – eine, die fair ist, gerecht, frei und egalitär – aber wir erhalten eine Klasse von Frauen für Blowjobs.» (Meghan Murphy: «Why I won’t be supporting Canada’s Next Top Progressive Startup, Ricochet»)
Die Kanadierin Meghan Murphy spricht mir – und vielen anderen – damit aus dem Herzen. Noch nie zuvor habe ich mit Teilen der deutschen Linken und der feministischen Szene so sehr gehadert wie in der Auseinandersetzung mit der milliardenschweren Sexindustrie. Mein Verständnis von Feminismus entspricht dem der us-amerikanischen Feministin Barbara Smith, die sagte: «Beim Feminismus geht es um die Befreiung aller Frauen, alles darunter ist kein Feminismus.» Oder um es mit Gail Dines zu sagen: «Neoliberale Feministinnen fordern die Hälfte des Kuchens ein. Wir radikalen Feministinnen wollen gar nichts von diesem vergifteten Kuchen.» In meinen Augen muss sich die Linke entscheiden: Richten wir uns gemütlich ein im Ultrakapitalismus und fordern ein paar Aufsichtsrats- und Geschäftsführerinnenpöstchen hier und bessere individuelle Karrierechancen dort, geben wir uns mit dem «Empowerment» einzelner Frauen zufrieden, oder nehmen wir endlich den Kampf auf für die Befreiung aller Frauen, die in diesem neoliberalen System in der Regel als erste unter die Räder kommen? Ich meine mal ernsthaft: In einer Gesellschaft, in der mehr als jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens Betroffene von irgendeiner Form von Gewalt wird: Sind DAS wirklich unsere Prioritäten als linke Feministinnen? Ist es nicht Zeit unseren Fokus neu zu schärfen?
Ich habe mich mit dem Thema Prostitution aus unterschiedlichen Blickwinkeln auseinandergesetzt, und es ist schwer, dies in einem einzigen Debattenbeitrag zusammenzufassen. Für eine tiefergehende Betrachtung seien deshalb die Querverweise empfohlen.
Das «Nordische Modell» – Eine Erfolgsgeschichte!
Das Europäische Parlament hat im März seinen Mitgliedsstaaten die Übernahme des so genannten «Nordischen Modells» empfohlen. Was zuerst die Schwed_innen (1999), dann auch die Norweger_innen und Isländer_innen (2008) verstanden haben, ist, dass Prostitution eine zutiefst patriarchale Institution ist, die Geschlechtergleichberechtigung fundamental im Weg steht und die gesamte Gesellschaft, und eben nicht nur die Frauen (Männer, Transpersonen…) in der Prostitution, negativ beeinträchtigt. Man muss sich nur mal die Außenwahrnehmung der unterschiedlichen Länder anschauen: Während Schweden überall auf der Welt zunehmend als Vorbild gilt, der Rückgang von Menschenhandel/Zwangsprostitution und der Zusammenhang von mehr Prostitution = mehr Vergewaltigung inzwischen bestens belegt ist, gelten Deutschland und die Niederlande als Negativbeispiele, wie man es bitte nicht machen sollte. Ob «Germany is like Aldi for prostitutes» oder «Deutschland ist die Hölle auf Erden für die prostituierte Klasse» – es finden sich zahlreiche solcher Bewertungen. Der Telegraph hat einen erschütternden und sehr sorgfältig recherchierten und weltweit viel beachteten Gesamtüberblick über die Situation in Deutschland.
Allen Desinformationskampagnen zum Trotz (z.B. etwa der unvermeidlichen Susanne Dodillet, die immer wieder als Kronzeugin gegen das nordische Modell aussagen darf, der aber in Schweden wissenschaftliche Unzulänglichkeit nachgewiesen wurde; oder Petra Östergrens, die ihre Masterarbeit auf 15 handverlesenen Prostituierten aufbaute und die alle diejenigen, die schlechte Erfahrungen in der Prostitution gemacht haben, explizit ausschloss), zeigt Schweden den besten Weg zum Umgang mit Prostitution auf.
