Faszinierende „Angstmacher“: Unsystematische Abschweifungen zu Thomas Wagners „1968 und die Neue Rechte“

in erin­ne­rung an hen­ning eichberg

Von Volk­mar Wölk

Manch­mal sind es Klei­nig­kei­ten, die bei einem Buch, das man gera­de ver­schlun­gen hat, nach­träg­lich zu einem Grum­meln füh­ren, das all­mäh­lich immer stär­ker wird. So wie bei einem lecke­ren Gericht des­sen reich­li­che und inter­es­san­te Wür­zung dazu geführt hat, dass zunächst nicht zu bemer­ken war, dass das Haupt­pro­dukt wohl nicht mehr ganz frisch war. Beim jüngs­ten Buch von Tho­mas Wag­ner, „Die Angst­ma­cher. 1968 und die Neue Rech­te“, einem sowohl sehr lesens­wer­ten als auch sehr dis­kus­si­ons­be­dürf­ti­gen Band, war der Aus­lö­ser die­ses zuneh­men­den Unwohl­seins der Teil eines Gesprächs des Autors mit Hen­ning Eich­berg, einem lang­jäh­rig füh­ren­den Ideo­lo­gen der natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren Strö­mung der Neu­en Rech­ten[1], das in dem Kapi­tel „Der Sound der Lin­ken“ wört­lich wie­der­ge­ge­ben wird.

Die Kron­zeu­gin

Kon­kret dreht es sich um einen Leser­brief unter dem Titel „Die bes­se­ren Argu­men­te“[2], einer „Tho­ra Ruth“[3] an die in Argen­ti­ni­en durch den ehe­ma­li­gen hohen NS-Funk­tio­när Wil­fried von Oven her­aus­ge­ge­be­ne Zei­tung „La Pla­ta Ruf – La Voz del Pla­ta“, der seit­dem in der Fach­li­te­ra­tur immer wie­der als kenn­zeich­nen­des Bei­spiel für die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie der extre­men Rech­ten zitiert wird. Nach­ge­wie­sen wer­den soll damit in der Regel, dass sich die ras­sis­ti­schen Inhal­te der extre­men Rech­ten – auch bei dem sich als neu­rechts ver­ste­hen­den Teil – gar nicht ver­än­dert hät­ten, son­dern dass die glei­chen Aus­sa­gen ledig­lich moder­ner for­mu­liert und unver­däch­ti­ger  ver­packt wür­den. Es han­de­le sich um eine Art Mimi­kry.[4] Mit der rich­ti­gen Ent­schlüs­se­lungs­me­tho­de gelin­ge es aller­dings, die­se Tar­nung zu deco­die­ren und den Gehalt frei­zu­le­gen. Sinn des Ein­sat­zes die­ses Zita­tes ist der Nach­weis, dass Ver­än­de­run­gen in der Ideo­lo­gie der extre­men Rech­ten nur behaup­tet wür­den. Durch Adap­ti­on lin­ken Voka­bu­lars sol­le die Lin­ke als ideo­lo­gi­scher Haupt­geg­ner in die Irre geführt wer­den. Zugleich sol­len laut die­ser The­se mög­li­che Brü­cken­schlä­ge von rechts nach links im Sin­ne einer Quer­front[5] ver­sucht werden.

Wag­ner kon­fron­tiert Eich­berg mit die­sem Leser­brief und zitiert aus­führ­lich dar­aus (S.70f.). Er ver­mu­tet, dass sich Eich­berg, des­sen Ver­wen­dung unter­schied­li­cher Pseud­ony­me in sei­nen diver­sen Publi­ka­ti­ons­or­ga­nen und nach Text­sor­ten wech­selnd bekannt ist, sich damals hin­ter der Tarn­iden­ti­tät „Tho­ra Ruth“ ver­steckt hat­te. Ein Indiz, wel­ches die­se The­se begrün­det erschei­nen las­sen konn­te, bestand in der Ver­öf­fent­li­chung des Arti­kels „War­um sind wir Sozia­lis­ten“[6] von Eich­berg (unter dem Pseud­onym „Hart­wig Sin­ger“) im „La Pla­ta Ruf“, der zuvor in der Zeit­schrift „Neue Zeit“ der Akti­on Neue Rech­te[7] erschie­nen war. Eich­berg räumt ein, dass die inhalt­li­che Argu­men­ta­ti­on des Leser­brie­fes star­ke Ähn­lich­kei­ten mit sei­nen dama­li­gen Posi­tio­nen auf­weist, distan­ziert sich aber gleich­zei­tig von den stra­te­gi­schen Aus­sa­gen in dem Bei­trag. Er habe so „nicht geschrie­ben und auch nie gedacht“. Er weist also den Ver­dacht der Mimi­kry von sich. Und: „Ich habe aber kei­ne Ahnung, wer das gemacht hat.[8] Wie jeder gründ­li­che Autor hat­te Wag­ner eine The­se auf­ge­stellt und sich um ihre Veri­fi­zie­rung oder Fal­si­fi­zie­rung bemüht. Er hat­te sich geirrt. Damit ist für ihn der Vor­gang beendet.

Hen­ning Eich­berg (Grau­kopf links) bei einer 1.-Mai-Demo 2016 im däni­schen Oden­se Foto: Privat

Das ist eben­so bedau­er­lich wie fol­gen­schwer. Denn wenn es sich nicht um Eich­berg selbst han­del­te, dann wäre anzu­neh­men, dass der Autor bzw. die Autorin zumin­dest von sei­nem Den­ken beein­flusst wor­den war. Ande­ren­falls hät­ten die­se Ideen zur dama­li­gen Zeit qua­si in der Luft gele­gen, wären dort All­ge­mein­gut ohne nach­weis­ba­ren Ursprung gewe­sen. Gera­de nach dem Bestrei­ten der Urhe­ber­schaft des frag­li­chen Leser­briefs durch Eich­berg wäre es also sowohl von Inter­es­se wie auch von Bedeu­tung gewe­sen, die Hin­ter­grün­de der Per­son Tho­ra Ruth zu erkun­den. Der impli­zi­te Ver­dacht der Mimi­kry gegen die Neue Rech­te fän­de nur dann einen Beleg, wenn die Urhe­be­rin zu die­sem Spek­trum gehört. Rele­vanz hät­te die­ser Beleg nur dann, wenn es nicht um einen schlich­ten Ein­zel­fall han­del­te.[9]

Bei dem Namen han­delt es sich kei­nes­wegs um ein Pseud­onym. Die­ser Umstand ist pro­blem­los durch Recher­che zu bele­gen.[10] Den Spu­ren der Leser­brief­au­to­rin zu fol­gen wäre durch­aus loh­nend gewe­sen, denn ihre Geschich­te und ihre Ein­bin­dung in ein kon­kre­tes Orga­ni­sa­ti­ons­um­feld hät­ten Wag­ner even­tu­ell zum Nach­den­ken über eini­ge sei­ner mit viel Selbst­be­wusst­sein und Ver­ve vor­ge­tra­ge­nen Haupt­the­sen ver­an­lasst. So stimmt er zwar Vol­ker Weiß in des­sen Fest­stel­lung zu, dass es von der Neu­en Rech­ten „immer auch inhalt­li­che und per­so­nel­le Brü­cken zur alten Rech­ten und ins­be­son­de­re zum Kanon der Zwi­schen­kriegs­zeit“ gab. Zugleich aber wider­spricht er vehe­ment des­sen Rela­ti­vie­rung der Ein­schät­zung, bei der Neu­en Rech­ten han­de­le es sich um ein „68 von rechts“, da die­se nur Stil­fra­gen erklä­ren und ansons­ten „kei­ne tie­fe­re Erkennt­nis“ bei­tra­gen kön­ne.[11]Das Gegen­teil ist der Fall“, meint Wag­ner. „Auf das ver­än­der­te Auf­tre­ten kommt es gera­de an.“[12] Dass der Stil Vor­rang vor den Inhal­ten haben soll, wäre erklärungsbedürftig.

Die Geschich­te der kon­kre­ten Per­son Tho­ra Ruth und ihres Leser­brie­fes lässt zumin­dest an der Unbe­dingt­heit die­ser The­se zwei­feln. Tho­ra Ruth (* 12. Mai 1953 in Ulm) stu­dier­te Bio­lo­gie zunächst in Tübin­gen und spä­ter in Mainz (Abschluss als Diplom-Bio­lo­gin). Ein Falt­blatt des Natio­nal­de­mo­kra­ti­schen Hoch­schul­bun­des (NHB), für den sie auch in ihrer Main­zer Zeit aktiv war,[13] aus dem Jahr 1975 weist sie als Kon­takt­per­son für Ulm aus; neben Dia­ne Kru­se (Bre­men) ist sie die ein­zi­ge Frau auf der Lis­te.[14] Inhalt­lich wer­den aus­schließ­lich hoch­schul­po­li­ti­sche The­men benannt, ledig­lich durch eine unver­fäng­li­che Kari­ka­tur wer­den „die Lin­ken“ als Feind­bild bestimmt. Zwar wer­den 23 Orte mit NHB-Ver­tre­tung auf­ge­führt, doch dürf­te die rea­le Mit­glied­schaft in die­ser Stu­die­ren­den­or­ga­ni­sa­ti­on der NPD die Zahl 100 nicht wesent­lich über­schrit­ten haben. Von den auf­ge­führ­ten Funk­tio­nä­ren spielt nur noch Tho­mas Salo­mon (NPD) aktu­ell eine Rol­le, eini­ge ande­re waren spä­ter noch her­aus­ge­ho­ben aktiv (Ronald Drechs­ler [NPD], Bernd Drö­se [NPD, DVU], Hein­rich Ger­lach [NPD, DVU]) Jobit Stolp [Akti­ons­front Natio­na­ler Sozia­lis­ten]), sind aber ent­we­der ver­stor­ben oder zumin­dest nicht mehr sicht­bar tätig; der Groß­teil spiel­te spä­ter kei­ne Rol­le mehr. Nie­mand der auf­ge­führ­ten Per­so­nen ist im Zusam­men­hang mit der Neu­en Rech­ten auf­fäl­lig geworden.

Dies gilt auch für Tho­ra Ruth. Noch wäh­rend des Stu­di­ums schrieb sie 1975 den Auf­satz „Ras­se­mi­schung – Wis­sen­schaft und Ideo­lo­gie“ in der „Neu­en Anthro­po­lo­gie“ der „Gesell­schaft für bio­lo­gi­sche Anthro­po­lo­gie, Euge­nik und Ver­hal­tens­for­schung“ Jür­gen Rie­gers, die kei­nes­wegs am Eth­no­plu­ra­lis­mus Eich­bergs und sei­nes Umfel­des aus­ge­rich­tet war, son­dern viel­mehr einen wis­sen­schafts­för­mig argu­men­tie­ren­den bio­lo­gis­ti­schen Ras­sis­mus ver­trat.[15] An die­sem Umstand scheint qua­si neben­bei eine Schwä­che der Unter­su­chung von Tho­mas Wag­ner auf. Impli­zit geht er von der Neu­en Rech­ten aus und nicht von den Neu­en Rech­ten in unter­schied­li­chen ideo­lo­gi­schen Spiel­ar­ten, mit län­der­spe­zi­fi­schen Spe­zi­fi­ka und his­to­ri­schen Ent­wick­lungs­pha­sen, die teils gra­vie­ren­de ideo­lo­gi­sche Modi­fi­ka­tio­nen beinhalteten.

