Dietmar Dath war mal wieder in den USA und verschafft einer erfolgreichen schwarzen Autorin, mit der er dort sprach, Raum in der FAZ, wo er sie betonen läßt,
dass die Bedingungen, die eine Menschengruppe benachteiligen, sich auch in veränderten Rechtslagen sehr lange unter der Institutionalisierungsschwelle reproduzieren: als Gewohnheiten, als Gelegenheiten, einen Startvorteil zu nutzen, ein existierendes Netzwerk von Erleichterungen sozialer Beweglichkeit, als Tradition, als etwas scheinbar Kulturelles, das nicht besser wird, wenn jemand sagt: Hey, endlich gibt es auch schwarze Astronauten und Buchpreisträgerinnen. Denn das stellt eben auch wieder nur fest: Sie sind Ausnahmen, wir sind generös. Und währenddessen werden die Regale intakt gelassen, in denen die Leute ökonomisch und politisch einsortiert werden können. Billigjob zum Beispiel, das heißt dann sehr schnell einfach: Job für Nichtweiße. Wer die Menschenregale baut, wird die Menschen finden, die sie füllen.“
Diese Ökonomie der Migration beobachten wir auf dem Blog wemgehoertdiewelt.de und arbeiteten sie ausführlich schon 2006⁄7 in einem Artikel für den Monthly Review genauer heraus. Dabei kamen wir zu dem Ergebnis:
„The European borderland produces a contemporary form of what Marx famously called the “industrial reserve army.” This must be grasped as the result of a globalized and conflictual process involving many actors and levels of operation. That said, the main profiteers of the current situation are easy enough to identify. Corporations and businesses that exploit cheap migrant labor, as well as firms that supply needed services—such as international banking, transportation, and telecommunications—to the immigrant community, make good money on the backs of this transnational labor force. Resistance is constituted only when migrants organize themselves politically and act in concert with local grassroots groups and trade unions for goals that include but are not limited to the legalization of status. Proposals that take into account and respond to the global inequalities and power asymmetries behind migration and illegality must be put on the agenda. And every successful campaign for an expansion of legal status should be seen as an opportunity for consolidating the base for continued grassroots struggle.“ (Eine deutschsprachige Version dieses Artikels gibt es leider nicht, dafür aber eine chinesische Übersetzung)
Tatsächlich zeigt sich die ökonomische Funktion des Grenzregimes und der Flucht-/Migrationsbewegungen sogar ganz direkt in den gegenwärtigen Einlassungen der Kampforganisationen des Kapitals („Unternehmerverbände“), die eine ganze Palette ehemals von links vorgebrachter Positionen auf ihre Fahnen schreiben, beispielhaft zusammengefasst auf der Homepage der „Unternehmer in Rheinland-Pfalz“ anlässlich des Wahlkampfs dort, aber auch bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): „Potentiale nutzen – geflüchtete Menschen beschäftigen“. Die diskursive Marschrichtung gab schon im Januar 2015 der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) vor. Während der großen Wander- (und Pogrom-)bewegung der 1990er Jahre war das anders, weil das (west-)deutsche Kapital damals voll damit beschäftigt war, sich die ostdeutsche Ökonomie und deren Mitarbeiter als billige Arbeitskräfte einzuverleiben. In der Logik der Ökonomie der Migration heute wiederum liegt es, die beiden zuständigen obersten Bundesbehörden (Bundesagentur für Arbeit, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; beide interessanterweise historisch in Nürnberg) unter eine gemeinsame Leitung zu stellen (so geschehen am 18.9.2015).
Ein Gedanke zu “Ökonomie der Migration”
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