Ein Gedenkort für Walter Benjamin: Eine Treppe der Erinnerung an den jüdischen Philosophen im katalanischen Port Bou, wo er sich das Leben auf der Flucht vor den Nazis nahm.
In der Nacht vom 26. auf den 27. September 1940 starb Walter Benjamin. Der Fotografin Henny Gurland, die wie Benjamin Teil der Flüchtenden-Gruppe auf ihrem Fußweg über die Pyrenäen bis zur spanisch-französischen Grenze war, soll er Stunden vor seinem Tod einen Abschiedsbrief übergeben haben. Sein Freund und Kollege Theodor W. Adorno hätte ihn erhalten sollen, erklärend, dass die „ausweglose Situation“ seiner misslingenden Flucht aus Vichy-Frankreich Benjamin keine andere Möglichkeit gelassen habe, als den Freitod zu wählen.
„Es geht nur darum zu sagen, was man diesen jungen Leuten mit dem Prozess und der Behandlung angetan hat. Das das Unrecht war …“. So Inge Nieswand über ihren Bruder Walter Gebhard und seine Freund*innen aus einer Dortmunder Edelweisspiraten-Clique, die in einem großen Prozess im Oktober 1943 verurteilt wurden. Ein Gespräch über generationenübergreifende Traumatisierung durch die Verfolgung des NS-Systems mit der Dortmunderin Inge Nieswand.
Den Comic „Der Fotograf von Mauthausen“ hielt ich zum ersten Mal im Mai dieses Jahres in Händen. Ich saß auf der Promenade von Donostia. Oder auch San Sebastian, wie die Spanier zu der baskischen Küstenstadt sagen.
Donostia liegt keine 100 Kilometer von Guernika entfernt. Der Stadt, die im April 1937 durch ein Bombengeschwader der deutschen Luftwaffe, der Legion Condor, fast vollständig zerstört wurde. Das faschistische Italien und das nationalsozialistische Deutschland waren dem 1936 putschenden General Francisco Franco zur Hilfe geeilt und hatten Waffen und Soldaten zur Zerschlagung der demokratischen Republik nach Spanien geschickt. Drei Jahre dauerte der blutige Bürgerkrieg, der vielen auch als Vorläufer des 2. Weltkriegs gilt. Der demokratisch gewählten Regierung, wie auch den rechten Putschisten eilten international unterschiedliche Menschen und Staaten zu Hilfe.
Es kommt echt nicht häufig vor, dass ich eine Zeitschrift von der ersten bis zur letzten Seite durchlese: Die aktuelle ARCH+ Nr. 235 zu „Rechten Räumen“ habe ich atemlos durchgelesen, entsetzt vom faschistischen Panorama eines Europas auf dem Weg in die Barbarei, das das Heft abschreitet. Und diese Ausgabe einer renommierten Architektur-Zeitschrift ist durchaus nicht nur für Baumeister*innen und Architekturkritiker*innen (Sind wir das nicht alle?) interessant und schafft es „Rechte Räume“ zu definieren, die dahinter liegende Städtebaupolitik, die bauliche geschichtsrevisionistische Erinnerungskultur und den rechten Rekonstruktionswahn freizulegen und den Zusammenhang herzustellen zur aktuellen völkisch-nationalistischen Renaissance und zum offenen Faschismus in Europa.
Interviewbuch „Io sono Matteo Salvini“ aus dem faschistischen Verlag „Altaforte Edizioni“ (screenshot)
In Italien wächst zusammen, was zusammengehört. In den letzten Tagen wurde bekannt, dass auf der anstehenden Turiner Buchmesse ein Interview-Band mit dem italienischen Innenminister Matteo Salvini präsentiert werden soll. Der Titel des Buches lautet „Io sono Matteo Salvini“ (dt.: Ich bin Matteo Salvini) und soll „100 domande all’uomo più discusso di Europa“ (dt.: 100 Fragen an den meist diskutierten Mann Europas) enthalten.
