Die netten Kolleg_innen von kritisch-lesen.de haben in ihrer aktuellen Online-Ausgabe eine Rezension zu dem Buch „Europas radikale Rechte“ von mir veröffentlicht, auf die ich Euch hiermit aufmerksam machen will:
Martin Langebach, Andreas Speit 2013: Europas radikale Rechte. Bewegungen und Parteien auf Straßen und in Parlamenten. Orell Füssli, Zürich. ISBN: 978−3−280−05483−3. 287 Seiten. 21,95 Euro.
Eine gefällige Reportage-Sammlung haben die beiden Autoren und „Rechtsextremismus“-Experten Martin Langebach und Andreas Speit mit ihrem Buch „Europas radikale Rechte“ vorgelegt. Für Leute, die sich noch nicht viel mit dem rasanten Rechtsruck in Europa beschäftigt haben, mag das Buch eine gute, schnell wegzulesende Einführung sein. Wer schon mal etwas vom Überraschungssieger der österreichischen Nationalratswahlen „Team Stronach“, der Casa-Pound-Bewegung in Italien und der Rechtspartei „Europäische Allianz für Freiheit“ gehört hat, wird das Buch müde zur Seite legen. Immerhin macht es eines deutlich: die Entwicklungen am rechten Rand des europäischen politischen Spektrums sind so schnelllebig, bisweilen diffus und auf so vielen, sich zum Teil völlig widersprechenden Ebenen zu betrachten, dass man sie schlicht nicht überblicken kann. Insofern ist die Reportage vielleicht nicht unbedingt das richtige Mittel, um diese hochkomplexe Materie aufzuschlüsseln, vielleicht war das auch gar nicht die Absicht der Autoren. Weiter
Veranstaltung zum NSU-Komplex im Eine-Welt-Haus in München am 9.12.2013: Aaaron Flanagan (USA), Heike Kleffner (Moderation), Liz Fekete (UK), Mats Deland (Schweden) Foto: NSU-Watch
Eine spannende Fachtagung zum NSU-Komplex mit internationalen Gästen ist am Wochenende 6. — 8. Dezember 2013 in München über die Bühne gegangen und hatte in einer Abendveranstaltung am Montag, 9.12.2013, im voll besetzten Eine-Welt-Haus Ihren Höhepunkt. Wir haben den Abend in den Originalsprachen aufgenommen und wollen Euch alle ermuntern, in diese wirklich spannende Veranstaltung mal reinzuhören.
Ihr findet sie auf der RLS-Homepage hier.
Eine spannende Veranstaltung für alle, die am Knacken von BRD-(Gründungs-)Mythen und an Erinnerungspolitik interessiert sind, findet am kommenden Sonntag, 1.12.2013, um 18 Uhr im Salon der Rosa Luxemburg Stiftung (Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Nähe Ostbahnhof) statt.
Gottfried Oy, Christoph Schneider: Die Schärfe der Konkretion. Reinhard Strecker, 1968 und der Nationalsozialismus in der bundesdeutschen Historiografie
2013 — 252 Seiten — € 24,90;
ISBN: 978−3−89691−933−5
Der Jahrzehntwende von den 1950er zu den 60er Jahren kommt eine wichtige Rolle in zwei historischen Großerzählungen zu. Für die Aufarbeitung des Nationalsozialismus gilt sie als Wendepunkt vom Verleugnen hin zu Auseinandersetzung und Aufarbeitung. Zugleich finden sich hier die Anfänge der Jugend- und Studentenbewegung, die 1968 ihren Höhepunkt erreichte. Diese erinnerungspolitische Konstellation wird in dreierlei Hinsicht aufgenommen. In West-Deutschland war es damals eine kleine Zahl von Einzelpersonen, die an die NS-Vergangenheit rührte, darunter der Student Reinhard Strecker. Einem Gespräch mit dem früheren Aktivisten, dessen Aktion Ungesühnte Nazijustiz 1959⁄60 öffentlich für Wirbel sorgte, folgt ein Essay, der die Entwicklung des Verhältnisses der 68er-Bewegung zum Nationalsozialismus beleuchtet und sie als eine Art Schwundgeschichte rekonstruiert. Ein weiterer Essay prüft die Substanz der erinnerungspolitischen Großerzählung von der erfolgreichen Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Fraglich erscheint es, ob die Geschehnisse zu Zeiten Streckers als Vorgeschichte eines zwar spät, aber doch noch einsetzenden Reifeprozesses der Bundesrepublik aufgefasst werden können. (aus der Verlags-Ankündigung)
Reinhard Strecker ist vielen bis heute kein Begriff, obwohl er einer der Pioniere der bundesdeutschen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist. Bereits Ende der 1950er Jahre begann auf Initiative des damaligen Sprachwissenschaftsstudenten an der Freien Universität Berlin eine kleine Gruppe aus dem Umfeld des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) damit, Materialien über NS-Täter zu sammeln.
Sie recherchierte Dokumente zu Unrechtsurteilen aus der NS-Zeit und veröffentlichte sie mitsamt den Namen der verantwortlichen Richter und Staatsanwälte. Daraus entstand die Ausstellung „Ungesühnte Nazijustiz“. Für die Verjährungsdebatten im Bundestag und die Diskussion personeller Kontinuitäten in bundesdeutschen Behörden gab sie wesentliche Impulse.