Ras­se“, Neue Rech­te, alte Rechte

Trotz ihres bio­lo­gi­schen Ras­sis­mus, der sich auch auf die ein­schlä­gi­gen NS-Theo­re­ti­ker wie Hans F.K. Gün­ther berief, könn­te man näm­lich die „Neue Anthro­po­lo­gie“ mit eini­ger Berech­ti­gung in neu­rech­te Zusam­men­hän­ge stel­len, wenn man die Ein­bin­dung des Blat­tes in eine „ras­sis­ti­sche Inter­na­tio­na­le“[16] berück­sich­tigt, die zu viel­fäl­ti­gen Über­schnei­dun­gen sowohl mit dem Dis­kurs als auch dem Autoren­stamm der fran­zö­si­schen neu­rech­ten Zeit­schrift „Nou­vel­le Éco­le“ der dor­ti­gen Haupt­or­ga­ni­sa­ti­on der Nou­vel­le Droi­te, des GRECE, führ­te.[17] Dies jedoch ist als Indiz gegen Wag­ners The­se zu wer­ten, dass das „ver­än­der­te Auf­tre­ten“ ent­schei­dend für die Neue Rech­te sei. Offen­kun­dig wur­de mit­tels eines Netz­wer­kes – eben einer „ras­sis­ti­schen Inter­na­tio­na­le“ – an einer Moder­ni­sie­rung der durch die NS-Pra­xis dis­kre­di­tier­ten ras­sis­ti­schen und euge­ni­schen Theo­rien gear­bei­tet, damit die alten Inhal­te in ver­än­der­ter Form nutz­bar wur­den. Genau aus die­sem Grund erfolg­te 1972 auch die Umbe­nen­nung der bis­he­ri­gen „Gesell­schaft für Erb­ge­sund­heits­pfle­ge“ in den unver­fäng­li­cher klin­gen­den Namen „Gesell­schaft für bio­lo­gi­sche Anthro­po­lo­gie, Euge­nik und Ver­hal­tens­for­schung“. Auch der Namens­wech­sel der Zeit­schrift erfolg­te zu die­sem Zeit­punkt; bis dahin hat­te sie unter dem Namen „Bio­lo­gi­sche Zukunft – Erbe und Ver­ant­wor­tung“ fir­miert.[18] Wäh­rend jedoch das deut­sche Blatt sei­ne inhalt­li­che Aus­rich­tung nicht änder­te und Rie­ger zum NS-Apo­lo­ge­ten ohne jeg­li­che Moder­ni­sie­rungs­be­stre­bun­gen mutier­te, erfolg­ten beim GRECE erheb­li­che Modi­fi­ka­tio­nen der ent­spre­chen­den Ideo­lo­gie hin zu einem kul­tur­dif­fe­ren­zia­lis­ti­schen Ras­sis­mus, die star­ke Ähn­lich­kei­ten mit dem Ver­ständ­nis von „Eth­no­plu­ra­lis­mus“ des frü­hen Hen­ning Eich­berg auf­wei­sen.[19] Eich­berg selbst fir­mier­te zeit­wei­se als deut­scher Kor­re­spon­dent der „Nou­vel­le Éco­le“.[20]

Jür­gen Rie­ger selbst, schon damals Kopf hin­ter dem Pro­jekt „Neue Anthro­po­lo­gie“, nahm im Sin­ne der Netz­werk­ar­beit mehr­fach an den „Saba­burgrun­den“, den regel­mä­ßi­gen Tref­fen der sich her­aus­bil­den­den, natio­nal­re­vo­lu­tio­när gepräg­ten deut­schen Neu­en Rech­ten teil. Zwar unter­schied sich sein bio­lo­gis­ti­scher Ras­sis­mus deut­lich von den unter dem Label „Eth­no­plu­ra­lis­mus“ sich her­aus­bil­den­den Theo­rie­an­sät­zen der Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re, doch stand das gemein­sa­me ideo­lo­gi­sche Pro­jekt der Popu­la­ri­sie­rung des Gedan­kens der Dif­fe­renz von Men­schen­grup­pen im Vor­der­grund. Ein Bin­de­glied dabei war auch der Bezug auf die ver­glei­chen­de Ver­hal­tens­for­schung im Ver­ständ­nis des Nobel­preis­trä­gers Kon­rad Lorenz, die die gene­ti­sche Prä­gung mensch­li­chen Ver­hal­tens stark betonte.

Tho­ra Ruth blieb wei­ter­hin im Umfeld Jür­gen Rie­gers. Sie hei­ra­te­te den däni­schen Arzt Hans Chris­ti­an Peder­sen, einen beken­nen­den Natio­nal­so­zia­lis­ten und engen Bekann­ten Rie­gers. Die­ser unter­stütz­te das Ehe­paar auch juris­tisch für ihre loka­le Grup­pie­rung „Arbeits­ge­mein­schaft Schö­nes Sörup“. In ihrem Wohn­ort Sörup in Schles­wig-Hol­stein „erreg­ten bei­de erst­mals 1985 das Inter­es­se der Öffent­lich­keit, als sie eine Gedenk­re­de zum Volks­trau­er­tag laut­stark und hand­greif­lich stör­ten, in der der Opfer des Wider­stan­des gegen den Natio­nal­so­zia­lis­mus gedacht wur­de.“[21] Akti­vi­tä­ten im direk­ten inter­na­tio­na­len Neo­na­zi- und Holo­caust­leug­ner-Umfeld folg­ten. 1998 ver­ließ das Ehe­paar Deutsch­land in Rich­tung Süd­afri­ka.[22] Zumin­dest publi­zis­tisch blieb Tho­ra Peder­sen, die sich inzwi­schen den Vor­na­men „Andrea“ zuge­legt hat­te, auch nach der Aus­wan­de­rung ein­schlä­gig aktiv. In den nega­tio­nis­ti­schen „Vier­tel­jah­res­hef­ten für freie Zeit­ge­schichts­for­schung“ ver­mu­te­te sie hin­ter den Atten­tä­tern vom 11. Sep­tem­ber 2001 die USA selbst und/oder den israe­li­schen Geheim­dienst Mos­sad.[23] War­um jemand wie Tho­ra Ruth, die durch­gän­gig fest in der alten, NS-gepräg­ten Rech­ten ver­an­kert war, als Kron­zeu­gin für eine neu­rech­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie tau­gen soll, ist nicht tat­säch­lich nachvollziehbar.

Wege aus der Krise?

Ich sehe in dem Vor­gang viel­mehr den Aus­druck einer kom­pli­zier­ten Gemenge­la­ge zu Beginn der sieb­zi­ger Jah­re, in der sich die deut­sche extre­me Rech­te zur dama­li­gen Zeit befand. Sie war gezwun­gen, Aus­we­ge aus einer dop­pel­ten Defen­siv­po­si­ti­on zu fin­den. Einer­seits war ihre eige­ne Offen­si­ve geschei­tert, die mit der Ver­ei­ni­gung wesent­li­cher Tei­le der bis dahin zer­split­ter­ten extre­men Rech­ten in einer gemein­sa­men Par­tei, der NPD, begon­nen hat­te und zunächst erfolg­reich mit dem Ein­zug die­ser For­ma­ti­on in die meis­ten Lan­des­par­la­men­te fort­ge­führt wor­den war, dann aber letzt­lich zum ent­schei­den­den Zeit­punkt, der Bun­des­tags­wahl 1969, uner­war­tet schei­ter­te. Gleich­zei­tig sah sie sich mit dem Auf­stieg einer sich von den sozi­al­part­ner­schaft­lich aus­ge­rich­te­ten DGB-Gewerk­schaf­ten, SPD und der zuvor in die Ille­ga­li­tät gedräng­ten KPD deut­lich unter­schei­den­den aktio­nis­ti­schen und theo­re­tisch rund­erneu­er­ten Lin­ken kon­fron­tiert, deren Dis­kurs in der Öffent­lich­keit  — häu­fig in skan­da­li­sie­ren­der Form — brei­ten Wider­hall fand. Die­ser Auf­schwung kam nur weni­ge Jah­re nach dem Ent­ste­hen die­ser Neu­en Lin­ken, damals eben­falls in einer stra­te­gi­schen Defen­siv­po­si­ti­on der Kräf­te am lin­ken Rand der SPD[24], all­ge­mein völ­lig uner­war­tet. Wag­ner selbst beschreibt die­se Auf­bruchs­stim­mung tref­fend und anschau­lich in dem Unter­ka­pi­tel „Was 1968 war“ (S.13 – 17) und ver­weist auch dar­auf, dass der Erfolg die­ser Bewe­gung nicht zuletzt dar­auf beruh­te, dass sie (unge­wollt) die Initi­al­zün­dung für eine über­fäl­li­ge und drin­gend not­wen­di­ge Moder­ni­sie­rung der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Gesell­schaft lie­fer­te (S.21ff.), die wie­der­um teil­wei­se kon­trär zu ihrem ursprüng­li­chen Anlie­gen war.

Wag­ner neigt aller­dings dazu, ledig­lich das Schlüs­sel­er­leb­nis „1968“ als Aus­lö­ser für das Ent­ste­hen einer Neu­en Rech­ten in der Bun­des­re­pu­blik zu sehen. Min­des­tens eben­so ein­schnei­dend waren jedoch ande­re exter­ne Fak­to­ren wie die Bun­des­tags­wahl 1969, die die Bil­dung einer sozi­al­li­be­ra­len Koali­ti­on aus SPD und FDP zur Fol­ge hat­te. Damit droh­te eine außen­po­li­ti­sche Wen­de hin zu einer Ent­span­nungs­po­li­tik gegen­über dem Ost­block inklu­si­ve der Aner­ken­nung der Oder-Nei­ße-Gren­ze, ver­ant­wor­tet von einem Bun­des­kanz­ler, der – Inbe­griff des Schre­ckens! – aus einer links­so­zia­lis­ti­schen Grup­pe stamm­te und vor allem wäh­rend der NS-Zeit emi­griert war. Statt eines Auf­schwungs des Natio­na­lis­mus zeich­ne­te sich also ein „natio­na­ler Nihi­lis­mus“ ab. Ermög­licht wor­den war die­ses Sze­na­rio aus­ge­rech­net durch das star­ke und zugleich zu schwa­che Abschnei­den der NPD, denn die neue Regie­rungs­ko­ali­ti­on hat­te weni­ger als die Hälf­te der abge­ge­be­nen Stim­men erhal­ten. Die­se Fak­to­ren bei der Beschrei­bung der Ent­ste­hung der Neu­en Rech­ten ein­fach weit­ge­hend aus­zu­blen­den, ist min­des­tens leichtfertig.

Tho­ra Ruth such­te wie vie­le ande­re Akti­ve und Struk­tu­ren der extre­men Rech­ten nach Aus­we­gen aus die­ser Dop­pel­kri­se. Dazu war sie auch bereit, Tei­le der noch im Ent­wick­lungs­sta­di­um befind­li­chen Ideo­lo­gie der Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re zu über­neh­men: „Die Idee des Befrei­ungs­na­tio­na­lis­mus ist in ganz Euro­pa – von Irland und der Bre­ta­gne bis zu den unter­drück­ten Völ­kern Ost­eu­ro­pas – auf dem Vor­marsch.“[25] Das pass­te inhalt­lich zum in Mode kom­men­den Regio­na­lis­mus in Tei­len der Neu­en Lin­ken[26], die sich in etli­chen Publi­ka­tio­nen nie­der­schlug, sowie die dor­ti­ge mar­gi­na­le Debat­te um das Ver­hält­nis von Mar­xis­mus und Nati­on[27], griff erst­mals in die­ser Pha­se Dis­kurs­strän­ge der Neu­en Rech­ten in ande­ren Län­dern, spe­zi­ell in Frank­reich, auf[28], und war zugleich mit dem bis­he­ri­gen Pri­mat des Anti­kom­mu­nis­mus der alten Rech­ten durch­aus kom­pa­ti­bel, auch wenn die­ser Feind nun­mehr als janus­köp­fi­ger ver­stan­den wur­de. „Wir wen­den uns sowohl gegen den sowje­ti­schen Pan­zer­kom­mu­nis­mus als auch gegen den US-Dol­lar­im­pe­ria­lis­mus.“, hieß es bei Tho­ra Ruth. Zumin­dest in der natio­nal­neu­tra­lis­ti­schen Tra­di­ti­ons­li­nie der alten Rech­ten der Nach­kriegs­zeit waren sol­che For­mu­lie­run­gen nicht neu[29]; sie waren aller­dings in der NPD der sech­zi­ger Jah­re deut­lich minoritär.

Weni­ge Jah­re spä­ter sind die­se Ansät­ze bei ihr weit­ge­hend auf­ge­ge­ben und durch einen neu­er­li­chen Vor­rang des Anti­kom­mu­nis­mus abge­löst: „Wer mit uns der Mei­nung ist, daß es end­lich auf­hö­ren muß mit dem Kapi­ta­lis­mus und der Geldsack-‚demokratie‘ der CDU/CSU, FDP, SPD, mit Volks­ver­dum­mung durch die Wer­be­ma­schi­ne­rie, Umwelt­ver­gif­tung durch pro­fit­gie­ri­ge Groß­kon­zer­ne, Agen­ten­tum a la Guil­laume & Co. und Cli­quen­wirt­schaft der Par­tei­funk­tio­nä­re, Unter­drü­ckung des Volks­wil­lens durch Pan­zer­ko­lo­nia­lis­mus, Poli­tir­ren­häu­ser für Anders­den­ken­de, Mau­er, Sta­chel­draht und Minen­fel­der — der soll­te sich ein­mal näher über die Vor­stel­lun­gen und Zie­le des Natio­nal­de­mo­kra­ti­schen Hoch­schul­bun­des infor­mie­ren.“[30]

Uwe Sau­er­mann, der NHB und der Kata­ly­sa­tor Ernst Niekisch

Klein­par­tei­en wie die „Akti­on Neue Rech­te“ sowie die natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren Grup­pen, die die­sen alten Natio­nal­neu­tra­lis­mus erneut auf­grif­fen, übten aller­dings unbe­streit­bar einen spür­ba­ren Ein­fluss auf den Rest der NPD sowie beson­ders deren Unter­or­ga­ni­sa­tio­nen NHB und Jun­ge Natio­nal­de­mo­kra­ten (JN) aus[31], in denen sich haupt­säch­lich die rela­tiv weni­gen und geis­tig beweg­li­chen Akti­ven der Par­tei betä­tig­ten. Ohne dass dadurch die­se Grup­pen ins­ge­samt neu­rechts geprägt gewe­sen wären, bestand ein län­ger­fris­ti­ger, enger Dis­kurs, der etli­che Funk­tio­nä­re und  Aktivs­ten beein­fluss­te und ver­än­der­te. Es han­del­te sich dabei um ein stän­di­ges Wech­sel­spiel aus Kon­kur­renz und Kooperation.