Schweden hat 1999 nach jahrzehntelanger, intensiver (!) und sehr weitgefächerter Forschung ein Gesetz eingeführt, nach dem das Anbieten und der Verkauf von Sex legal ist, der Kauf hingegen sanktioniert und gesellschaftlich mit unterschiedlichsten Mitteln bekämpft wird. Häufig wird behauptet, dieses Gesetz sei über die Köpfe der Betroffenen hinweg beschlossen worden. Dem ist eindeutig nicht so. Die schwedische Forschung zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie sehr genau auf die Stimmen der Betroffenen gehört hat. Seit den späten 70er Jahren trafen sich schwedische Prostitutionsforscher_innen mit Betroffenen, ganz ohne Vorurteile, und hörten sich an, was sie zu sagen haben. Die Expert_innen der Regierungskommission besuchten ab 1977 mehr als drei Jahre lang Sexclubs, sprachen mit Prostituierten, Sexkäufern und anderen, die sie dort trafen. Sie wollten verstehen, was genau Prostitution ausmacht. Heraus kam ein 800 Seiten dicker Bericht, davon 140 Seiten Aussagen von Betroffenen. Seite für Seite erzählten prostituierte Frauen von ihrem Weg in die Prostitution, über die Sexkäufer, von der Rolle von Alkohol und Drogen, von Gewalt, Scham, Stärke und Überlebensstrategien. Diese Vorgehensweise war einmalig. Frühere Forscher hatten Prostituierte als abnormal abgestempelt, Prostitution am Rand der Gesellschaft verortet. Diese Forschung kann zu Recht als Paradigmenwechsel bezeichnet werden (vgl. Trine Rogg Korsvik: The Nordic Model).
Anders als häufig angenommen: Das «nordische Modell» beschränkt sich nicht nur auf die Freierbestrafung, sondern wird begleitet von einer Vielzahl sinnvoller, ergänzender Maßnahmen. Das Sich-Prostituieren ist entkriminalisiert, ausschließlich die Sexkäufer werden zur Verantwortung gezogen. Der schwedische Regierungsbericht aus dem Jahr 2010 hat folgende Ergebnisse aus 10 Jahren schwedisches Modell festgestellt:
• Prostitution ist signifikant zurückgegangen (von geschätzten 3000 in 1995 auf geschätzte 1500 in 2002 und 600 in 2008);
• die Gesetzgebung findet breite Zustimmung in der Politik und wird sowohl vom linken als auch konservativen Lager getragen, 70% der Bevölkerung stehen dahinter (größte Zustimmung in den jüngeren Altersstufen);
• die Polizei erklärt, dass Schweden weniger attraktiv für Menschenhändler geworden ist und dass sie einen guten Überblick über die Situation hat;
• Straßenprostitution konnte halbiert werden, es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sie in geschlossene Räume verdrängt wurde;
• es gibt weniger Sexkäufer: 2013 gaben 8% der Männer an, für Sex bezahlt zu haben, 1996 waren es 13%;
• Gewalt gegen Prostituierte hat nicht zugenommen, ihre Lebensbedingungen haben sich nicht verschlechtert; gewalttätige Freier können der Polizei gemeldet werden;
• der Ausstieg aus der Prostitution ist leichter geworden: Die Betroffenen können jetzt viel mehr als zuvor ihre Rechte geltend machen und sich viel mehr mit Informationen über gewalttätige Käufer an die Polizei wenden; das Vertrauen in die Polizei ist gestiegen; Prostituierte in Schweden verdienen im internationalen Vergleich am meisten. Es muss nüchtern festgehalten werden: Prostitution kann niemals unter Bedingungen stattfinden, die sicher oder gewaltfrei sind. Gewalt in der Prostitution gibt es überall, völlig unabhängig von der Gesetzgebung. Eine «Bioprostitution» existiert nicht.
