Es muss eigentlich nicht darüber diskutiert werden: Während der Corona-Krise muss die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichenden und qualitativ guten Lebensmitteln gesichert werden. Das gilt ausnahmslos für alle. Sowohl für die Bevölkerungsgruppen, deren Einkommen weiter gezahlt werden oder die ein finanzielles Polster besitzen, als auch für die Personen, die schon seit vielen Jahren einen hohen Teil ihres Einkommens oder ihrer Transferleistungen für die Versorgung mit Nahrungsmitteln ausgeben müssen. Die Versorgung mit Essen muss an erster Stelle stehen, weshalb auch aktuell die (durchaus berechtigte) linke Kritik am System der «Tafeln» ausgesetzt werden sollte.
Eine Analyse des Programms der Partei „Alternative für Deutschland“ zeigt: völkisch und familienpolitisch reaktionär, das war ja klar. Aber auch ohne ihre neoliberalen Gründerprofessoren ranken sich die Ideologien der Ungleichheit im Programm dieser deutschnationalen und rechtsradikalen Partei um einen neoliberalen und privatisierungsorientierten Kern, mit dem die Reichen weiter reicher, die Armen weiter ärmer würden. Mehr lesen
EDEWA: Berlins erster widerständiger Supermarkt
Interessiert beugt sich eine „Kundin“ über eine Packung „Superblödmanns“, ein an die „Schokoküsse“ angelehntes Produkt im ersten antirassistischen und widerständigen Supermarkt Berlins, kurz EDEWA. Nach dem Öffnen erwarten die Besucher_innen keine süßen Leckereien, sondern weiße und schwarze Schokoküsse aus Pappmasche, auf deren Unterseite Gedichte der schwarzen Feministin May Ayim geklebt sind. Diese und weitere antirassistische und antisexistische Produkt-Adaptionen lassen sich in der EDEWA-Filiale in Neukölln bestaunen. EDEWA steht für „Einkaufsgenossenschaft antirassistischen Widerstandes“, eine interaktive Wanderausstellung, die ihre Besucher_innen auf Rassismen und Sexismen, sowie anderen Unterdrückungsformen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft aufmerksam machen will.
Dabei haben die Initiator_innen eine Kulisse gewählt, die jede_r von uns kennt. In Form eines Supermarktes zeigen sie die Diskriminierung anhand einer breiten Palette von Produkten, die uns im täglichen Leben so oder so ähnlich begegnen. Am 15.11.2015 fand die Eröffnung inklusive Führung durch die „Filiale“ statt. Dazu kamen etwa 60 Personen in die kleine, namenlose Galerie in die Weserstraße 176 in Berlin-Neukölln.
«We will rise»-Ausstellung zur Refugee-Bewegung
Kurz vor der Ausstellungseröffnung Anfang August kam es zu einer heftigen Debatte. Im Hof des Friedrichshain-Kreuzberg-Museums diskutierten die Ausstellungsmacher_innen mit der Museumsleitung darüber, ob und wie die Refugee-Bewegung die Politik des Bezirks kritisieren darf. Der Bezirksteil Kreuzberg war einer der Kristallisationspunkte der neuerlich erstarkten Bewegung der letzten Jahre. Hier befinden sich der Oranienplatz mit dem berühmt gewordenen Protestcamp und die mit einem massiven Polizeiaufgebot geräumte Gerhart-Hauptmann-Schule.
Christian Jakob beschreibt das Verhältnis zwischen EU und deutsche Politik und dem Alltagsleben der Fluchtlinge
«Eine EU, die Flüchtlingen Schutz bieten will, aber gleichzeitig alles tut, damit niemand diesen Schutz in Anspruch nehmen kann…» Auf der zweiten Seite der Broschüre «Refugees Welcome? Mythen und Fakten zur Migrations- und Flüchtlingspolitik» der Rosa-Luxemburg-Stiftung lesen wir die Hauptthese. Die EU und Deutschland haben nicht nur die Fähigkeit, Flüchtlingen zu helfen, sondern sie benutzen auch die Rhetorik der Rettung, aber trotzdem tun sie entweder nicht genug, oder sie verabschieden Gesetze, die tatsächlich die Situation der Flüchtlinge erschweren. In der Broschüre beantwortet Christian Jakob seine eigene Frage – Flüchtlinge sind überhaupt nicht willkommen in Deutschland und der EU.
Inva Kuhn erklärt in ihrem Einführungsbuch antimuslimischen Rassismus
«Wie sonst ist die reflexhafte Reaktion von fast der Hälfte der Deutschen zu erklären, in der Bundesrepublik lebten zu viele Muslime, bei einem tatsächlich geschätztem Anteil von vier bis fünf Prozent an der Gesamtbevölkerung? Warum denken über 54 Prozent, dass Muslime in Deutschland zu viele Forderungen stellen?»