Ein Bei­spiel dafür ist der 1974 gewähl­te Bun­des­vor­sit­zen­de des NHB, Uwe Sau­er­mann[32], ein ehe­ma­li­ger Spre­cher der radi­kal-völ­ki­schen Mün­che­ner Bur­schen­schaft Danu­bia, der offen­kun­dig stark von dem natio­nal­bol­sche­wis­ti­schen Theo­re­ti­ker Ernst Nie­kisch[33] beein­flusst war. Durch sei­ne Autoren- und Her­aus­ge­ber­tä­tig­keit sorg­te er dafür, dass Nie­kisch inner­halb der extre­men Rech­ten Nach­kriegs­deutsch­lands einem brei­te­ren Publi­kum bekannt und ent­ge­gen der bis­her über­wie­gen­den Les­art als Teil des eige­nen Lagers ver­stan­den wur­de.[34] Sau­er­mann, „der wohl als ers­ter im Lager der heu­ti­gen Tra­di­ti­ons­rech­ten das ideo­lo­gi­sche Bünd­nis mit dem ‚natio­na­lis­ti­schen Auf­be­geh­ren im lin­ken Lager‘ emp­fahl[35], sorg­te als Ver­ant­wort­li­cher für das Ver­bands­or­gan „NHB Report“ dafür, dass durch ent­spre­chen­de Bei­trä­ge in dem Blatt in der eige­nen, ideo­lo­gisch dis­pa­ra­ten Orga­ni­sa­ti­on die Moder­ni­sie­rungs­be­stre­bun­gen inner­halb der extre­men Rech­ten popu­la­ri­siert wur­den[36].

Zugleich ver­wies er immer wie­der dar­auf, dass es für eine natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re Beset­zung der „natio­na­len Fra­ge“ durch­aus Bünd­nis­part­ner auf der Lin­ken gebe. Gera­de­zu genüss­lich zitiert er Aus­füh­run­gen von Tho­mas Schmid, ehe­mals Mit­glied des SDS in Frank­furt, dann der Spon­ti-Grup­pe „Revo­lu­tio­nä­rer Kampf“ und noch spä­ter der Redak­ti­on der Zeit­schrift „Auto­no­mie. Mate­ria­li­en gegen die Fabrik­ge­sell­schaft“, aus dem Jahr 1978, zehn Jah­re nach der Revol­te, die auch eine tat­säch­li­che Ent­na­zi­fi­zie­rung der Bun­des­re­pu­blik zum Ziel gehabt hat­te: „Ich mag die­se Unter­wür­fig­keit nicht mehr: von aus­län­di­schen Genos­sen nur akzep­tiert zu sein, wenn ich mein eige­nes Land ver­leug­ne. Das ist eine Sack­gas­se, das steht in der Tra­di­ti­on der impe­ria­lis­ti­schen Ent­na­zi­fi­zie­rung durch die gott­ver­damm­ten Yan­kees, die die Demo­kra­tie bei uns ver­ord­net haben.“[37] Ange­sichts solch rasan­ter und ver­blüf­fen­der Posi­ti­ons­wech­sel, die im Fal­le Schmids zu lei­ten­den Tätig­kei­ten bei den kon­ser­va­ti­ven Zei­tun­gen „Welt“ und „FAZ“ führ­ten, stellt die damals füh­ren­de Monats­zeit­schrift der extre­men Rech­ten „Nati­on Euro­pa“ „die flie­ßen­den Gren­zen zwi­schen Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren, die von der Jun­gen Rech­ten abstam­men, und unor­tho­do­xen Lin­ken“ als das eigent­lich inter­es­san­te Phä­no­men des poli­ti­schen Wan­dels in der Bun­des­re­pu­blik her­aus und schluss­fol­gert: „Die west­deut­schen Natio­na­lis­ten ste­hen vor dem Pro­blem, dass viel­leicht ein­mal eine Situa­ti­on ein­tre­ten kann, in der deutsch­land­po­li­ti­sche Prio­ri­tä­ten den Ver­zicht auf gesell­schafts­po­li­ti­sche Rechts-Links-Ein­ord­nung for­dern“.[38]

Man kann sol­che und wei­te­re von Sau­er­mann zitier­te Aus­sa­gen auch als Beleg dafür sehen, dass ent­ge­gen der Mei­nung von Tho­mas Wag­ner die Kon­ver­genz der Posi­tio­nen zwi­schen „Lin­ken“ und „Rech­ten“ kei­nes­wegs prio­ri­tär auf „1968“ oder einen Ideo­lo­gie­wan­del der extre­men Rech­ten oder deren ver­än­der­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie zurück­zu­füh­ren war, son­dern durch die Über­nah­me genu­in rech­ter Topoi, beson­ders der natio­na­lis­ti­schen Ideo­lo­gie, durch eini­ge Reprä­sen­tan­ten der Neu­en Linken.

Am 17. Juni 1976 zog sich Sau­er­mann als Bun­des­vor­sit­zen­der des NHB zurück; er wol­le sich „auf die ideo­lo­gi­sche und publi­zis­ti­sche Arbeit kon­zen­trie­ren[39]. Das Vor­ha­ben: „Im Rah­men ihrer Nach­wuchs­wer­bung beab­sich­tigt die deut­sche Bur­schen­schaft, sich mit einer eige­nen Zeit­schrift an die Ober­klas­sen der Schu­len zu wen­den. ‚Jun­ges Deutsch­land. Das Maga­zin für Poli­tik und Kul­tur’ soll unter der redak­tio­nel­len Lei­tung von Uwe Sau­er­mann vier­tel­jähr­lich ab Juli die Schü­ler in das bur­schen­schaft­li­che Leben ein­füh­ren und auch schwer­punkt­mä­ßig Fra­gen der in der bur­schen­schaft­li­chen Tra­di­ti­on stets beton­ten deut­schen Ein­heit behan­deln.“[40] Es bleibt beim Plan. Ver­wie­sen wer­den soll jedoch auf den Umstand, dass die gegen­wär­tig als neu­es Phä­no­men zu beob­ach­ten­de star­ke Ver­flech­tung von Bur­schen­schaf­tern wie auch des Gesamt­ver­ban­des Deut­sche Bur­schen­schaft mit der extre­men Rech­ten auch in der dama­li­gen Zeit kei­ne Sel­ten­heit war. So war Hen­ning Eich­berg mehr­fach Autor in den „Bur­schen­schaft­li­chen Blät­tern“, war Refe­rent bei her­aus­ge­ho­be­nen Ver­an­stal­tun­gen von Bur­schen­schaf­ten und trat sogar als Fest­red­ner bei der Jah­res­ta­gung des Aka­de­mi­schen Turn­bun­des auf.[41]

Danach ist Sau­er­mann zwi­schen 1982 und 1990 stän­di­ger frei­er Mit­ar­bei­ter des Baye­ri­schen Rund­funks, sie­del­te als Kor­re­spon­dent wäh­rend der „Wende“-Zeit in die DDR über und grün­de­te dort die „Fern­seh­pro­duk­ti­on Leip­zig“. 2003 wur­de Sau­er­mann vom PDS-Vor­stand ein­ge­la­den, im Rah­men des Neu­jahrs­emp­fangs der Par­tei in Ber­lin sei­nen Film „Die Kin­der von Bag­dad“ zu prä­sen­tie­ren. Er stell­te ihn dort auch in einer Gesprächs­run­de mit sei­nem Co-Autoren Karl Höff­kes[42] vor.[43]

Ein neu­er Schlageter-Kurs?

Höff­kes und Sau­er­mann hat­ten bereits  zwei Jahr­zehn­te zuvor zusam­men­ge­ar­bei­tet, als Autoren des Ban­des „Albert Leo Schla­ge­ter. Frei­heit du ruhe­lo­ser Freund“, der im neo­fa­schis­ti­schen Kie­ler Arndt-Ver­lag erschie­nen war und mit Schla­ge­ter eine Iko­ne der gesam­ten extre­men Rech­ten wür­dig­te[44]. Der Umgang mit Per­so­nen wie Schla­ge­ter, aktiv in meh­re­ren Frei­korps und frü­hes Mit­glied der NSDAP, der von der fran­zö­si­schen Besat­zungs­macht 1923 wegen Sabo­ta­ge­ak­ten auf die Infra­struk­tur im besetz­ten Rhein­land hin­ge­rich­tet wur­de, unter­streicht die enge Lager­ver­bun­den­heit zwi­schen der alten und der neu­en Rech­ten. Wäh­rend die alte Rech­te, reprä­sen­tiert durch den „Deut­schen Block“, noch Jahr­zehn­te nach dem Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges Schla­ge­ter-Fei­ern zu des­sen Todes­tag an sei­nem Grab durch­führ­te[45], wür­dig­te ihn die Neue Rech­te als Vor­bild in ihrer Pres­se: „Heu­te, 64 Jah­re spä­ter, ist bei der Lin­ken dies alles ver­ges­sen, wird Albert Leo Schla­ge­ter in ‚anti­fa­schis­ti­schen‘ Lie­dern und Gedich­ten als ‚Mör­der‘ und ‚Blut­hund‘ beschimpft. Aber es gibt auch ande­re. Der Schrift­stel­ler Mar­tin Wal­ser sieht in Schla­ge­ter weder den ‚käuf­li­chen Lands­knecht‘ noch den ‚Faschis­ten‘, son­dern nennt sei­ne Moti­ve ‚idea­lis­tisch natio­nal‘. Wal­ser hält ihn für einen ‚Bra­ven‘, einen ‚Begab­ten‘, einen ‚Rei­nen‘, für einen, ‚der erzo­gen wur­de, Höhe­rem zu die­nen‘. Von tie­fer Reli­gio­si­tät zeu­gen auch die Brie­fe, die er an sei­ne Eltern schrieb. Mar­tin Heid­eg­ger sag­te am 10. Jah­res­tag der Erschie­ßung Schla­ge­ters in einer Rede als Rek­tor der Frei­bur­ger Uni­ver­si­tät: ‚Schla­ge­ter ist wehr­los und allein den größ­ten und schwers­ten Tod gestor­ben.‘ Schla­ge­ter zu ehren, ist also gewiß mehr als nur eine Pflicht­übung.“[46] Die Per­son – bes­ser: der Mythos – Schla­ge­ter ist bis heu­te ein „Erin­ne­rungs­ort“, der alle Frak­tio­nen der extre­men Rech­ten eint. Wäh­rend die „Frei­en Kräf­te“ bis in das neue Jahr­tau­send hin­ein im Raum Köln/Aachen jähr­lich mit bis zu 200 Teil­neh­men­den des Idols gedach­ten, rühmt sich die Mar­bur­ger Bur­schen­schaft Rheinfran­ken in ihrer „Fuxen­klad­de“: „Auch ande­re poli­ti­sche Ein­zel­ak­tio­nen erreg­ten Auf­se­hen: So zum Bei­spiel das s.g. ‚Schla­ge­ter-Flug­blatt‘, mit dem wir im SS 1993 die vor­bild­li­che Rol­le von Albert Leo Schla­ge­ter auf­zeig­ten.“[47]

All die­se Zusam­men­hän­ge hät­te Wag­ner durch sei­nen Gesprächs­part­ner Hen­ning Eich­berg mit­tels ent­spre­chen­der Nach­fra­gen wäh­rend des Inter­views erfah­ren kön­nen. Nicht nur bei die­sem Bei­spiel ist auf­fäl­lig, dass kri­ti­sche Inter­ven­tio­nen oder sol­che, die zur bes­se­ren Ein­ord­nung des Geschil­der­ten hät­ten die­nen kön­nen, unter­blei­ben. Es ent­steht der Ein­druck, Wag­ner sei durch die por­trä­tier­ten „Angst­ma­cher“ ganz und gar nicht ver­ängs­tigt, son­dern viel­mehr in einem Maße fas­zi­niert, dass dies der Ana­ly­se schadet.

Die natio­na­le Fra­ge als revo­lu­tio­nä­rer Störfaktor“

Ihm ent­geht auf die­se Wei­se, dass der Moder­ni­sie­rungs­schub ab Ende der sech­zi­ger Jah­re brei­te Krei­se der extre­men Rech­ten erfass­te und dass bei­lei­be längst nicht alle der nach neu­en Wegen Suchen­den sich in Rich­tung einer wie auch immer gear­te­ten Neu­en Rech­ten beweg­ten. Er unter­lässt die Über­prü­fung sei­ner zen­tra­len The­se, dass damit begon­nen wur­de, „von den Akti­ons­for­men der Neu­en Lin­ken zu ler­nen“ (Klap­pen­text). Er hät­te sonst bemerkt, dass es wesent­lich um eine Aus­ein­an­der­set­zung mit den Inhal­ten jener Neu­en Lin­ken ging, deren ideo­lo­gi­schen Ansät­ze und stra­te­gi­schen Schluss­fol­ge­run­gen für die extre­me Rech­te selbst­ver­ständ­lich eben­so unge­wohnt und ver­blüf­fend waren wie für wei­te Tei­le der alten Lin­ken. Ihm wäre auf­ge­fal­len, dass der Kern der Aus­ein­an­der­set­zung nach wie vor die „natio­na­le Fra­ge“ war, dass Hoff­nung auf eine mög­li­che Zusam­men­ar­beit jeweils dann auf­keim­te, wenn sich Ver­tre­ter der Lin­ken auf den Dis­kurs des Natio­na­lis­mus ein­lie­ßen oder ihn gar bedienten.

