Buchrezension „Der Sommer ist vorbei…“

Rezen­si­on: Der Som­mer ist vor­bei…  Vom «Auf­stand der Anstän­di­gen» zur «Extre­mis­mus­klau­sel»

Das Buch „Der Som­mer ist vor­bei… Vom «Auf­stand der Anstän­di­gen» zur «Extre­mis­mus­klau­sel»“, her­aus­ge­ge­ben von Fried­rich Bur­schel, Uwe Schu­bert Und Gerd Wie­gel setzt sich das Ziel, eine Bilanz aus 13 Jah­ren Bun­de­pro­gramm gegen Rechts zu zie­hen. Das Buch beinhal­tet in neun Bei­trä­gen ver­schie­de­ne Blick­win­kel auf das 2001 unter Rot-Grün gestar­te­ten Pro­gramm. Die­se tre­ten zunächst sehr los­ge­löst von­ein­an­der auf. Jedoch malen sie im Gesamt­bild ein aus­führ­li­ches und per­spek­ti­ven­rei­ches Bild der schritt­wei­sen Ver­wer­fung jeg­li­cher, anfangs even­tu­ell vor­han­de­ner, Ambi­tio­nen des Bun­des, eine Anti­ras­sis­ti­sche und Anti­fa­schis­ti­sche Kul­tur zu befördern.

Die Schluss­fol­ge­run­gen, die die ver­schie­de­nen Autoren über das Bun­des­pro­gramm fas­sen sind, wenn­gleich unter­schied­lich begrün­det und mit unter­schied­li­cher Dras­tik, durch­weg nega­tiv. Die vari­ie­ren­den Ansät­ze und Argu­men­te gestall­ten den Lese­pro­zess dabei sehr inter­es­sant, da Leser_innen wei­test­ge­hend frei dar­in sind, die Mei­nung von Aktivist_innen mit unter­schied­li­chen Hin­ter­grün­den in Bezug zu set­zen. Hei­ke Kleff­ner bei­spiels­wei­se sieht die so essen­zi­el­le Arbeit frei­er Trä­ger in der Bera­tungs­ar­beit Betrof­fe­ner rech­ter Gewalt bewusst zuneh­mend behin­dert und sogar dif­fa­miert. Die­se wür­den ver­mehrt durch unzu­läng­li­che und unpro­fes­sio­nel­le behörd­li­che Stel­len ersetzt. Wäh­rend Bian­ca Klo­se, selbst in der Mobi­len Bera­tung tätig, das Bun­des­pro­gramm auch als de fac­to Erpres­sungs­me­cha­nis­mus ansieht, ver­zeich­net sie über dies aller­dings eine posi­ti­ve Ent­wick­lung, was das Bewusst­sein inner­halb der Zivil­ge­sell­schaft angeht. Einen wie­der­um ganz ande­ren Ansatz ver­folgt die Human­wis­sen­schaft­le­rin und Päd­ago­gin Kat­rin Rei­mer. Ihr Arti­kel besticht durch eine sehr anspruchs­vol­le, wenn­gleich im Sozi­al­päd­ago­gi­schen Fach­jar­gon nicht gera­de bar­rie­re­frei­en Stil gehal­te­nen, Ana­ly­se des Ver­hält­nis­ses von rech­ter Ideo­lo­gie und sozia­ler Arbeit in der Bun­des­re­pu­blik. Sie sieht das grund­le­gen­de Pro­blem im bil­dungs­sek­to­ra­len Main­stream, stets nur die Sym­pto­me (z.B. rech­te Über­grif­fe) zu bekämp­fen. Poli­ti­sche Bil­dung wird los­ge­löst von tie­fer­grei­fen­den indi­vi­du­el­len und gesell­schaft­li­chen Ansät­zen durch­zu­füh­ren. Sozia­le Arbeit wird in die­sem Kon­text sträf­lich ver­nach­läs­sigt und die Pro­ble­ma­ti­ken inner­halb der Gesell­schaft blei­ben unangefochten.

Wo sich alle einig sind ist die Aus­sa­ge, die 2009 beschlos­se­ne Extre­mis­mus­klau­sel stel­le den Höhe­punkt der behörd­li­chen Tor­pe­die­rung unab­hän­gi­ger Arbeit und zugleich das Ende jeg­li­cher Ambi­tio­nen eines staat­li­chen anti­fa­schis­ti­schen Pro­gram­mes dar. Die kur­ze Hoff­nung, die Bun­des­re­gie­rung kön­ne ver­su­chen eine staat­lich unter­stütz­te anti­fa­schis­ti­sche Struk­tur zu schaf­fen, wird damit als end­gül­tig der Ver­gan­gen­heit zuge­schrie­ben. Das Buch trägt in sei­ner Gesamt­heit sehr dazu bei, ein dif­fe­ren­zier­tes Ver­ständ­nis und ver­schie­de­ne Per­spek­ti­ven für die anhal­ten­de Debat­te über den Extre­mis­mus­be­griff oder unter­las­se­ne staat­li­che Hil­fe­leis­tung bei der Opfer­be­ra­tung und der poli­ti­schen Bil­dung zu erlangen.

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