Gottfried Oy und Christoph Schneider widmen sich in ihrem Buch „Die Schärfe der Konkretion“ dieser frühen Phase der Auseinandersetzung mit dem NS und ihren Folgen für die Neue Linke vor 1968.
In der Veranstaltung werden die Autoren geschichtspolitische Überlegungen vorstellen, die dem Buch zugrunde liegen.
Reinhard Strecker wird als Akteur der „58er“ aus erster Hand über die frühe NS-Aufarbeitung berichten.
Anschließend gibt es Raum für eine gemeinsame Diskussion dieser Ansätze und ihrer Wirkung.
antifra* schließt sich den Forderungen der betroffenen Projekte an:
Am 4. November 2013 jährt sich die Selbstenttarnung des NSU zum zweiten Mal.
2. November 2013: Demonstration zum Gedenken an die Opfer des NSU, der sich am 4.11.2011 selbst enttarnt hatte Foto: Burschel
Täglich registrieren die Beratungsstellen mehr als zwei bis drei rechtsmotivierte Gewalttaten. Bei den Strafverfolgungsbehörden fehlt eine Zäsur in der Auseinandersetzung mit politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt immer noch. Anlässlich des zweiten Jahrestages der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) kritisieren die Beratungsstellen für Betroffene politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt, dass eine Zäsur bei den Strafverfolgungsbehörden im Umgang mit einschlägigen Gewalttaten noch immer nicht stattgefunden habe. „Wir registrieren täglich zwei bis drei politisch rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierte Gewalttaten,“ sagt Robert Kusche, ein Sprecher der Beratungsprojekte. So wurde beispielsweise am 21. September 2013 ein Imbissbetreiber türkischer Herkunft in Bernburg (Sachsen-Anhalt) von Neonazis an seiner Arbeitsstelle angegriffen und so schwer am Kopf verletzt, dass er zwei Wochen lang im Koma lag und vermutlich bleibende Schäden davon tragen wird. „Und noch immer sind viele Betroffene mit Polizeibeamten und Staatsanwaltschaften konfrontiert, die rassistische Motive ignorieren oder verharmlosen oder den Betroffenen eine Mitverantwortung für die Angriffe zuschreiben,“ so Robert Kusche weiter.
Vor dem Justizzentrum in der Nymphenburger Straße in München: Presserummel beim NSU-Prozess Foto: NSU-Watch
Die Rosa Luxemburg Stiftung kooperiert in Sachen NSU-Komplex eng mit den Partner_innen von NSU-Watch, einem kritischen und unanhängigen Internetprojekt, das sich die Beobachtung, Dokumentation und kritische Begleitung des Prozesses gegen fünf Angeklagte aus dem «Nationalsozialistischen Untergrund» (NSU) und seinem Umfeld auf die Fahnen geschrieben hat. Die wertvolle Arbeit von NSU-Watch hat jetzt mit dem renommierten Otto Brenner Preis der gleichnamigen Stiftung die verdiente Anerkenung erhalten: die RLS gratuliert den Kolleg_innen und freut sich auf weitere fruchtbare Zusammenarbeit.
Die netten Kolleg_innen von kritisch-lesen.de haben eine Rezension des Buches „Eisenkinder“ von Sabine Rennefanz aus meiner Feder veröffentlicht: es ist die Langversion einer Rezension, die in analyse + kritik, Nr. 585, vom 14.8.2013 gekürzt erschienen ist, und die den geneigten Leser_innen nicht vorenthalten werden soll:
http://www.kritisch-lesen.de/rezension/lenin-heisst-jetzt-jesus
Neue Broschüre von Dimitris Psarras
Eine der wichtigsten Folgeerscheinungen der ökonomischen, sozialen und
politischen Krise in Griechenland ist das Auftauchen der offen nationalsozialistischen Gruppierung Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) auf der politischen Bühne des Landes.
Es handelt sich um eine Organisation, die nur wenige Jahre nach dem Ende der Obristen-Diktatur (1967–1974) entstanden ist, aber bis 2009 weitgehend ein Dasein am äußeren Rand der Gesellschaft fristete und kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde.
Seit ihrem offiziellen Gründungsjahr 1980 vertritt Chrysi Avgi – ungeachtet ihrer bislang eher geringen Bedeutung – immer dieselben politischen Botschaften und stützt sich nach wie vor auf denselben Führungskern. Die Organisation hat schon immer gezielt Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung eingesetzt. Wie gelang es dieser allen Ernstes auf den historischen deutschen Nationalsozialismus fixierten Gruppierung über so viele Jahre hinweg, «unsichtbar» und zugleich in ständiger Bereitschaft zu bleiben, um den geeigneten Augenblick abzupassen, ihre hässliche Fratze in aller Öffentlichkeit zu entblößen und damit auch noch einen so großen Erfolg zu haben?
Eine PDF-Version zum Download findet Ihr hier. Eine Papierausgabe der Broschüre wird es ab Anfang Oktober 2013 geben.
Der Journalist und Faschismus-Experte Dimitris Psarras ist auch Autor des (in Griechenland erschienenen) Buchs »Die Schwarze Bibel der Goldenen Morgenröte« über die Geschichte, die Ideologie und die Ziele der griechischen Neonazis. In der neuen Broschüre des Europa-Büros der Rosa Luxemburg Stiftrung sind seine Erkenntnisse nun endlich auf Deutsch zusammengefasst.
Im November 2012 hat Psarras der jungle world ein Interview gegeben.