Obwohl die Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re bei sei­nen Exkur­sen in die jün­ge­re Geschich­te eine wesent­li­che Rol­le spie­len, ver­nach­läs­sigt Wag­ner so den Umstand, dass es ein Merk­mal die­ser Pha­se war, dass die Wie­der­an­eig­nung ver­schüt­te­ter (links­so­zia­lis­ti­scher) Ansät­ze auf der Lin­ken ihre Ent­spre­chung in einem Theo­rie­schub auf der Rech­ten hat­te, die zur Nut­zung nach Art eines Stein­bru­ches von jeweils für geeig­net erschei­nen­den Autoren des eige­nen Lagers, näm­lich der diver­sen Strö­mun­gen der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on, führte.

Der Name Ernst Nie­kisch, der unver­zicht­bar für die Ent­wick­lung des natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren Stran­ges der Neu­en Rech­ten im Nach­kriegs­deutsch­land war[48], wird in Wag­ners Band an kei­ner Stel­le auch nur erwähnt, obwohl von Nie­kischs Leben und Arbeit auch durch Wag­ner umfas­send por­trä­tier­te Ver­tre­ter der aktu­el­len Neu­en Rech­ten wie Bene­dikt Kai­ser in beträcht­li­chem Maße zeh­ren. Und nicht zuletzt bleibt somit völ­lig außer­halb Wag­ners Blick der bemer­kens­wer­te Umstand, dass es bereits in der Pha­se vor „1968“ regel­mä­ßi­ge, inten­si­ve Kon­tak­te zwi­schen der Ber­li­ner Grup­pe des SDS und Nie­kisch gab. 1962 trat der alte Natio­nal­bol­sche­wist Ernst Nie­kisch der För­de­rer-Gesell­schaft des SDS bei und kan­di­dier­te für deren Kura­to­ri­um. Ohne Über­trei­bung kann von einem Ein­fluss sei­nes Den­kens auf die Neue Lin­ke gespro­chen wer­den.[49] Dies gilt auch, wenn der Behaup­tung Bernd Rabehls, die Beschäf­ti­gung mit der „Fra­ge der natio­na­len Befrei­ung“ der Kolo­nia­li­sier­ten habe dazu geführt, dass SDS und Neue Lin­ke „des­halb die natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren Schrif­ten von Ernst Nie­kisch und Bäum­ler van der Bruck (sic!) stu­diert“ hät­ten, „um eine Kon­zep­ti­on der natio­na­len Wie­der­ge­burt des deut­schen Vol­kes in eine links­re­vo­lu­tio­nä­re Tra­di­ti­on zu stel­len[50], mit Zurück­hal­tung begeg­net wer­den soll­te, denn Rabehls Erin­ne­rung ver­än­dert sich deut­lich im Lau­fe der Jah­re. 2002, zum Zeit­punkt der Ver­fas­sung der zitier­ten Zei­len, war er bereits seit eini­gen Jah­ren in das Lager der extre­men Rech­ten gewech­selt, hat­te also ein Inter­es­se an der Inter­pre­ta­ti­on, er habe gar kei­nen Bruch mit sei­ner Ver­gan­gen­heit voll­zo­gen, son­dern ledig­lich an vor­über­ge­hend ver­schüt­te­te Quel­len ange­knüpft.[51]

Die Nie­kisch-Rezep­ti­on in der frü­hen Bun­des­re­pu­blik war einer­seits geprägt durch Publi­ka­tio­nen, die des­sen Rol­le als rech­ter Kon­kur­rent Hit­lers rela­ti­vier­ten oder gar aus­blen­de­ten, ande­rer­seits durch Inter­pre­ta­tio­nen sei­ner Bio­gra­fie, die sei­ne füh­ren­de Zuge­hö­rig­keit zu lin­ken Orga­ni­sa­tio­nen und vor allem sei­ne Ver­fol­gung durch das NS-Regime in den Mit­tel­punkt stell­ten.[52] Auch für den SDS, wie für die gesam­te Neue Lin­ke, nahm die „natio­na­le Fra­ge“ einen erheb­li­chen Stel­len­wert ein[53]; Per­so­nen, die durch Leben und Werk für die Suche nach einem „drit­ten Weg“ jen­seits von Ost und West stan­den, fan­den des­halb schnell Gehör in die­sen Krei­sen, die unkon­ven­tio­nel­len Ansät­zen gegen­über auf­ge­schlos­sen waren. Dies traf beson­ders auf Ernst Nie­kisch zu, der umstands­los dem eige­nen Lager zuge­schla­gen wur­de.[54] Sol­che wech­sel­sei­ti­gen Beein­flus­sun­gen von Neu­er Lin­ker und ent­ste­hen­der Neu­er Rech­ter blei­ben außer­halb von Wag­ners Blick, obwohl sie genau das zen­tra­le The­men­feld sei­ner Betrach­tun­gen betreffen.

Neue Rech­te vor 1968

Und nicht zuletzt igno­riert Wag­ner, dass die deut­sche Neue Rech­te zwar in den Jah­ren ab „1968“ einen beträcht­li­chen Auf­schwung erleb­te, aber einen deut­li­chen publi­zis­ti­schen und orga­ni­sa­to­ri­schen Vor­lauf vor die­ser mythi­schen Jah­res­zahl hat­te. Aus der bün­di­schen „Gefähr­ten­schaft“ her­aus war bereits 1963 die Zeit­schrift „Frag­men­te“ um den Ham­bur­ger Peter Plet­te ent­stan­den, in der Ansät­ze neu­rech­ten Den­kens trans­por­tiert wur­den. Im März 1964 folg­te die Zeit­schrift „Jun­ges Forum“. Zum Selbst­ver­ständ­nis hieß es: „JUNGES FORUM soll allen jenen volks­be­wuß­ten Kräf­ten offen­ste­hen, die sich über neue For­men und neue Grund­la­gen Gedan­ken machen. Leu­te mit Vor­ur­tei­len, die gest­ri­gem Erle­ben und Den­ken ent­sprin­gen, sol­len nicht ange­spro­chen wer­den. (…) JUNGES FORUM will Organ einer neu ent­ste­hen­den Anschau­ung und Lebens­hal­tung sein. Es will kei­ne Dog­men ver­kün­den, son­dern zum Nach- und Mit­den­ken anre­gen und neue Ansät­ze auf­zei­gen.“ Wesent­li­ches Ziel war also eine Abkehr von der domi­nan­ten NS-ori­en­tier­ten oder deutsch­na­tio­na­len Rech­ten. Sich selbst cha­rak­te­ri­sier­te der Kreis um die Zeit­schrift bald als „Soli­d­aris­ten“.

Den Weg zu einer inhalt­li­chen Erneue­rung und Moder­ni­sie­rung such­ten gleich­zei­tig auch schon län­ger bestehen­de Klein­par­tei­en der extre­men Rech­ten wie die „Deut­sche Gemein­schaft“ um den spä­te­ren Grü­nen-Mit­be­grün­der und ers­ten Bun­des­spre­cher der Par­tei, August Hauß­lei­ter[55], der sei­ne poli­ti­sche Lauf­bahn in der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on der Wei­ma­rer Repu­blik begon­nen hat­te.[56] Auch wenn Stöss zutref­fend fest­stellt, „dass die Ideo­lo­gie der DG/AUD trotz poli­tisch-gesell­schaft­li­cher Ver­än­de­run­gen in der Bun­des­re­pu­blik und trotz äußer­li­cher Wand­lungs­pro­zes­se auch der Par­tei selbst seit 30 Jah­ren sub­stan­ti­ell unver­än­dert ist[57], muss zugleich fest­ge­hal­ten wer­den, dass spä­tes­tens mit der Grün­dung der Akti­ons­ge­mein­schaft Unab­hän­gi­ger Deut­scher (AUD) 1965 – nicht zuletzt eine Reak­ti­on auf die kurz zuvor erfolg­te Grün­dung der NPD – ein Moder­ni­sie­rungs­schub sei­ner Par­tei erfolg­te, der neue The­men­fel­der und Ziel­grup­pen erschlie­ßen soll­te, teil­wei­se inhalt­lich par­al­lel zur ideo­lo­gi­schen Arbeit der natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren Klein­grup­pen erfolg­te und beson­ders der natio­nal­neu­tra­lis­ti­schen Aus­rich­tung ein höhe­res Gewicht zuwies. Die­se Erneue­rungs­be­mü­hun­gen der AUD fan­den durch­aus posi­ti­ven Wider­hall in der 68er-Bewe­gung.[58] Tho­mas Wag­ner gibt die Begeg­nung Hen­ning Eich­bergs mit Hauß­lei­ter am Ran­de der Demons­tra­ti­on der extre­men Rech­ten gegen den Besuch des DDR-Minis­ter­prä­si­den­ten Wil­li Stoph 1970 in Kas­sel wie­der. Er erwähnt, dass Eich­berg Hauß­lei­ter „ver­ehr­te“. (S.50) Dabei lässt er es bewen­den. Nicht ein­mal der Ver­such der Erklä­rung, aus wel­chen Umstän­den die­se Ver­eh­rung herrührte.

Wag­ner wid­met dem Besuch von Stoph 1970 in Kas­sel und den Demons­tra­tio­nen von rechts aus die­sem Anlass unter der Über­schrift „Ein neu­er Anfang: Die Rebel­li­on der Natio­na­lis­ten“ zwar brei­ten Raum (S.37 – 42), sieht in den Vor­komm­nis­sen aller­dings vor allem eine ers­te Eman­zi­pa­ti­on von den tak­ti­schen Vor­ga­ben der NPD und betont die Neu­ar­tig­keit der Akti­ons­for­men. So schil­dert er in die­sem Zusam­men­hang auch, dass die DDR-Fah­ne nur weni­ge Schrit­te vom Kon­fe­renz­ge­bäu­de ent­fernt her­un­ter­ge­holt und anschlie­ßend zer­ris­sen wor­den sei. Bei den Tätern habe es sich um „drei als Jour­na­lis­ten getarn­te Rechts­extre­mis­ten aus Schles­wig-Hol­stein“ (S.40) gehan­delt, einer von ihnen, Diet­rich Murs­wiek, ein Mit­glied des NHB. All dies ist eben­so kor­rekt wie der Hin­weis, dass Murs­wiek spä­ter zum ange­se­hen Staats­rechts­pro­fes­sor und CDU-Mit­glied wur­de, ver­fas­sungs­recht­li­che Gut­ach­ten auch für die Bun­des­tags­frak­ti­on der Grü­nen und der LINKEN verfasste.

Trotz­dem erfolgt eine ent­schei­den­de Ver­schie­bung der inhalt­li­chen Per­spek­ti­ve, wenn Wag­ner zugleich aus­blen­det, dass die drei Täter Mit­glie­der der „Deut­schen Jugend des Ostens“ (DJO) waren, Murs­wiek sogar ihrer Bun­des­füh­rung ange­hör­te.[59] Die 1951 gegrün­de­te DJO war orga­ni­sa­to­risch und per­so­nell eng mit dem Bund der Ver­trie­be­nen ver­bun­den, fak­tisch des­sen Jugend­ver­band. Nach Eigen­an­ga­ben sol­len ihm Anfang der sieb­zi­ger Jah­re 160.000 Jugend­li­che ange­hört haben.[60] Die Mili­tanz und die Akti­ons­for­men reich­ten also weit über den Kern der extre­men Rech­ten hin­aus in eta­blier­te Orga­ni­sa­tio­nen, aus denen her­aus es wie­der­um Über­gän­ge zur NPD und deren Unter­or­ga­ni­sa­tio­nen gab. Nie­mand käme nun aller­dings auf die Idee, der DJO und ande­ren an den Vor­komm­nis­sen in Kas­sel betei­lig­ten revan­chis­ti­schen Grup­pie­run­gen auch nur eine Nähe zu Neu­en Rech­ten zu unterstellen.