Prostitution als patriarchale Institution
Sämtliche Untersuchungen zum Thema zeigen ein unglaublich hohes Maß an Gewalt, dem die Frauen in der Prostitution ausgesetzt sind. Studien zeigen auch eine auffällig hohe Anzahl an Misshandlungen – sexueller und anderer Art – in der Kindheit der betroffenen Personen. Ergebnisse aus der Traumaforschung und die Erfahrungen von Gruppen, die sich als selbst Betroffene mit den Folgen solcher Erlebnisse auseinander setzen, zeigen, wie diese Traumata in der Prostitution weiter wirken und verstärkt werden (vgl. zum Beispiel hier und hier). Prostitution ist außerdem ein Nährboden für skrupellose Geschäftemacher, die als «Beschützer» auftreten oder als «Bieter wunderbarer Arbeitsplätze» – so die Prostitutionslobby –, die aber in Wirklichkeit ihre Geschäfte auf Kosten der Frauen machen. Wie können linke Feminist_innen gerade dies immer wieder ausblenden und so tun, als sei die durchschnittliche Prostituierte/«Sexarbeiterin» deutsch, selbstständig und selbstbestimmt? Nehmen sie überhaupt die vollkommen abweichende Lebenssituation der mehr als 80% Osteuropäerinnen, die aus materieller Not kommen, wahr? und männerverachtende Gedanke, dass ein Pool an Frauen zur Verfügung zu stehen hat, um die angeblichen sexuellen Bedürfnisse von Männern zu befriedigen. Die Botschaft der Prostitution lautet, dass Männer jederzeit mit irgendeiner Frau (oder einem anderen von ihrem Geld abhängigen Menschen) Sex haben können, solange sie dafür zahlen, dass der weibliche Körper zu ihrer Benutzung bereitsteht und dass sie ein Recht darauf haben, dass ihre sexuellen Wünsche erfüllt werden (vgl. Udo Gerheim, Die Produktion des Freiers. Macht im Feld der Prostitution).
Sexuelle Revolution? Für wen?
Es ist lächerlich, wenn Prostitutionsgegnerinnen immer wieder als prüde, lustfeindlich und verklemmt dargestellt werden. Niemand von uns fordert, dass Sexualität und Liebe untrennbar zusammengehören. Wenn sexuelle Befreiung aber ein Degradieren von Frauen zu Objekten männlicher Lust bedeuten soll, dann möchte ich persönlich diese Befreiung nicht und eine Verbindung zu Feminismus kann aus dieser Prämisse heraus auch nicht hergestellt werden. Wenn der Begriff «Konsens» auf die rein formale Zustimmung zusammenverstümmelt wird und Prostitution unter «sexuelle Selbstbestimmung» fallen soll, dann ist es an der Zeit noch einmal zentrale feministische Begriffe zu definieren. Denn es verärgert mich, wenn uns feministische Forderungen in ihrer Bedeutung umgekehrt als Bumerang zurückgeworfen werden.
Meine Definition von sexueller Selbstbestimmung entspricht dieser: Mensch gönnt sich sexuelles Erleben allein, mit Partner_in, mit wechselnden Sexualpartner_innen, mit mehreren gleichzeitig, weil mensch Lust auf Sex mit genau dieser/diesen Person_en hat. Mensch erlebt den Sex lustvoll und die sexuelle Befriedigung macht ihn*/sie* glücklich, erfüllt, beglückt und die Person nimmt die Glückserfüllung mit in den Alltag.
In aller Regel bedeutet Prostitution: Für die prostituierte Person geht es nicht um ihr sexuelles Erleben. Ohne materielle Entschädigung würde sie dem Sex mit der Person/den Personen nicht zustimmen. Ihre Bedürfnisse haben keinen Raum und müssen zurückgestellt werden zugunsten der Bedürfnisbefriedigung der zahlenden Person_en. Überwiegend ist der sexuelle Akt mit negativen Gefühlen verbunden und nicht mit Ruhe, Entspannung und einem durch das Selbstverständnis beider geschützten Rahmen. Diese negativen Empfindungen darf sie nicht zulassen und äußern, denn sonst könnte sie als prostituierte Person nicht tätig sein, ergo, sie muss verdrängen (von Dissoziation als Schutzmechanismus berichten prostituierte Personen, unabhängig davon, ob sie der Prostitution positiv oder negativ gegenüberstehen).