Manchmal ist die Präsenz des Rassismus so allgegenwärtig, dass man vergisst zu fragen – warum? Wenn alle eine Meinung zu Charlie Hebdo oder PEGIDA haben, ist es einfach, auf das «Wie» oder «Was» zu fokussieren: Wie können PEGIDA so viel Macht erwerben? Was können wir dagegen tun? Diesen Fehler begeht Inva Kuhn nicht. In ihrem politikwissenschaftlichen Buch Antimuslimischer Rassismus. Auf Kreuzzug für das Abendland, unternimmt sie es, die Fragen nach dem «Wie» und dem «Warum» miteinander zu verbinden.
Ein Jahr ist vergangen, seit am 3. Oktober 2013 366 Geflüchtete in Sichtweite von Lampedusa ertranken, während im keinen Kilometer entfernten Hafen die Küstenwache vor Anker lag. Ihnen und den insgesamt mindestens dreiundzwanzigtausendzweihundertachtundfünfzig Opfern europäischer Grenzabschottungspolitik innerhalb von 14 Jahren können wir nur noch gedenken. Und wir, die Menschen in Europa, müssen fragen: Was wurde seitdem geändert an der EU-Grenzpolitik, die insbesondere das Mittelmeer zu einer Todeszone macht? Im Oktober letzten Jahres zeigten sich führende EU-Politiker_innen angesichts der bis dahin schwersten Schiffskatastrophe tief bestürzt. «Die EU wird das Mögliche unternehmen, um die Situation zu ändern», versprach der damalige Kommissionspräsident Barroso. Was also hat sich geändert? Und was müsste sich ändern? Im Folgenden eine Bestandsaufnahme der herrschenden Grenzpolitik und Diskussion um solidarische Alternativen.
Aced/Düzyol/Rüzgar/Schaft (Hg.): Migration, Asyl und (Post-) Migrantische Lebenswelten in Deutschland. Bestandsaufnahme und Perspektiven migrationspolitischer Praktiken. Münster: Lit-Verlag.
Die Debatten über die Freizügigkeit von Arbeitnehmer_innen im EU-Raum im letzten Jahr waren nicht nur durch den populistischen Slogan der CSU «Wer betrügt der fliegt!» geprägt. Die öffentliche Diskussion über dieses migrationspolitische Themenfeld beschränkte sich in der Regel auf die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen von «Zuwanderer_innen» für den bundesdeutschen Arbeitsmarkt. Dabei zeigt sich, dass die Verwertungslogik bereits seit Bestehen der BRD existiert und die Migrationspolitik als Instrumentarium für wirtschaftspolitische Zielvorgaben eingesetzt wird.
Lediglich Ende der 1980er Jahre und Anfang der 1990er Jahre kam es zu einem hohen Ausmaß an Einwanderungen, im Besonderen von Schutzsuchenden aus Kriegs- und Bürgerkriegsregionen wie Jugoslawien und der Türkei. Sehr bald jedoch wurde die kurze Phase einer hohen positiven Wanderungsbilanz durch zunächst bundesgesetzliche Maßnahmen und schließlich über Vereinbarungen auf der europäischen Ebene gestoppt. Eine gesteuerte Einwanderung soll die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Migrant_innen berücksichtigen. Diesem Verständnis nach ist eine Asylpolitik nach humanitären Kriterien dem übergeordneten Ziel der wirtschaftlichen Nützlichkeit nicht dienlich. Während noch über die Art und Weise einer steuerbaren und wirtschaftlichen Effizienzkriterien genügenden Einwanderungspolitik diskutiert wird, treiben die Bundesregierung und die EU die Abschottung an den Grenzen der EU massiv voran.
«Ich bin es so verdammt leid. Ich bin es leid, mir diese Marxist_innen anzuschauen, diese Sozialist_innen, diese Anarchist_innen, diese ach so revolutionären Leute, die Frauen da draußen in der Kälte stehen lassen. Ich bin es leid, dass sie in allen Fragen radikale Positionen einnehmen, außer bezüglich der Sexindustrie. Denn wisst ihr, wir können die Welt verändern, wir können eine neue Gesellschaft schaffen – eine, die fair ist, gerecht, frei und egalitär – aber wir erhalten eine Klasse von Frauen für Blowjobs.» (Meghan Murphy: «Why I won’t be supporting Canada’s Next Top Progressive Startup, Ricochet»)