Blick auf das Vor­bild Frankreich

Was für Deutsch­land nicht rich­tig ist, näm­lich die Zuschrei­bung eines Impe­tus von 1968 auf die Her­aus­bil­dung der Neu­en Rech­ten, ist für Frank­reich auch dann erst recht falsch, wenn Wag­ner behaup­tet: „Mit der Grün­dung des GRECE ant­wor­te­ten jun­ge Rech­te auf die Her­aus­for­de­rung durch eine Neue Lin­ke.“ (S.65) Wag­ner folgt der Dar­stel­lung von Alain de Benoist, wonach das Grün­dungs­tref­fen des GRECE Anfang Mai 1968 in Lyon statt­ge­fun­den habe, die Anmel­dung als Ver­ein im Janu­ar 1969 erfolgt sei.[61] Letz­te­re Ein­schät­zung teilt die Wis­sen­schaft­le­rin Anne-Marie Duran­ton-Cra­bol, erklärt jedoch, die Grün­dung durch 40 jün­ge­re Rechts­in­tel­lek­tu­el­le sei bereits im Janu­ar 1968 in Niz­za erfolgt.[62] Berück­sich­tigt man, dass bereits im Febru­ar 1968 die ers­te Aus­ga­be der GRE­CE-Zeit­schrift „Nou­vel­le Éco­le“ erschien und schon im März 1968 die ers­te Num­mer der „Élé­ments“, damals als „inter­nes Bul­le­tin“ der Grup­pe fir­mie­rend[63], dann erscheint ihre Datie­rung logi­scher. Sie ergänzt, dass die Grün­dung der Grup­pe und ihrer Zeit­schrif­ten eine Reak­ti­on auf die Ein­stel­lung eini­ger wich­ti­ger Zeit­schrif­ten der extre­men Rech­ten gewe­sen sei, an denen die Mit­glie­der der Grün­dungs­grup­pe betei­ligt gewe­sen sei­en. Bei ihnen habe es sich um „die Gene­ra­ti­on des Alge­ri­en­krie­ges“ gehan­delt, geprägt durch die in Frank­reich teil­wei­se mili­tan­ten und sogar ter­ro­ris­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen um den Ent­ko­lo­nia­li­sie­rungs­pro­zess, spe­zi­ell die Eigen­staat­lich­keit Alge­ri­ens.[64]

Die­sem Urteil folgt Pierre-André Tagu­ieff in sei­nem Stan­dard­werk über die fran­zö­si­sche Neue Rech­te. Auf die Fra­ge „Kann man die Schaf­fung des GRECE als eine Reak­ti­on auf die Bewe­gung des Mai 1968 begrei­fen?“ ant­wor­tet  Tagu­ieff unmiss­ver­ständ­lich: „In kei­ner­lei Hin­sicht. Es trifft zwar zu, dass der GRECE sei­ne Sta­tu­ten am 17. Janu­ar 1969 hin­ter­legt hat, aber bereits im Herbst 1967 waren auf natio­na­ler Ebe­ne Kon­tak­te zwi­schen Mili­tan­ten der im Mai 1960 gegrün­de­ten Fédé­ra­ti­on des étu­di­ants natio­na­lis­tes (FEN; Ver­ei­ni­gung natio­na­lis­ti­scher Stu­den­ten) auf­ge­nom­men wor­den.“[65] Die Grün­dung sei viel­mehr die Reak­ti­on auf eine Rei­he von gra­vie­ren­den Miss­erfol­gen des natio­na­lis­ti­schen Lagers gewe­sen, die mit dem Ver­bot der Bewe­gung „Jeu­ne Nati­on“ im Mai 1958 begon­nen hat­ten und vor­läu­fig mit dem voll­stän­di­gen Schei­tern des „Ras­sem­blem­ent Euro­pé­en de la Liber­té“ (REL) bei den Par­la­ments­wah­len des März 1967 ende­te.[66] Die­se Dar­stel­lung ist in der fran­zö­si­schen wis­sen­schaft­li­chen Lite­ra­tur unstrittig.

Natür­lich ist es rich­tig und nütz­lich, dass Wag­ner die Selbst­dar­stel­lung sei­ner Prot­ago­nis­ten wie Alain de Benoist her­an­zieht. Die­se Metho­de wird dann kon­tra­pro­duk­tiv, wenn sie ohne die zusätz­li­che Nut­zung der rele­van­ten Sekun­där­li­te­ra­tur erfolgt. Dies gilt zumal dann, wenn für Bio­gra­fien wie die von Benoist alter­na­ti­ve Ver­sio­nen vor­lie­gen.[67] Die Selbst­be­schrän­kung auf die Ver­si­on der por­trä­tier­ten Akteu­re läuft Gefahr, das von die­sen gewünsch­te Bild des Gesche­hens zu ver­mit­teln, den sub­jek­ti­ven Ein­drü­cken statt den objek­tiv nach­prüf­ba­ren Fak­ten zu fol­gen. Gera­de der Lebens­be­richt Benoists in Inter­view­form, den Wag­ner her­an­zieht, bie­tet etli­che Bei­spie­le für des­sen Ten­denz, die eige­ne Bedeu­tung her­aus­zu­strei­chen und zu über­trei­ben, aus dem GRECE und der Nou­vel­le Droi­te ins­ge­samt sein urei­gens­tes Pro­dukt zu kon­stru­ie­ren. Lang­jäh­ri­ge wich­ti­ge Weg­ge­fähr­ten, die sich im Streit getrennt hat­ten, wie Robert Steu­ckers oder Guil­laume Faye, wer­den dabei in ihrer Rol­le mini­miert. Dies wäre dann ein nicht wesent­li­cher Man­gel, wenn die Aus­füh­run­gen Benoists auf sei­nen per­sön­li­chen Lebens­weg beschränkt wären, wird aber ärger­lich durch den Umstand, dass Benoist für sich in Anspruch nimmt, kom­pe­tent und umfas­send für die gesam­te Nou­vel­le Droi­te spre­chen zu können.

Was also bleibt von Wag­ners The­sen? Nicht viel. Es bleibt eine flüs­sig und anschau­lich geschrie­be­ne Dar­stel­lung, die sehr mate­ri­al­reich ist und nicht zuletzt durch die Inter­views mit eini­gen wich­ti­gen Akteu­ren Innen­an­sich­ten die­ser Sze­ne bie­tet oder viel­mehr hät­te bie­ten kön­nen. Denn die Inter­view­tech­nik des Autors ist nicht sehr aus­ge­feilt. Er lässt die Befrag­ten erzäh­len, bohrt sel­ten nach und hin­ter­fragt in sei­ner anschlie­ßen­den Dar­stel­lung das Gehör­te zu sel­ten. Es ist nach­voll­zieh­bar, dass die­se Vor­ge­hens­wei­se den Bei­fall der Betrof­fe­nen fin­det, er gegen­über ande­ren Ana­ly­ti­kern der Neu­en Rech­ten wie Vol­ker Weiß oder Andre­as Speit posi­tiv her­vor­ge­ho­ben wird.[68]. Das Lob der – ten­den­zi­ell natio­nal­re­vo­lu­tio­när aus­ge­rich­te­ten – Inter­view­ten für Wag­ner dürf­te sich zusätz­lich durch den Umstand ver­stär­ken, dass deren kon­kur­rie­ren­de – eher jung­kon­ser­va­ti­ve – Frak­ti­on der Neu­en Rech­ten nicht im O‑Ton zu Wort kommt und deut­lich knap­per dar­ge­stellt wird. Es mag eine über­zeu­gen­de Begrün­dung für die­se Ver­fah­rens­wei­se geben, doch bleibt Wag­ner die­se schuldig.

Beson­ders gefällt Ellen Kositza Wag­ners zen­tra­le Über­le­gung: „Dabei stell­te ich mir die Fra­ge, ob es tat­säch­lich eine gute Idee sei, rech­te Intel­lek­tu­el­le vom poli­ti­schen Dis­kurs aus­zu­schlie­ßen, wie es immer wie­der geschieht. Ist der offen geführ­te Streit nicht der viel bes­se­re Weg, mit ihnen umzu­ge­hen? Die­je­ni­gen, die eine sol­che Aus­ein­an­der­set­zung in der Ver­gan­gen­heit such­ten, wur­den dafür von links meist scharf kri­ti­siert.“[69]

Natür­lich kann man dar­über dis­ku­tie­ren, ob ein sol­cher Dis­kurs sinn­voll ist. Ein Kri­te­ri­um für die Sinn­haf­tig­keit ist selbst­ver­ständ­lich, wie der künf­ti­ge Gesprächs­part­ner selbst über Sinn und Nut­zen eines Dia­logs mit dem poli­ti­schen Geg­ner denkt. Götz Kubit­schek, Gesprächs­part­ner von Tho­mas Wag­ner und einer der wesent­li­chen deut­schen Prot­ago­nis­ten einer Neu­en Rech­ten, schreibt in dan­kens­wer­ter Offen­heit: „Wozu sich erklä­ren? Wozu sich auf ein Gespräch ein­las­sen, auf eine Betei­li­gung an einer Debat­te? Weil Ihr Angst vor der Abrech­nung habt, bit­tet Ihr uns nun an einen Eurer run­den Tische? Nein, die­se Mit­tel sind auf­ge­braucht, und von der Ernst­haf­tig­keit unse­res Tuns wird Euch kein Wort über­zeu­gen, son­dern bloß ein Schlag ins Gesicht.“[70] Trotz­dem plä­diert Tho­mas Wag­ner für eine sol­che Debat­te, denn es gebe dort auch „Leu­te, die sozia­lis­tisch ori­en­tiert sind und die lin­ke Stra­te­gien und mar­xis­ti­sche Lite­ra­tur stu­die­ren. Für den fähigs­ten Mann auf die­sem Gebiet hal­te ich Bene­dikt Kai­ser, den Ver­lags­lek­tor von Götz Kubit­schek, dem Vor­den­ker der Neu­en Rech­ten. Er sagt, die Lin­ke hat sich von ihren Kern­the­men ver­ab­schie­det. Das betrifft ins­be­son­de­re die SPD, die eine neo­li­be­ra­le Par­tei gewor­den sei, aber auch die Lin­ke, die ihre klas­si­schen The­men­fel­der wie die sozia­le Fra­ge zuguns­ten einer kul­tu­rel­len Iden­ti­täts­po­li­tik auf­ge­ben hat. Eine Poli­tik, die sich vor allem um die Min­der­hei­ten­rech­te küm­mert und dabei die Nöte der abhän­gig Beschäf­tig­ten aus den Augen ver­liert.“[71]

Ver­klau­su­liert stimmt Wag­ner die­ser Kai­ser zuge­schrie­be­nen Ana­ly­se zu. Da ist es eigent­lich fast schon neben­säch­lich, dass er hier Sozia­lis­mus, der stets ega­li­tär aus­ge­rich­tet ist, mit den anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen Kon­zep­tio­nen der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­ti­on, die immer und vor allem anti-ega­li­tär sind, gleich­setzt[72], wenn er sich so unver­hoh­len fas­zi­niert von einem Nach­wuchs-Kader der „Neu­en“ Rech­ten zeigt, der vor weni­gen Jah­ren noch im Nah­feld mili­tan­ter neo­na­zis­ti­scher Grup­pen aktiv war.[73] Andre­as Speit zitiert vor die­sem Hin­ter­grund der lau­fen­den Debat­te um die Not­wen­dig­keit eines Dia­logs mit der „Neu­en“ Rech­ten den fran­zö­si­schen His­to­ri­ker Mau­rice Olen­der, 1993 Mit­in­itia­tor des von 40 Intel­lek­tu­el­len ver­öf­fent­lich­ten „Appel à la vigi­lan­ce“ („Auf­ruf zur Wach­sam­keit“), des­sen Hin­ter­grund eine in Frank­reich begin­nen­de „rot-brau­ne Alli­anz“ war, die eben­falls mit der Not­wen­dig­keit einer demo­kra­ti­schen Streit­kul­tur gerecht­fer­tigt wur­de: „Man kann über alles, aber nicht mit allen reden.“[74]

Man kann auch dar­über strei­ten, ob die Erd­er­wär­mung nicht auch posi­ti­ve Aspek­te habe. Aber, so mein Rat, man soll­te einen gepfleg­ten poli­ti­schen Dis­kurs mit der Neu­en Rech­ten zumin­dest dann ver­mei­den, wenn man kei­nen Begriff davon hat, was Neue Rech­te ist und – nicht zuletzt – war, wel­che Strö­mun­gen es in die­ser Neu­en Rech­ten gibt, wodurch sie sich unter­schei­den und wo sie sich einig sind, wenn der Blick auf eine euro­päi­sche Erschei­nung wie die Neue Rech­te weit­ge­hend natio­nal bor­niert erfolgt, gegen­sei­ti­ge Beein­flus­sun­gen der Sze­nen in den unter­schied­li­chen Län­dern des­halb außer­halb des Blick­fel­des blei­ben, wenn die Ver­wur­ze­lung in der rech­ten Stamm­kul­tur des jewei­li­gen Lan­des als Ursa­che für die spe­zi­fi­sche Ent­wick­lung aus­ge­blen­det wird.

Ein poli­ti­scher Dis­kurs erfolgt nie ohne Zweck. Mir per­sön­lich reicht es nicht aus, wenn sein Ziel nur dar­in bestehen soll­te, die Dis­kurs­part­ner bes­ser ken­nen­zu­ler­nen. Das kann ich auch über die Lek­tü­re ihrer Schrif­ten, neu­er­dings über die Video­mit­schnit­te ihrer Ver­an­stal­tun­gen und Aktio­nen. Momen­tan ist die poli­ti­sche und kul­tu­rel­le Lage (noch) so, dass jeg­li­cher öffent­li­che Dis­kurs mit Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­tern der extre­men Rech­ten – ob neu oder nicht – deren Auf­wer­tung bedeu­tet. Dies kann man natür­lich in Kauf neh­men, wenn man die Gefahr als gering erach­tet. Ich tei­le die­se Auf­fas­sung nicht.

Und nicht zuletzt mag man der Hoff­nung sein, man kön­ne durch die­sen Dis­kurs ein­zel­ne neu­rech­te Expo­nen­ten vom rech­ten auf den rich­ti­gen Weg brin­gen. Ich kann mich des Ein­drucks nicht erweh­ren, dass Tho­mas Wag­ner Hen­ning Eich­berg, des­sen Bio­gra­fie den Band wie ein roter Faden durch­zieht, dabei vor Augen hat. Aber Eich­berg ist in vie­ler­lei Hin­sicht ein Soli­tär, eine Aus­nah­me­erschei­nung. Sei­ne ver­än­der­ten Posi­tio­nen sind das Ergeb­nis eines jahr­zehn­te­lan­gen Pro­zes­ses, teil­wei­se schmerz­haf­ter Brü­che, die auch das Ende lang­jäh­ri­ger Freund­schaf­ten bedeu­te­ten, die zu Distan­zie­run­gen bis über den Tod hin­aus führ­ten.[75] Trotz­dem: das Bei­spiel Eich­berg zeigt, dass ein sol­cher Weg mög­lich ist. Die Erfah­rung lehrt aber auch, dass nur sehr weni­ge bereit sind, ihn tat­säch­lich zu gehen. Natür­lich kann man eine poli­ti­sche Stra­te­gie auf Hoff­nun­gen grün­den. Dann soll­te man aber berück­sich­ti­gen, was der Preis ist, wenn die­se sich nicht erfüllen.