Das Konzept des enthusiastic Consent (Konsens/Zustimmung) ist ein Gegenkonzept zur Rape Culture. Zustimmung zu einvernehmlichen Sex beschränkt sich nicht nur auf «Nein heißt Nein», sondern es bedarf einer konkreten aktiven Zustimmung zu einer konkreten sexuellen Handlung, sprich: Nur Ja heißt Ja – Es geht dabei auch nicht um die Aushandlung eines Minimalkonsens, sondern darum, dass alle Beteiligten sagen: «Ja, genau das will ich.» Alles jenseits dieser wirklich freien Zustimmung aus der eigenen Lust heraus ist entweder offene, sichtbare Gewalt oder psychische, es ist «complicance», ein Mitmachen oder eine Kooperation, eine oberflächliche Zustimmung, um drohende Nachteile zu vermeiden. Dabei ist es egal, ob diese Nachteile unmittelbar von der anderen Person ausgehen oder ein Aspekt systemischer und ökonomischer Gewalt sind. Eine Situation, in der ein Mensch einen anderen Menschen in eine Situation zwingt, aus der die Person nicht alleine entkommen kann (durch physische Gewalt, aber auch durch Machtgefälle), bedeutet Zwang. Daraus dürfte klar werden, dass Prostitution nicht als konsensualer Akt verstanden werden kann.
Dreifache Unterdrückung – weil es so schön ist?
Um nochmal zum Ausgangspunkt zurückzukommen: Menschenwürde ist nichts Individuelles, sondern etwas Universelles. Wenn ich es für die einen nicht für zumutbar halte, sich den Lebensunterhalt durch Prostitution zu bestreiten, dann kann ich es in Bezug auf andere nicht plötzlich als menschenwürdig deklarieren. Zu der Benutzung von anderen Menschen aus egoistischen Motiven habe ich ebenfalls eine klare Haltung: NO GO! Deshalb ist es absolut folgerichtig, im Kontext der Prostitution die Sexkäufer in die Verantwortung zu nehmen.
Der so genannte Postfeminismus wendet sich deutlich ab von dem gemeinsamen Kampf für Frauenrechte, gegen die triple oppression aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft, sozialer Klasse. Diese drei Aspekte wirken nirgendwo so deutlich zusammenwirken wie in der Prostitution. Dazu auch Natalie Schmidt (Vorwärts): «Auffällig ist, wie wenig sich der Postfeminismus mit ökonomischen Verhältnissen befasst. Vielmehr steht im Vordergrund, kulturelle Codes zu knacken, das eigene Rollenverhalten zu ändern und den individuellen Weg zu finden, um im Patriarchat zu überleben. Das klingt nicht nach Kapitalismuskritik, die die Verhältnisse als Ganzes und damit eben nicht nur in Bezug auf kulturelle Spielarten von Geschlecht betrachtet. Es beschreibt vielmehr einen Weg, um innerhalb der bestehenden kapitalistischen Ordnung eben noch den größtmöglichen persönlichen Vorteil herauszuschlagen. Es ist beunruhigend, wie viel die Ideale des Postfeminismus mit denen der neoliberalen Ideologie gemeinsam haben.»
Und weiter: «Dieses Konzept der Selbstverwirklichung ignoriert die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Frauen weiterhin ökonomischen Zwängen und hegemonial männlichen Hierarchien ausgesetzt sind, auf die sie als Einzelpersonen wenig oder keinen Einfluss haben. In der zweiten Frauenbewegung bedeutete Emanzipation, sich frei zu machen von der Abhängigkeit von Männern, solidarische Beziehungen zwischen Frauen zu knüpfen und eine antikapitalistische Position zu vertreten. Im Postfeminismus bedeutet Emanzipation – passend zur neoliberalen Ideologie – im kapitalistischen Sinne individuell erfolgreich zu sein und vermeintlich über den Ungerechtigkeiten zu stehen.»
Sprich: Feminismus ist total hip und auch ganz toll als individuelle Karrierestrategie, auf Solidarität für diejenigen, die in diesem patriarchal-kapitalistischen System unter die Räder kommen, ist aus diesen Kreisen jedoch nicht zu hoffen. Frei nach dem Postbank-Slogan «Unterm Strich zähl ich» – und sonst niemand.
Ich wünsche mir, dass Linke (und) Feministinnen ihre neoliberale Plattform endlich wieder verlassen und wieder anfangen Marx, Hegel, Goldman, Beauvoir, Firestone, und all die anderen Klassiker zu lesen, gesellschaftliche Analyse zu betreiben und antikapitalistische Alternativen zu formulieren.
