Den etwa 35 Menschen, die sich am vergangenen Sonntag, 29.10.2017, trotz des wahrhaft widrigen Wetters am künftigen Gedenkort für den Anfang April 2012 ermordeten Burak B. an der Ecke Rudower Str. / Möwenweg einfanden, war es ein Bedürfnis, diesen Ort vor der Präsenz von Neonazis zu schützen. Diese hatten schräg gegenüber, nahe den Gebäuden des Klinikums Neukölln eine Kundgebung zum „Gedenken“ an den 2009 im Neuköllner Hospital verstorbenen Rassefanatiker und Erzneonazi Jürgen Rieger angemeldet: Erscheinen sollte an jenem Sonntag dann jedoch niemand von den braunen Horden.
Trotzdem harrten die Demonstrierenden fast bis 12 Uhr dort aus, um sicherzustellen, dass ein derart geschmackloser Aufzug organisierter Nazis dort nicht geduldet, zumindest aber nicht unkommentiert bleiben würde. Redner_innen erinnerten an den bis heute ungeklärten, kaltblütigen Mord an Burak B. und den Mordanschlägen auf seine Freunde, die mit ihm damals am Tattag auf der Straße in ein Gespräch vertieft waren als der Mörder auftauchte und ohne Vorwarnung das Feuer auf die Gruppe eröffnete. Ein Täter oder Tatverdächtiger ist bis heute nicht ermittelt worden.
Der Ablauf der Tat und die Erfolglosigkeit der Ermittlungen boten Redner_innen Gelegenheit, an den NSU, seine Verbrechen und den Prozess gegen 5 Angeklagte im NSU-Prozess zu erinnern und daran, dass die Aufklärung, die der Prozess und unterdessen 13 Parlamentarische Untersuchungsausschüsse geleistet haben, durchaus überschaubar geblieben ist, während viele bohrende Fragen vor allem nach der Verstrickung der Verfassungsschutz genannten Inlandsgeheimdienste und nach der Unterstützung des NSU durch ein bundesweites Nazi-Netzwerk sowie nach weiteren Ungereimtheiten nach wie vor unbeantwortet sind. In diesem Zusammenhang wurde auf die Plädoyerphase im Prozess in München aufmerksam gemacht und darauf, dass ab Mitte November mit den Schlussvorträgen der Nebenklagevertreter_innen zu rechnen ist, welche eine gute Gelegenheit böten, den Prozess noch einmal zu besuchen und Solidarität mit den von den Morden und Anschlägen des NSU Betroffenen zu bekunden. Am Tag X, dem Tag der Urteilsverkündung in München, der derzeit von Beobachter_innen auf März 2018 taxiert wird, wird es in München eine große, bundesweite Demonstration gegen einen Schlussstrich in Sachen NSU geben. Ebenso werden entsprechende Kundgebungen an zahlreichen Orten im Land, u.a. auch in Berlin, für diejenigen vorbereitet, die nicht den weiten Weg nach München auf sich nehmen können.
Auch am kommenden Sonntag, 5. November 2017, steht das Gedenken an Burak B. auf der Agenda: Seit dem 4. April ist am künftigen Gedenkort ganz in der Nähe des tatsächlichen Tatorts schon der Sockel für eine Gedenktafel zu sehen. Am kommenden Sonntag soll diese nun feierlich angebracht und eingeweiht werden.