Fuß­no­ten:

[1] Dem Ver­fas­ser ist bewusst, dass es dem Begriff „Neue Rech­te“ einer­seits an jeg­li­cher Erklä­rungs­kraft für das gemein­te poli­tisch-ideo­lo­gi­sche und orga­ni­sa­to­risch-stra­te­gi­sche Phä­no­men man­gelt und ande­rer­seits kei­ner­lei Trenn­schär­fe gegen­über ande­ren Erschei­nun­gen der extre­men Rech­ten gege­ben ist. Abhän­gig von der jewei­li­gen Tra­di­ti­on wird in unter­schied­li­chen Län­dern bis­wei­len sogar gegen­sätz­li­ches unter die­sen Begriff gefasst. Um eine Unter­schei­dung des Gemein­ten zu ermög­li­chen, wird bei­spiels­wei­se in den Sozi­al­wis­sen­schaf­ten in den USA von der „Euro­pean New Right“ (ENR) gespro­chen. Trotz die­ser Beden­ken wird nach­fol­gend durch­gän­gig der Ter­mi­nus „Neue Rech­te“ ver­wen­det, da er all­ge­mein gebräuch­lich ist. Inhalt­lich ori­en­tiert sich hier die benutz­te Begriff­lich­keit an dem ent­spre­chen­den Stich­wort in: Klaus Ahlheim/Christoph Kop­ke (Hg.), Hand­le­xi­kon Rech­ter Radi­ka­lis­mus; Ulm 2017, S.102ff.

[2] Tho­ra Ruth, „Die bes­se­ren Argu­men­te“, in: La Pla­ta Ruf Nr.65 (Sep­tem­ber 1973), S.25

[3] Im Regis­ter von Wag­ners Band taucht die Autorin auf als „Tho­ra, Ruth (Pseud­onym)“ (S.350)

[4] Vgl. Mathi­as Brod­korb, „Vom Ver­ste­hen zum Ent­lar­ven — Über ‚neu-rech­te‘ und ‚jüdi­sche Mimi­kry‘ unter den Bedin­gun­gen poli­ti­sier­ter Wis­sen­schaft“; in: Jahr­buch Extre­mis­mus & Demo­kra­tie, Bd. 22 (2010), S.32 — 63

[5] Zum Begriff sie­he Ahlheim/Kopke aao., S.113ff., zur Ana­ly­se die­ser Stra­te­gie vgl. Richard Geb­hardt, „Quer­front“? Zur Kapi­ta­lis­mus­kri­tik und Dis­kurs­pi­ra­te­rie der Neu­en Rech­ten; in: „Das Argu­ment“ 322 (2017), S.347 — 362

[6] Hart­wig Sin­ger, „War­um sind wir Sozia­lis­ten? Ein Dis­kus­si­ons­bei­trag zum Selbst­ver­ständ­nis der neu­en Bewe­gung“; in: „Neue Zeit“ 4−5÷1973, S.3 u. „Neue Zeit“ 6−7÷1973, S.3f.

[7] Trotz des Namens war dies kei­ne genui­ne Orga­ni­sa­ti­on der Neu­en Rech­ten, obwohl eini­ge Struk­tu­ren und füh­ren­de Ver­tre­ter die­ser Rich­tung an dem Pro­jekt betei­ligt waren. Wesent­lich han­del­te es sich um eine Abspal­tung der NPD, der eine par­la­ments­fi­xier­te Aus­rich­tung vor­ge­wor­fen wur­de. Neben den neu­rech­ten Akteu­ren und Anhän­gern einer eher tra­di­tio­na­lis­ti­schen Strö­mung der Par­tei fan­den sich dar­in auch zahl­rei­che Anhän­ger einer aktio­nis­tisch-hit­le­ris­ti­schen Strömung.

[8] Wag­ner 2017, S.71

[9] So wird die The­se, dass man aus dem Umstand, dass der neu­rech­te Spe­zia­list für Quer­front­an­ge­le­gen­hei­ten Bene­dikt Kai­ser eine – so der Pro­spekt – „kri­ti­sche Ein­ord­nung“ für die in dem neu­rech­ten Klein­ver­lag „Reno­va­nem“ (Bad Schmie­de­berg) 2017 erschie­ne­ne Neu­auf­la­ge des sowje­ti­schen real­so­zia­lis­ti­schen Pro­pa­gan­da­schin­kens „Wie der Stahl gehär­tet wur­de“ von Niko­lai Ost­row­ski ver­fasst hat, nicht schlie­ßen kann, dass die deut­sche Neue Rech­te auf dem Weg zu einem Ein­schwen­ken auf einen tra­di­tio­nel­len ML-Kurs ist, auch ohne wei­te­re Begrün­dung ein­leuch­ten. In die­sem Fall sind dann eher Ideo­lo­ge­me wie Mas­ku­lis­mus, Hero­is­mus, Opfer­be­reit­schaft und Kult der Arbeit von Bedeu­tung. Kai­ser selbst beschreibt das im Unter­ti­tel sei­nes Auf­sat­zes zu „Niko­lai Ost­row­skis Jahr­hun­dert­werk“ als „Rebel­li­on und Lei­den­schaft, Dienst und Dog­ma“ (S.7).

[10] Zu Wag­ners Ent­las­tung sei ange­merkt, dass vor ihm eini­ge durch­aus renom­mier­te Autoren den glei­chen Feh­ler began­gen haben.

[11] Vol­ker Weiß, Die auto­ri­tä­re Revol­te. Die Neue Rech­te und der Unter­gang des Abend­lan­des, Stutt­gart 2017, S.37f.

[12] Wag­ner 2017, S.25

[13] Spe­zi­ell die­se Orts­grup­pe in Mainz ent­sprach in ihrer Mili­tanz wäh­rend der Ver­falls­pha­se der NPD eher dem Bild der aus der Par­tei her­aus gera­de ent­ste­hen­den Grup­pen der „Akti­ons­front Natio­na­ler Sozia­lis­ten“, somit an der SA ori­en­tier­ten Hit­le­ris­ten. „Peter Schumm, Grün­der und Vor­stands­mit­glied der Main­zer NHB-Grup­pe, gehör­te zum »Ord­ner­dienst« der NPD — einer an die »Kampf­zeit« der NSDAP erin­nern­den bewaff­ne­ten Schlä­ger­grup­pe. Schumm ver­üb­te Brand- und Schuß­waf­fen­an­schlä­ge auf das Main­zer DGB-Haus und einen Gewerk­schafts­se­kre­tär. (Spie­gel 331970, S. 58) Am 27. Novem­ber 1975 ver­such­te der NHB, in der Men­sa sei­ne Haus­pos­til­le, den »Deut­schen Stu­den­ten­an­zei­ger«, zu ver­tei­len. Es kam zunächst zu ver­ba­len Pro­tes­ten des Kom­mu­nis­ti­schen Hoch­schul­ver­ban­des (KHV) mit dem Ziel, die Ver­tei­lung des Mach­wer­kes zu ver­hin­dern. In dem im Fol­gen­den ent­stan­de­nen Gedrän­ge greift ein NHB-Mit­glied, der Che­mie­stu­dent Peter Nau­mann, zu einer Schreck­schuß­waf­fe und schießt ein­mal in die Luft. Ein israe­li­scher Kom­mi­li­to­ne ver­sucht Nau­mann zu ent­waff­nen. Nau­mann feu­ert aus nächs­ter Nähe vier­mal.“ (zit. n. nadir​.org /nadir/archiv/Antifaschismus/Organisationen/Hochschulgruppen/Mainz/ntrp.html)

[14] Bei­la­ge zu „Natio­nal-poli­ti­sche Stu­di­en“ 176

[15] Vgl. dazu Gün­ter Rexi­li­us, „Die „Neue Anthro­po­lo­gie“ oder: Men­schen und Geschich­te – von rechts­au­ßen gese­hen“; in: „Psy­cho­lo­gie & Gesell­schafts­kri­tik“ Nr.13/14 (1980)

[16] Micha­el Bil­lig, Die ras­sis­ti­sche Inter­na­tio­na­le. Zur Renais­sance der Ras­sen­leh­re in der moder­nen Psy­cho­lo­gie; Frankfurt/Main, 1981; dort zur „Neu­en Anthro­po­lo­gie“ S.116 — 135

[17] So stellt Ian R. Bar­nes fest, dass „enough evi­dence stron­gly sug­gests a fascist and neo-Nazi heri­ta­ge found in the con­ti­nui­ty of ide­as and per­so­na­li­ties in the jour­na­li­stic world. More sub­stan­ti­al evi­dence can be pre­sen­ted by ana­ly­zing the inter­na­tio­nal links“, zu denen auch die „Neue Anthro­po­lo­gie“ gehört habe. (Ian R. Bar­nes, „The pedi­gree of GRECE“ [Teil II]; in: „Pat­terns of Pre­ju­di­ce“ 4/1980, S.29 – 39, hier: S.34f. Alain de Benoist selbst gehör­te dem Wis­sen­schaft­li­chen Bei­rat der „Neu­en Anthro­po­lo­gie“ an.

[18] „Natio­nal-poli­ti­sche Stu­di­en“ 10/1972, S.12

[19] Vgl. dazu Pierre-André Tagu­ieff, Sur la Nou­vel­le droi­te. Jalons d’une ana­ly­se cri­tique, Paris 1994, bes. S.64 – 106. Tagu­ieff cha­rak­te­ri­siert den Eth­no­plu­ra­lis­mus als „Grund­la­ge der jüngs­ten Dok­trin des GRECE, die sich in der zwei­ten Hälf­te der sech­zi­ger Jah­re her­aus­zu­bil­den beginnt“. Die Nou­vel­le Droi­te neh­me den „Faden einer poli­tisch-phi­lo­so­phi­schen Tra­di­ti­on wie­der auf, die in Deutsch­land… deut­lich stär­ker ver­tre­ten war als in Frank­reich.“ Dabei wer­de ein mensch­li­ches Grund­be­dürf­nis nach Zuge­hö­rig­keit zu einer Grup­pe vor­aus­ge­setzt, es han­de­le sich um eine „gemein­schafts­be­zo­ge­ne“ oder „iden­ti­tä­re“ Logik. (S.IX)

[20] Es han­del­te sich um die Jah­re ab 1972. Damals war Eich­berg neben Armin Moh­ler der wohl wich­tigs­te deut­sche Kon­takt­mann des GRECE. Die Anbin­dung an die „Nou­vel­le Éco­le“ scheint aller­dings eher schwach aus­ge­prägt gewe­sen zu sein. Es lässt sich nur ein Auf­satz von ihm in der Zeit­schrift nach­wei­sen. („Der Tod der olym­pi­schen Idee“, Nr.33)

[21] Rosa Weiß, „Neo­na­zi-Arzt ter­ro­ri­siert Dorf­be­woh­ner“; in: „Der Rech­te Rand“ Nr.8 (Sep­tem­ber 1990), S.15

[22] Bereits 1979 hat­te Tho­ra Ruth bei einer Ver­an­stal­tung des rechts­extre­men „Hoch­schul­rings Tübin­ger Stu­den­ten“ zum The­ma „Süd­afri­kas muti­ger Kampf – aus eige­ner Erfah­rung“ gesprochen.

[23] „blick nach rechts“ 2/2002, S.16

[24] Ich fol­ge Alex Demi­ro­vic in des­sen Ein­schät­zung, die „Geburts­stun­de“ der Neu­en Lin­ken in der BRD sei die 16. ordent­li­che Dele­gier­ten­kon­fe­renz des SFS am 6./7. Okto­ber 1961 gewe­sen, dem Unver­ein­bar­keits­be­schluss der SPD gegen den SDS noch vor­aus­ge­hend. Sie­he Alex Demi­ro­vic, „Die Kon­sti­tu­ti­on der Neu­en Lin­ken als Erneue­rung der Links-Rechts-Top­ik“; in: „Kul­tuR­Re­vo­lu­ti­on“ Nr.26 (1991), S.35 – 41, hier: S.36f.

[25] Auch der damals noch recht neue Ansatz des „Befrei­ungs­na­tio­na­lis­mus“ wur­de in meh­re­ren Aus­ga­ben der „Neu­en Zeit“ der Jah­re 197273 aus­gie­big vorgestellt.

[26] Z.B. Jochen Blasch­ke, Hand­buch der west­eu­ro­päi­schen Regio­nal­be­we­gun­gen (Frankfurt/Main 1980) sowie ders., Volk, Nati­on, inter­ner Kolo­nia­lis­mus, Eth­ni­zi­tät. Kon­zep­te zur poli­ti­schen Sozio­lo­gie regio­na­lis­ti­scher Bewe­gun­gen in West­eu­ro­pa (Ber­lin 1985). Die­se Regio­na­lis­mus­re­zep­ti­on von links fand ihre Ent­spre­chung auf der Rech­ten wie Micha­el Bra­ga, Völ­ker zur Frei­heit! Vom Kampf euro­päi­scher Volks­grup­pen um Selbst­be­stim­mung; Kiel 1982. Hin­ter dem Pseud­onym „Micha­el Bra­ga“ ver­barg sich der lang­jäh­ri­ge NPD-Funk­tio­när Hans-Micha­el Fied­ler; publi­ziert wur­de der Band im neo­fa­schis­ti­schen Arndt-Verlag.