Ausblick
Bei aller Verstimmung und Verstörung. Ich bin sehr dankbar über die Prostitutionsdebatte, weil sie mir ein großes Geschenk beschert hat: Eine breite, internationale Vernetzung mit anderen Frauen und Männern, die nicht Willens sind, die Gedankenlosigkeit und die katastrophalen Zustände hinzunehmen. Ich bin aus tiefstem Herzen dankbar über die vielen Kämpfer_innen an meiner Seite, die mir das sichere Gefühl geben: Es wird ein langer, steiniger Weg werden, aber wir werden ihn gemeinsam gehen und das Ziel ist es verdammt wert, ihn zu beschreiten. Lets go nordic!
Manuela Schon (Wiesbaden) ist Mitglied der bundesweiten Frauenarbeitsgemeinschaft LISA und Aktivistin bei Abolition 2014
„Ich wünsche mir, dass Linke (und) Feministinnen ihre neoliberale
Plattform endlich wieder verlassen und wieder anfangen Marx,
Hegel, Goldman, Beauvoir, Firestone, und all die anderen Klassiker
zu lesen, gesellschaftliche Analyse zu betreiben und
antikapitalistische Alternativen zu formulieren.“ Und Rosa Luxemburg. Ich denke, sie würde sich über diesen aufklärerischen und humanistisch-feministischen Beitrag freuen.
Das „Nordische Modell“ hat mit „Marx, Hegel, Goldman, Beauvoir, Firestone“ nicht im Geringsten etwas zu tun, sondern mit Catherine MacKinnon und Andrea Dworkin. Das waren/sind keine Linken, im Gegenteil.
Und nun noch Emma Goldman, die die Doppelmoral der
White-Slavery-Hysteriker_Innen beklagt und zu dem einzigen Schluss kommt,
dem man als „Marxist_In“ kommen muss: Wer Armutsprositution bekämpfen
will, muss die Armut bekämpfen. Ich finde es wirklich sehr absurd, wie
historische Quellen hier von Frau Schon falsch angeeignet werden.
https://www.marxists.org/reference/archive/goldman/works/1910/traffic-women.htm
„Nowhere is woman treated according to the merit of her work, but rather
as a sex. It is therefore almost inevitable that she should pay for her
right to exist, to keep a position in whatever line, with sex favors.
Thus it is merely a question of degree whether she sells herself to one
man, in or out of marriage, or to many men. Whether our reformers admit
it or not, the economic and social inferiority of woman is responsible
for prostitution.“
Ich finde es einfach traurig, dass hier wieder mal Frauen und Feminist*innen erklärt wird, welche Meinungen sie haben müssen, wie sie zu „ficken“ haben und was lesen sollen (Hegel?!). Ich weiß nicht, was „Freiheit“ und „Befreiung„für Prostitutionsgegnerinnen bedeutet, aber ich vermute, dass ich und andere Frauen so ziemlich ihre politische und teilweise sogar persönliche Identität und Freiheit aufgeben müssten, um noch irgendwie als „feministisch“ oder gar „menschlich“ zu zählen. Was auch immer M. Schon unter „Befreiung“ versteht, wenn ich den Artikel lese habe ich den Eindruck, dass sie darin besteht, anderen Frauen zu erklären, was sie richtig und was sie falsch machen — und gerne auch mit Mitteln und einer Rhetorik, die unter der Gürtellinie liegen. Letztendlich geht es hier aber nicht um „Freiheit“ sondern um Bevormundung und Kontrolle von Frauen in all ihren Lebensbereichen (vom Sex zur politischen Meinung). Unter Gleichberechtigung, Befreiung und Emanzipation haben ich, ehrlich gesagt, immer etwas anderes verstanden. Meine Selbstentfaltung beispielsweise.
Entgegen M. Schons Auffassung halte ich es für widersprüchlich Selbstentfaltung als individualistisch oder gar egoistisch aufzufassen, denn was bleibt denn sonst noch übrig? Wenn ich nicht mehr ich sein darf, weil das angeblich unfeministisch ist, wozu brauchen wir dann Feminismus? Die Zeiten, zu denen wir erkannt haben, dass nicht alle Frauen die gleichen Erfahrungen, Ansichten und Meinungen haben, sind doch wirklich lange her und ich hatte gehofft, dass man heute nicht mehr dafür kämpfen muss, als Frau, die für SexWorkerRechte eintritt, respektiert zu werden.