„Der III.Weg“ auf Besuch bei CasaPound Italia im Januar 2019. Gruppenfoto auf der Via Napoleone III, Nr. 8 (screenshot)
Auch in diesem Jahr fand im römischen Stadtteil Tuscolano der jährliche Gedenkmarsch für die drei faschistischen Jugendlichen Franco Bigonzetti, Francesco Ciavatta und Stefano Recchioni in der Via Acca Larentia statt. Sie waren dort im Januar 1978 erschossen worden. Und wie im vergangenen Jahr waren auch in diesem Jahr viele italienische Faschist*innen aus unterschiedlichen Gruppen erschienen, um den drei Toten den römischen Gruß und ein „Presente!“ zu entbieten. Die Bedeutung des jährlichen Totenkults hat unter der Hegemonie von „CasaPound Italia“ in den letzten 10 Jahren stetig zugenommen und ist für die extreme Rechte Italiens immer weiter ins Zentrum gerückt. Unter den zahlreichen Delegationen waren auch Mitglieder ausländischer Gruppierungen aus Kanada, Griechenland, Polen, Schweden, der Ukraine usw. angereist. Auch eine illustre Mischung teutonischer Rechter hatte sich eingefunden, um am historischen Sitz der faschistischen Partei Nachkriegs-Italiens, des „Movimento Sociale Italiano“ (MSI) den längst Verstorbenen einen letzten Gruß nachzubrüllen. Die Runde der Deutschen spannte sich dabei von der neonazistischen Kleinstpartei Der III. Weg, dem Leiter des völkisch-nationalistischen Projekts „Ein Prozent für unser Land“ und Chef des „Jungeuropa Verlags“, Philip Stein, einigen Anhängern der Identitären Bewegung (IB) bis hin zu einem Autor, der für das Online-Portal „Philosophia Perennis“ des AfD-nahen Theologen David Berger über (neu-rechte) Ereignisse in Italien schreibt.
Die Größe und die Stärke der Bewegung der „Gilets Jaunes“ (Gelbwesten), die trotz ihrer Komplexität und Vielfältigkeit ein gemeinsames Ziel — das Streben nach sozialer Gerechtigkeit — aufweist und seit gut einem Monat Frankreich in Atem hält, hat bei den unterschiedlichen Gruppen, Organisationen und Parteien — links wie rechts — Begehrlichkeiten ausgelöst.
So nahmen neben Mitgliedern der rechtsradikalen „Rassemblement National“ (bis Juni 2018 „Front National“) auch (Splitter-)Gruppen der französischen Rechten wie „Bastion Social“, „Action Française“, „Civitas“, „Dissedence Française“, „Parti Nationaliste Français“, „Division Nationaliste Révolutionnaire“ und „Les Identitaires“ an den unterschiedlichen Demonstrationen der „Gilets Jaunes“ teil. Ihre Präsenz bei den Protesten stieß wiederum auf den Widerstand von Teilen der „Gilets Jaunes“ und anwesender antifaschistischer Linker. Einige Konfrontationen endeten mitunter in handfesten Auseinandersetzungen.
Das Bauhaus in Dessau, hochprätentiöses UNESCO-Kulturerbe, hat sich dieses Vermächtnisses als unwürdig gezeigt: Die Direktorin der geschichtsträchtigen Einrichtung verwies nach etwa 100 Konzerten in Kooperation mit dem ZDF den öffentlich-rechtlichen Sender des Hauses, als die Rostocker Punkband „Feine Sahne Fischfilet“ auf dem Programm stand. Die Begründung war unpolitisch, dumm und geschichtslos, der im Grunde antifaschistischen Geschichte des Bauhauses in keiner Weise angemessen. Man hatte allen Ernstes argumentiert, die Design- und Architekturschule als Unesco-Weltkulturerbestätte solle nicht zum Austragungsort politischer Agitation und Aggression werden.