[27] Her­aus­zu­he­ben dabei der Band von Tom Nairn u.a., Natio­na­lis­mus und Mar­xis­mus. Anstoß zu einer not­wen­di­gen Debat­te; Ber­lin 1978. Von den Autoren die­ses Ban­des wur­de Regis Debray zu einem Weg­ge­fähr­ten der Nou­vel­le Droite.

[28] Hier wur­den zu jener Zeit beson­ders die Schrif­ten des bre­to­ni­schen Auto­no­mis­ten und NS-Kol­la­bo­ra­teurs Yann Foué­ré, L’Europe aux cent dra­peaux (Nice 1968) oder die föde­ra­lis­ti­schen Schrif­ten des per­so­na­lis­ti­schen Krei­ses um Alex­and­re Marc rezi­piert. Bereits in der Ent­ste­hungs­pha­se der Nou­vel­le Droi­te ist eine star­ke Betei­li­gung beson­ders bre­to­ni­scher und nor­man­ni­scher Auto­no­mis­ten nicht zu über­se­hen, so der spä­te­re Prä­si­dent des „Mou­ve­ment nor­mand“, Didier Pat­te, oder der 2006 ver­stor­be­ne Schrift­stel­ler Jean Mabi­re, der einen star­ken Ein­fluss auf Hen­ning Eich­berg aus­üb­te. Es ist also kaum zufäl­lig, dass es star­ke inhalt­li­che Über­schnei­dun­gen zwi­schen Foué­rés „Euro­pa der 100 Fah­nen“ und Eich­bergs Ansatz der „Bal­ka­ni­sie­rung für jeder­mann“ (ders., Abkop­pe­lung. Nach­den­ken über die neue deut­sche Fra­ge; Koblenz 1987, S.117 – 149) gibt

[29] Vgl. aus sym­pa­thi­sie­ren­der Sicht Rai­ner Doh­se, Der Drit­te Weg. Neu­tra­li­täts­be­stre­bun­gen in West­deutsch­land zwi­schen 1945 und 1955; Ham­burg, 1974 sowie Wolf Schen­ke, Sie­ger­wil­le und Unter­wer­fung. Auf dem Irr­weg zur Tei­lung; Mün­chen, 1988; als Ana­ly­se Alex­an­der Gal­lus, Die Neu­tra­lis­ten. Ver­fech­ter eines ver­ein­ten Deutsch­land zwi­schen Ost und West 1945 – 1990; Düs­sel­dorf, 2001 und Domi­nik Geppert/Udo Wengst (Hg.), Neu­tra­li­tät – Chan­ce oder Chi­mä­re? Kon­zep­te des Drit­ten Weges für Deutsch­land und die Welt 1945 – 1990; Mün­chen, 2005

[30] Tho­ra Ruth in „JoGu“ Nr. 48, 1978, S. 17; zit. n. https://​www​.nadir​.org/​n​a​d​i​r​/​a​r​c​h​i​v​/​A​n​t​i​f​a​s​c​h​i​s​m​u​s​/​O​r​g​a​n​i​s​a​t​i​o​n​e​n​/​H​o​c​h​s​c​h​u​l​g​r​u​p​p​e​n​/​M​a​i​n​z​/​n​h​b​.​h​tml

[31] So wur­de die Stu­die „Leis­tungs­uni­ver­si­tät und offe­ne Gesell­schaft. Ent­wurf einer Hoch­schul­kri­tik“ („Deut­scher Stu­den­ten-Anzei­ger“, Nr.37 [Janu­ar 1968], S.3f.), ver­fasst von Hart­wig Sin­ger (d.i. Hen­ning Eich­berg), von der Ham­bur­ger Grup­pe des NHB in dem Blatt zur Dis­kus­si­on gestellt. Eine Debat­te über das Papier erfolg­te in der Mai-Aus­ga­be der Zei­tung, deren Auf­la­ge damals angeb­lich bei über 40.000 Exem­pla­ren lag.

[32] Sau­er­mann wird in den „Natio­nal-poli­ti­schen Stu­di­en“ mit der Beschrei­bung vor­ge­stellt, er gehö­re „gleich­zei­tig der Bun­des­lei­tung der Jun­gen Natio­nal­de­mo­kra­ten (JN) an und zählt zu den Expo­nen­ten der Kräf­te im Rechts­be­reich, die anstel­le land­läu­fi­gen ‚Deutsch­na­tio­na­lis­mus‘ einen gesell­schafts­po­li­tisch fun­dier­ten Natio­na­lis­mus neu­en Stils mit betont euro­päi­scher Per­spek­ti­ve wol­len“. (5−6÷1975, S.13)

[33] Zu die­sem v.a. die Dis­ser­ta­ti­on von Micha­el Pitt­wald, Ernst Nie­kisch. Völ­ki­scher Sozia­lis­mus, natio­na­le Revo­lu­ti­on, deut­sches End­im­pe­ri­um (Köln 2002)

[34] Uwe Sau­er­mann, Ernst Nie­kisch. Zwi­schen allen Fron­ten. Mit einem bio-biblio­gra­phi­schen Anhang von Armin Moh­ler; Mün­chen, 1980; Ernst Nie­kisch, Wider­stand. Aus­ge­wähl­te Auf­sät­ze aus sei­nen „Blät­tern für sozia­lis­ti­sche und natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re Poli­tik“, hrsg. v. Uwe Sau­er­mann; Kre­feld 1982, sowie sei­ne Dis­ser­ta­ti­on:  Ernst Nie­kisch und der revo­lu­tio­nä­re Natio­na­lis­mus; Mün­chen, 1985

[35] Arno Klön­ne, „‘Lin­ke Leu­te von rechts‘ und ‚rech­te Leu­te von links‘ damals und heu­te“; in: „Blät­ter für deut­sche und inter­na­tio­na­le Poli­tik“ 1/1983, S.115 – 122, hier S.116. Klön­ne zitiert Sau­er­manns Auf­satz „Ret­ten Lin­ke die Nati­on?“ in „Cri­ticón“ Nr.60/61 (1980), S.194. Sau­er­mann wird in die­ser Aus­ga­be zum zehn­jäh­ri­gen Bestehen von „cri­ticón“ als „zor­ni­ger jun­ger Mann des Jahr­gangs 1947“ vor­ge­stellt.

[36] Vgl. z.B. Gün­ter Bartsch, „Wer­den die Jun­gen Natio­nal­de­mo­kra­ten die Jusos der NPD?“ in „NHB-Report“ Nr.10 (o.J., ca. 1975), S.3 – 6. Vor­sich­tig ver­weist Sau­er­mann in sei­nem Edi­to­ri­al dar­auf, dass sich „die Mei­nung des NHB-Bun­des­vor­stan­des nicht mit jedem Punkt die­ser Dar­stel­lung“ in dem Arti­kel des ehe­ma­li­gen Kom­mu­nis­ten Bartsch, der inzwi­schen zum Chro­nis­ten und Par­tei­gän­ger der Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re gewor­den war, decke, doch wird er sich in sei­nem Kurs durch Bartschs abschlie­ßen­des Urteil bestä­tigt gese­hen haben, wenn es den Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­ren gelin­gen soll­te, „die Zügel der NPD zu über­neh­men, so könn­te auch die­se einen Wie­der­auf­stieg erle­ben.“ (S.6)

[37] zit. n.  „Cri­ticón“ Nr.60/61 (1980), S.194

[38] „Nati­on Euro­pa“ 11−12÷82, zit. n. Klön­ne aao. S.119

[39] „Natio­nal-poli­ti­sche Stu­di­en“ 6/1976, S.12

[40] „Cri­ticón“ Nr.39 (1977), S.44

[41] Hen­ning Eich­berg, Natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­re Strö­mun­gen im moder­nen Euro­pa, in: „Bur­schen­schaft­li­che Blät­ter“, Oktober/November 1974 (Es han­delt sich um die Fest­re­de beim Stif­tungs­fest der Bur­schen­schaft Thes­sa­lia zu Prag in Regens­burg) Eich­berg fragt die Bur­schen: „War­um kam nicht (als Ant­wort auf 1968, d.V.) aus der Rei­he der Bur­schen­schaf­ten eine Initi­al­zün­dung, die Ein­brin­gung der natio­na­len deut­schen Fra­ge als revo­lu­tio­nä­rer Stör­fak­tor? War­um war es nicht die­se Orga­ni­sa­ti­on, die – wie kaum eine ande­re in Deutsch­land – mit den Ursprün­gen der natio­na­len und sozia­len Revo­lu­ti­on im Vor­märz und 1848 his­to­risch ver­bun­den ist, die den ‚objek­ti­ven’ Tat­be­stand der deut­schen Spal­tung in die zwei – oder wenn Sie wol­len: drei – Teil­staa­ten von Bonn, Ost­ber­lin (und Wien) auf die Tages­ord­nung einer revo­lu­tio­nä­ren jun­gen Gene­ra­ti­on setz­te?“ (S.172). Sie­he dane­ben auch Hen­ning Eich­berg, Nati­on Euro­pa – Euro­pa der Völ­ker. Eine Kri­tik und Alter­na­ti­ve zum bür­ger­li­chen Euro­pa­kon­zept, in: „Bur­schen­schaft­li­che Blät­ter“ Januar/Februar 1974, erwei­ter­te Fas­sung eines Vor­tra­ges vor der Euro­pa­ta­gung 74 der Deut­schen Bur­schen­schaft am 4. Mai 1974 in Nürn­berg; sowie: Hen­ning Eich­berg: „Jugend­be­we­gung, Lebens­re­form und der ATB“, in: Alt­her­ren­bund des ATB (Hrsg.): 1883 – 1983 Aka­de­mi­scher Turn­bund. Fest­schrift aus Anlaß des 100jährigen Bestehens; o.O.,  1983, S.53 — 70

[42] Höff­kes „betä­tig­te sich lan­ge Jah­re im Umfeld des BHJ, ins­be­son­de­re beim, dem BHJ nahe­ste­hen­den, Arndt-Ver­lag“ (Klaus Schö­ne­käs, Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land; in: Franz Gre­ß/Hans-Gerd Jaschke/Klaus Schö­ne­käs, Neue Rech­te und Rechts­extre­mis­mus in Euro­pa, Opla­den 1990, S.218 – 349, hier: S.325). 1983 – 86 arbei­te­te er redak­tio­nell bei der Zeit­schrift „Wir selbst“ mit, deren Haupt­au­tor Hen­ning Eich­berg war. Seit 1987 Mit­in­ha­ber des Ver­la­ges „Heitz + Höff­kes“. Wird 2000 Mit­in­ha­ber der Fir­ma ‚Polar-Film‘ in Dort­mund, betrieb außer­dem ein “His­to­risch-Wis­sen­schaft­li­ches Film- und Bild­ar­chiv“ („Jun­ge Frei­heit“ 1200, S.16).

[43] archi​v2007​.sozia​lis​ten​.de/​p​a​r​t​e​i​/​p​a​r​t​e​i​v​o​r​s​t​a​n​d​/​v​o​r​s​t​a​n​d​2​0​0​2​/​b​e​r​i​c​h​t​e​/​v​i​e​w​_​h​t​m​l​?​z​i​d​=​1​2​4​4​0​&​b​s​=​1​&​n=7

[44] Als pro­mi­nen­tes frü­hes Bei­spiel sie­he Albert Magnus Weh­ner, „Albert Leo Schlag­ter“, Leip­zig 1934. Zur Ana­ly­se des  Schla­ge­ter-Kul­tes der extre­men Rech­ten s. z.B. Man­fred Fran­ke, Albert Leo Schla­ge­ter. Der ers­te Sol­dat des 3. Rei­ches. Die Ent­my­tho­lo­gi­sie­rung eines Hel­den, Köln 1980 sowie Chris­ti­an Fuhr­meis­ter: Ein Mär­ty­rer auf der Zug­spit­ze? Glüh­bir­nen­kreu­ze, Bild­pro­pa­gan­da und ande­re Media­li­sie­run­gen des Toten­kults um Albert Leo Schla­ge­ter in der Wei­ma­rer Repu­blik und im Natio­nal­so­zia­lis­mus (www​.zei​ten​bli​cke​.de/​2​0​0​4​/​0​1​/​f​u​h​r​m​e​i​s​t​e​r​/​F​u​h​r​m​e​i​s​t​e​r​.​pdf)

[45] „Stu­di­en von Zeit­fra­gen“ 1063, S.9

[46] Wer­ner Olles, „Albert Leo Schla­ge­ter“, „Neue Zeit“ 287, S.18ff., hier: S.20. Die von 1975 – 1987 publi­zier­te Vier­tel­jah­res­zeit­schrift „Neue Zeit“ (Unter­ti­tel: „Forum für die Sache der Völ­ker“) ist ein natio­nal­re­vo­lu­tio­nä­res Blatt und nicht iden­tisch mit der oben zitier­ten gleich­na­mi­gen Zei­tung der ANR. Der Autor Wer­ner Olles (*1942) war eben­falls Mit­glied im Frank­fur­ter SDS, danach in diver­sen lin­ken Orga­ni­sa­tio­nen von der SPD bis zum Umfeld des Kom­mu­nis­ti­schen Bun­des (KB). 1984 – 1990 war er Redak­ti­ons­mit­glied von „Wir selbst“, seit den neun­zi­ger Jah­ren schreibt er regel­mä­ßig für die „Jun­ge Freiheit“.