Wenn hier jemand in der Sackgasse ist, dann sind das nicht wir, die Anerkennung und Respekt für Sexarbeiter*innen fordern (natürlich bei gleichzeitiger Strafverfolgung von Menschenhandel und Gewalt gegen Sexarbeiter*innen). Die Sackgasse erscheint mir dann erreicht, wenn man als Feministin ungeheuer viel Zeit damit verbringt, anderen Frauen zu erklären, dass und warum sie denn eine falsche Meinung haben. Und wenn man ungeheuer viel Zeit und wahnsinnig viele Worte nutzt, um diese Frauen und Männer teilweise sogar als „Zuhälterinnen“ und „Menschenhändlerinnen“ öffentlich zu diskreditieren.
Stattdessen wird aus der Fraktion der Prostitutionsgegnerinnen über Gewalt in Schweden, über die Kriminalisierung von Prostituierten in den meisten Länder dieser Welt (übrigens auch in Deutschland durch „Sperrbezirke), über Polizeigewalt und Erpressung — darüber wird geschwiegen. Die Polizei, an deren Gewalt bei anderen Themen immer gerne erinnert wird, erscheint beim Thema Prostitution plötzlich wie ein „Engel“, obwohl wir wissen, dass bei jeder Borderl-Razzia immer mehrere undokumentierte Frauen abgeschoben werden — mehr als je Betroffene von Menschenhandel entdeckt werden. Aber diese Gewalt würde ja eine kritische Auseinandersetzung mit Verboten fordern und das ist unbequem. Schade! Zum Glück gibt es ja auch in der Linken genug Menschen, die es anders sehen.
Das „nordische Modell“ ist in dieser Hinsicht (strukturelle Veränderungen) ja ehrlich gesagt auch ein Witz. Aber hey, auch Ihr habt das Recht daran zu glauben.
http://menschenhandelheute.net/2014/07/01/prostitution-und-menschenhandel-1-die-wahrheit-uber-das-nordische-und-schwedische-modell/
Ich finde den Text sehr gut. Er trifft den Nagel genau auf den Kopf. Es gibt einige Frauen, die in hohen Positionen sind. Hinterfragt man diese Positionen, so sind sie nur durch Kompromisse mit Männern „nach oben“ gekommen. Ein Beispiel ist Hillary Clinton, die sehr wohl über den organisierten Kindesmissbrauch der Cathy O’Brien bescheid wusste und das schweigend für ihren Posten hinnahm. Davon gibt es auch genügend deutsche Frauen, denen ich selber persönlich begegnet bin. Deshalb können die Männer ständig repressive Gesetze gegen Frauen durchwinken. Die emanzipierten Frauen sind also Sklavinnen der Männer. Ich finde es geradezu ein Skandal ständig nur die (Zwangs-) Prostituierten als Opfer zu sehen. Es würde sie nicht geben, wenn die Frauen in hohen Positionen nicht auch so versklavt wären! Erwähnt habe ich dabei gar nicht, dass zu einer großen Prozentzahl die Männer in der Politik in heimlichen Bruderschaften organisiert sind und die Frauen unterwürfig dort teilhaben lassen und sie darauf einschwören, dass sie etwas besonderes sind während diese Frauen natürlich nur für ihre Vorteile benutzt werden. Unglaublich — es sind dieselben Methoden wie im Mittelalter: Dort hatten die Männer bewusst weibliche Säuglinge vom Adel auf Trauma basierten Mind-Control-Projekten ausgeliefert und diese Frauen dann in hohe Positionen gesetzt. Diese Folteropfer vertraten dann die Hexenverbrennungen der Männer, die in Wahrheit selbstbewusste und sehr intelligente Frauen waren, die darauf dann das Patriarchat aufbauten wie Vater, Sohn und Heiliger Geist und die Frauen total darin ignoriert sind. Das ist die totale Entrechtung ALLER Frauen!