
Die aktuelle Studie der Informationsstelle Militarisierung (Tübingen) widmet sich dem militanten Neo-Nazi-Netzwerk in Bundeswehr, Geheimdiensten, Polizei, Justiz und Parlamenten. Die Studie is von Luca Heyer, hat 16 Seiten und ist datiert auf den 13. Juni 2019, einen Tag nach den Razzien in Mecklenburg-Vorpommern wegen Munitionsdiebstals gegen SEK-Beamte, die im Zusammenhang mit dem Netzwerk zu sehen sind. Heyer liefert eine beachtenswerte Zusammenfassung der Fakten über diesen Organisierungsansatz an der Schnittstelle zwischen Staat und faschistischer Bewegung.
Seit 2017 tauchen immer neue Details über ein militantes, rechtes Netzwerk in der Bundeswehr auf, das Waffendepots anlegte, Feindeslisten anfertigte und sich auf die Ermordung politischer Gegner*innen an einem „Tag X“ vorbereitete. Der Focus berichtete von einem konspirativen „Netzwerk aus circa 200 ehemaligen und aktiven Bundeswehrsoldaten“. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder das Stichwort „Schattenarmee“ – und das wohl zu Recht. Ein ehemaliger Elitesoldat des Kommando Spezialkräfte (KSK), der für dieses Netzwerk angeworben werden sollte, schätzt, es handle sich um einen „harten Kern von 80 bis 100 Personen“, der Waffenlager angelegt habe.
Das Netzwerk besteht aus mehreren Zellen, die durch verschiedene Chatgruppen, den Verein UNITER e.V. und dessen langjährigen Vorstand André S. (Deckname: „Hannibal“) miteinander verbunden sind. Und das ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs. Im Zentrum des Netzwerkes steht André S., ein ehemaliger Elitesoldat. Als Führungsperson des Vereins UNITER und Administrator diverser Chatgruppen stand André S. in direktem Kontakt zu sämtlichen Protagonisten des Netzwerks. Darunter fallen der unter Terrorverdacht stehende Soldat Franco Albrecht, eine Gruppe von rechten Preppern und Reservisten in Mecklenburg-Vorpommern und der baden-württembergische Verfassungsschützer Ringo M., ein ehemaliger Polizist, der in der selben Polizeieinheit wie das NSU-Opfer Michele Kiesewetter gearbeitet hat.
Nach Ansicht der Bundesregierung ist das rechte Netzwerk, das auch als Hannibal-Komplex bezeichnet wird, kein Netzwerk, sondern eine Serie von Einzelfällen. Die Studie zeigt, dass es sich keineswegs um Einzelfälle handelt, sondern um ein weit verzweigtes, gut organisiertes und hochgefährliches Netzwerk. Im Fazit werden verschiedene Theorien zu den Hintergründen des Netzwerks vorgestellt.
Gesamte Studie (pdf) zum download