Walsers Hom­mage an den Kon­ter­re­vo­lu­tio­när Schla­ge­ter ist in der Lin­ken nicht ohne Vor­bild. Berühmt ist die mehr als frag­wür­di­ge Ehrung nach sei­ner Hin­rich­tung durch den kom­mu­nis­ti­schen Funk­tio­när Karl Radek, abge­druckt in:  Radek, Karl/Hermann Remmele/Ernst Schnel­ler u.a.: Natio­nal­bol­sche­wis­mus in der KPD? Mit einem Nach­wort von Dr. Claus-Mar­tin Wolf­schlag; Hanau 2014 (Reprint der Bro­schü­ren „Schla­ge­ter. Eine Aus­ein­an­der­set­zung. Kom­mu­nis­mus und natio­na­le Bewe­gung“ [1923], „Haken­kreuz oder Sowjet­stern. Deutsch­lands Weg – Deutsch­lands Ret­tung“ [1923], „Sowjet­stern oder Haken­kreuz. Die Ret­tung Deutsch­lands aus der Young­skla­ve­rei und Kapi­tals­knecht­schaft“, „Geheim­ver­hand­lung zwi­schen Nazi-Röhm und Reichs­ban­ner-May­er“ [1932])

[47] S.29f. Kopie im Archiv des Verfassers.

[48] Vgl. dazu v.a. das Kapi­tel „Die Rezep­ti­on des Natio­nal­bol­sche­wis­mus durch die ‚Neue Rech­te‘“ in der Arbeit von Alex­an­der Bahar, Sozi­al­re­vo­lu­tio­nä­rer Natio­na­lis­mus zwi­schen Kon­ser­va­ti­ver Revo­lu­ti­on und Sozia­lis­mus. Har­ro Schul­ze-Boy­sen und der GEG­NER-Kreis, Koblenz 1992, S.157 – 182, der als zen­tra­les Ele­ment bei die­ser „den Ver­such einer Syn­the­se von natio­na­len und sozia­len bzw. sozia­lis­ti­schen Ideen und Zie­len“ aus­macht (S.180).

[49] Mat­thi­as Stan­gel, Die Neue Lin­ke und die Natio­na­le Fra­ge. Deutsch­land­po­li­ti­sche Kon­zep­tio­nen und Ten­den­zen in der Außer­par­la­men­ta­ri­schen Oppo­si­ti­on (APO), Baden-Baden 2013, S.97 — 123

[50] Bernd Rabehl, „Die Pro­vo­ka­ti­ons­eli­te. Auf­bruch und Schei­tern der sub­ver­si­ven Rebel­li­on in den sech­zi­ger Jah­ren“; in: Sieg­ward Lönnendonker/Bernd Rabehl/Jochen Staadt, Die anti­au­to­ri­tä­re Revol­te. Der Sozia­lis­ti­sche Deut­sche Stu­den­ten­bund nach der Tren­nung von der SPD, Bd. 1, 1960 – 1967, Wies­ba­den 2002, S.400 – 512, hier: S.428

[51] Manu­el Sei­ten­be­cher betont, dass es für die­se Behaup­tung Rabehls weder in des­sen frü­he­ren Schrif­ten noch bei Rudi Dutsch­ke einen Beleg gibt. Vgl. Manu­el Sei­ten­be­cher, Mahler, Maschke & Co. Rech­tes Den­ken in der 68er-Bewe­gung?; Pader­born 2013, S.100f.

[52] Para­dig­ma­tisch für die­se Ver­or­tung auf der Lin­ken ist Fried­rich Kaber­mann, Wider­stand und Ent­schei­dung eines deut­schen Revo­lu­tio­närs. Leben und Den­ken von Ernst Nie­kisch; Köln 1973

[53] Vgl. Andrea Lud­wig, Neue oder Deut­sche Lin­ke? Nati­on und Natio­na­lis­mus im Den­ken von Lin­ken und Grü­nen; Opla­den 1995, bes. S.112 — 125

[54] Z.B. Peter Brandt/Herbert Ammon (Hg.), Die Lin­ke und die natio­na­le Fra­ge. Doku­men­te zur deut­schen Ein­heit seit 1945; Rein­bek 1981. Nie­kisch wird dort als eine der „abweichende(n) Stim­men aus dem sozia­lis­ti­schen und links­bür­ger­li­chen Lager“ (S.11) vorgestellt.

[55] Bei Wag­ner (S.46) fälsch­lich als „August Hauß­leit­ner“ vorgestellt.

[56] Zur Bio­gra­fie sie­he Richard Stöss, Vom Natio­na­lis­mus zum Umwelt­schutz: Die Deut­sche Gemeinschaft/Aktionsgemeinschaft Unab­hän­gi­ger Deut­scher im Par­tei­en­sys­tem der Bun­des­re­pu­blik; Opla­den 1980, S.65 — 70

[57] ebd. S.5

[58]  s. Manu­el Sei­ten­be­cher, aao., bes. S.209 — 219

[59] Eck­art Spoo, Deut­sche Jugend gen Osten. Die DJO – Kader­schmie­de des Natio­na­lis­mus; Mün­chen 1970, S.4

[60] Georg Herde/Anke Wag­ner: Revan­chis­ti­sche Poli­tik. Ein­fluss – Kräf­te – Gefahr; Frankfurt/Main 1977, S.152

[61] Alain de Benoist, Mein Leben. Wege eines Den­kens, Ber­lin 2014, S.138

[62] Anne-Marie Duran­toon-Cra­bol, Visa­ges de la Nou­vel­le Droi­te. Le G.R.E.C.E. et son his­toire; Paris 1988, S.30

[63] aao. S.247, sie­he auch Benoist 2014, S.136. Benoist ver­weist an die­ser Stel­le dar­auf, der Titel der Zeit­schrift sei „ein indi­rek­ter Ver­weis auf Geor­ges Sor­el und sei­ne ‚Neue Schu­le‘ des revo­lu­tio­nä­ren Syn­di­ka­lis­mus“ gewe­sen. Wag­ner zitiert Benoist mit den Wor­ten: „In einem wei­te­ren Sin­ne schrei­be ich mich von Sor­el und Pierre-Joseph Proudhon her“. (Wag­ner 2017, S.65) und ana­ly­siert Sor­el tref­fend und aus­führ­lich (S.224ff.), stellt sich dann aller­dings nicht die nahe­lie­gen­de Fra­ge, ob es sich bei der Grün­dung des GRECE um den Ver­such einer aktua­li­sier­ten Wie­der­be­le­bung der „faschis­ti­schen Syn­the­se“ (Zeev Stern­hell, zuerst in ders., Faschis­ti­sche Ideo­lo­gie, Ber­lin 2002, Neu­auf­la­ge im Erschei­nen) gehan­delt haben könn­te. Die neu­er­li­che star­ke Rezep­ti­on Sor­els auch jen­seits sei­nes Haupt­werks „Über die Gewalt“ und beson­ders Pierre-Joseph Proudhons durch die Nou­vel­le Droi­te bleibt außer­halb sei­nes Blick­felds. So hat die jüngs­te Aus­ga­be der „Nou­vel­le Eco­le“ (Nr.67, i.E.) Proudhon als Schwer­punkt­the­ma, fand 2017 ein Kol­lo­qui­um der „Élé­ments“ zu die­sem Theo­re­ti­ker statt und erfolg­te eine Buch­ver­öf­fent­li­chung über ihn durch einen zen­tra­len Kader der Nou­vel­le Droi­te. Es wäre also zu über­prü­fen, ob tat­säch­lich eine Lösung der Grup­pe um Alain de Benoist von den Wur­zeln der „faschis­ti­schen Syn­the­se“ erfolgt ist, oder ob es sich ledig­lich um eine Modi­fi­zie­rung die­ses Ansat­zes in meh­re­ren Schrit­ten handelt.

[64] Duran­ton-Cra­bol (aao., S.241) schreibt dazu: „Das Aben­teu­er der Grup­pe hat sei­ne Wur­zeln im Alge­ri­en­krieg. Als radi­ka­le Anhän­ger eines fran­zö­si­schen Alge­ri­en haben jene, die die Grün­der des GRECE wer­den soll­ten, ihr Schei­tern über­wun­den,  indem sie nach einem Weg such­ten, der weder eine Abkap­se­lung auf ihre eige­nen Krei­se bedeu­te­te, noch eine Bünd­nis mit de Gaul­le. Sie haben die­sen gefun­den, indem sie zuneh­mend den Akti­vis­mus durch den ideo­lo­gi­schen Kampf und die Ver­tei­di­gung der frei­en Welt durch die Suche nach spe­zi­fisch euro­päi­schen Wer­ten ersetz­ten. Die anti-ega­li­tä­re Dok­trin des GRECE, die seit 1968 stän­dig über­ar­bei­tet wur­de, nährt sich aus dem kon­ter­re­vo­lu­tio­nä­ren Erbe, beson­ders dem Vor­bild der Action française.“ Der GRECE erklä­re sich selbst zum Erben der Kon­ser­va­ti­ven Revolution.

[65] Pierre-André Tagu­ieff, Sur la Nou­vel­le droi­te. Jalons d’une ana­ly­se cri­tique; Paris 1994, S.10

[66] ebd. S.10f.

[67] z.B. Marie-Lui­se Christad­ler, „Die ‚Nou­vel­le Droi­te‘ in Frank­reich“, in: Iring Fet­scher (Hg.), Neo­kon­ser­va­ti­ve und „Neue Rech­te“; Mün­chen 1983, S.163 – 215, bes. S.168ff.

[68] z.B. durch Ellen Kositza, https://​sezes​si​on​.de/​5​7​3​6​4​/​w​a​g​ner (abge­ru­fen am 4.12.17)

[69] ebd.

[70] Götz Kubit­schek, Pro­vo­ka­ti­on, Schnell­ro­da 2007, S.30

[71] Tho­mas Wag­ner, „Mit Kohl und Mer­kel ver­schwand die Streit­kul­tur“. Inter­view in „Ber­li­ner Zei­tung“ v. 11.12.2017

[72] Oli­vi­er Dard betont: „Genährt durch Refe­ren­zen an den revo­lu­tio­nä­ren Syn­di­ka­lis­mus (Geor­ges Sor­el, Edouard Berth), nicht zu ver­ges­sen Proudhon oder den spä­ten Geor­ges Valo­is, beruht die von de Benoist ver­tre­te­ne Kon­ser­va­ti­ve Revo­lu­ti­on auf dem Erbe eines nicht-mar­xis­ti­schen und ‚natio­na­len‘ Sozia­lis­mus“. Oli­vi­er Dard, „Nou­vel­le Droi­te“, in: Fré­dé­ric Rouvillois/Olivier Dard/Christophe Bou­tin, Le dic­tion­n­aire du con­ser­va­tis­me, Paris 2017,  S.671 – 675, hier. S.674. Zeev Stern­hell spricht kon­kre­ter von einem anti-mar­xis­ti­schen und anti­ra­tio­na­lis­ti­schen Sozialismus.

[73] Sicht­ba­rer Aus­druck die­ser Ein­bin­dung ist ein gemein­sa­mes Buch­pro­jekt im Eric Fröh­lich, einem der Köp­fe der inzwi­schen ver­bo­te­nen Grup­pie­rung „Natio­na­le Sozia­lis­ten Chem­nitz“: Eric Fröhlich/Benedikt Kai­ser, Phä­no­men Insel­fa­schis­mus. Black­shirts, Blue­shirts und wei­te­re auto­ri­tä­re Bewe­gun­gen in Groß­bri­tan­ni­en und Irland 1918 – 1945; Kiel 2013. Tho­mas Wag­ner scheint von einem Aus­stieg Wag­ners hin zur Lin­ken zu träu­men (S.291), des­sen Ver­gan­gen­heit in NS-ori­en­tier­ten Grup­pen blen­det er aus.

[74] Andre­as Speit, „Mit Rech­ten reden? Gesell­schaft und Medi­en ver­ken­nen die Dis­kurs-Stra­te­gien der ‚Neu­en Rech­ten‘“; in: „Der Rech­te Rand“ Nr.169 (2017), S.3

[75] So unter https://​sezes​si​on​.de/​5​7​2​37/ als Nach­druck aus dem „Staats­po­li­ti­schen Hand­buch“ Bd.3, Schnell­ro­da 2012, S.45f., wo Karl­heinz Weiß­mann vom jung­kon­ser­va­ti­ven Flü­gel der „Neu­en“ Rech­ten urteilt: „Der Einfluß von Eich­bergs Ideen – ins­be­son­de­re des »Eth­no­plu­ra­lis­mus« – auf eine gan­ze Gene­ra­ti­on der jun­gen rech­ten Intel­li­genz war erheb­lich, wenn­gleich sei­ne Sprung­haf­tig­keit und feh­len­de Bereit­schaft zur Aus­ar­bei­tung sei­ner Welt­an­schau­ung letzt­lich immer mit der Ent­täu­schung sei­ner Anhän­ger ende­te.“