Das hatte ich in den letzten Jahren selten, dass ich den gerade gelesenen Comic-Band aus der Hand lege und umgehend den Folgeband lesen will. Dies ist mir jetzt in der Vorweihnachtszeit mit dem ersten Band der Comicserie „Die Kinder der Résistance“ der Belgier Vincent Dugomier und Benoît Ers passiert.
Ein Gedenkort für Walter Benjamin: Eine Treppe der Erinnerung an den jüdischen Philosophen im katalanischen Port Bou, wo er sich das Leben auf der Flucht vor den Nazis nahm.
In der Nacht vom 26. auf den 27. September 1940 starb Walter Benjamin. Der Fotografin Henny Gurland, die wie Benjamin Teil der Flüchtenden-Gruppe auf ihrem Fußweg über die Pyrenäen bis zur spanisch-französischen Grenze war, soll er Stunden vor seinem Tod einen Abschiedsbrief übergeben haben. Sein Freund und Kollege Theodor W. Adorno hätte ihn erhalten sollen, erklärend, dass die „ausweglose Situation“ seiner misslingenden Flucht aus Vichy-Frankreich Benjamin keine andere Möglichkeit gelassen habe, als den Freitod zu wählen.
Im imposanten historischen Justizgebäude in der Turmstraße in Moabit: Der Prozess gegen André M. gibt Einblicke in das Denken eines neonazistischen Drohbriefschreibers.
Schmächtig, in sich zusammen gesunken und mit dem Charme eines introvertierten Computernerds sitzt der Schleswig-Holsteiner André M. auf der Anklagebank und schweigt beharrlich zu den Verbrechen, die ihm vorgeworfen werden.
Für über 100 Drohmails an Behörden, Personen des öffentlichen Lebens und Politiker*innen wird der Angeklagte verantwortlich gemacht. Unter dem Namen „nationalsozialistische Offensive“ soll er Mord- und Bombendrohungen versandt haben — triefend vor nationalsozialistischem Gedankengut und inklusive brutaler Gewaltphantasien. Im April hatte die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin begonnen und wird wohl noch einige Monate andauern. Das Verfahren ist komplex, denn unübersichtlich scheinen die verschiedenen Stränge der Ermittlungsarbeiten gegen M. und kompliziert die technologischen Details für den Nachweis internetbasierter Straftaten.
Selbstermächtigung Betroffener rechter und rassistischer Gewalt: Ein eindrücklicheres Beispiel für dieses Empowerment als die jährliche Oury-Jalloh-Demo am 7. Januar in Dessau — hier 2020
„Kontinuitäten rechter Gewalt. Ideologien – Praktiken – Wirkungen“ wollte eine Tagung Mitte Februar am Leibniz-Zentrum für zeithistorische Forschung in Potsdam abschreiten. Der Zeithistorische Arbeitskreis Extreme Rechte hatte dazu eingeladen, ausgerichtet wurde sie vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, dem Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam, dem Hannah Arendt Institut für Totalitarismusforschung Dresden und dem Fritz Bauer Institut Frankfurt am Main. In der Einladung wiesen die Organisator*innen darauf hin, dass „extrem rechtes Denken stets Teil der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert“ war und gewaltförmiges Handeln seit jeher zur politischen Praxis der „nationalen Opposition“ gehört.
„Es geht nur darum zu sagen, was man diesen jungen Leuten mit dem Prozess und der Behandlung angetan hat. Das das Unrecht war …“. So Inge Nieswand über ihren Bruder Walter Gebhard und seine Freund*innen aus einer Dortmunder Edelweisspiraten-Clique, die in einem großen Prozess im Oktober 1943 verurteilt wurden. Ein Gespräch über generationenübergreifende Traumatisierung durch die Verfolgung des NS-Systems mit der Dortmunderin Inge Nieswand.
Den Comic „Der Fotograf von Mauthausen“ hielt ich zum ersten Mal im Mai dieses Jahres in Händen. Ich saß auf der Promenade von Donostia. Oder auch San Sebastian, wie die Spanier zu der baskischen Küstenstadt sagen.
Donostia liegt keine 100 Kilometer von Guernika entfernt. Der Stadt, die im April 1937 durch ein Bombengeschwader der deutschen Luftwaffe, der Legion Condor, fast vollständig zerstört wurde. Das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutschland waren dem 1936 putschenden General Francisco Franco zur Hilfe geeilt und hatten Waffen und Soldaten zur Zerschlagung der demokratischen Republik nach Spanien geschickt. Drei Jahre dauerte der blutige Bürgerkrieg, der vielen auch als Vorläufer des 2. Weltkriegs gilt. Der demokratisch gewählten Regierung, wie auch den rechten Putschisten eilten international unterschiedliche Menschen und Staaten zu Hilfe.
Eine hetzerische Verteidigungsrede des nationalsozialistischen Rechtsanwalts Alfred Holl aus dem Jahr 1924, auf die sich Wolf ohne Abstriche beruft. Für die Schulbehörde offenbar kein Problem.
Nach den Auseinandersetzungen an zwei Hamburger Schulen zum antifaschistischen Engagement einiger ihrer Schüler war es am Helene-Lange-Gymnasium mit Billigung der Schulbehörde zu einer Vortragsveranstaltung des AfD-Politikers und Mitglieds der Bürgerschaft, Alexander Wolf, gekommen. Dass Wolf ein lupenreiner Nazi mit enthusiastischen Bezügen zum Nationalsozialismus ist, war dabei kein Hinderungsgrund. Ein erschütterndes Beispiel für verschobene und verschrobene Sagbarkeitsgrenzen, aus der Feder eines Schülervaters, des Politologen Dr. Markus Mohr.
„Wir Opfer sind die Hauptzeugen des Geschehens“ (Ibrahim Arslan)