„Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Selbst Gott kann die Wahrheit nicht ändern. Das können nur Historiker.“ Der das sagt, ist Professor Nicholas Kittri, der hoch betagte Neffe des Widerstandskämpfers Leon Feldhendler, dem an diesem Tag postum ein hoher Orden des polnischen Militärs verliehen wird. Anlass ist der 75. Jahrestag des Häftlingsaufstands im deutschen Massenmordlager Sobibór in Ostpolen, nahe der ukrainischen und der weißrussischen Grenze. Am 14. Oktober 1943 erhoben sich die jüdischen Häftlinge, die den Nazis als Instrumente der Vernichtung in den Gaskammern von Sobibór dienten, gegen ihre Peiniger. Feldhendler und der Leutnant der Roten Armee, Alexander Petscherski, führten den Aufstand an. Die Gefangenen töteten 12 SS-Männer und traten eine verzweifelte Flucht durch Stacheldrahtverhau und das Minenfeld an. Von den etwa 365 Fliehenden erreichten nur rund 200 den nahen, rettenden Wald und flohen weiter. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee Mitte 1944 wurden weitere etwa 150 Geflohene durch die Deutschen, durch polnische Kollaborateure und antisemitische Partisanengruppen ermordet. 47 der ehemaligen Sobibór-Häftlinge überlebten die deutsche Besatzung.
Die faschistische Bewegungspartei „CasaPound Italia“ findet europaweit Nachahmer. Zur Zeit ist es die national-revolutionäre Sammelbewegung „Bastion Social“, die in Frankreich von sich Reden macht.
für Carlo und Nello Rosselli
In den letzten Wochen hat eine neue extrem rechte Bewegung mit den Namen „Bastion Social“ in Strasbourg, Lyon und Chambéry drei Sitze eröffnet. Die Eröffnung eines weiteren Stützpunkts wurde für den 10. Februar in Aix-en-Provence angekündigt. Treibende Kraft der Bewegung ist die extrem rechte Studentenorganisation „Groupe Union Défense“ (GUD). Mit der „Bastion Social“, die das erste Mal im Mai 2017 mit einer Hausbesetzung in Lyon von sich reden machte, ist eine Sammlungsbewegung entstanden, die sich bemüht in dem außerparlamentarischen Bereich der extremen Rechten unterschiedliche Gruppen zusammenzuführen, zu vereinheitlichen und eine national-revolutionäre Bewegung nach dem Vorbild der „CasaPound Italia“ in Frankreich zu kreieren.
Ein anderthalbstündiger Dokumentarfilm über Judenhass in Europa und im Nahen Osten sorgt gerade für Aufsehen. Der Film „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ von Joachim Schröder und Sophie Hafner wird von den öffentlich-rechtlichen Sendern arte und WDR, die ihn in Auftrag gegeben haben, zurückgehalten, angeblich handwerklicher Mängel wegen und weil nicht nach Vereinbarung produziert worden sei. Ausgerechnet die Bild-Zeitung hat in einem Akt von Kommunikationsguerilla den Film kurzerhand für 24 Stunden ins Netz gestellt, getreu dem Motto: „Bild dir deine Meinung“.
Der Film ist aufrüttelnd und alarmierend, es ist wichtig, dass er gezeigt wird. Selbstverständlich kann daran auch Kritik geäußert werden, wo kämen wir sonst hin. Aber um ihn zu beurteilen und überhaupt Kritik oder eben auch Anerkennung zu äußern, muss man ihn auf jeden Fall erst einmal zu sehen bekommen. Tja, und dafür ist man vielleicht sogar bereit, die einführenden Worte des Bild-Reporters Claas Weinmann über sich ergehen zu lassen. Immerhin ist der Film jetzt an mehreren Stellen — in einer noch nicht ganz fertigen Fassung — zu sehen: Klickt mal oben!
Die Art und Weise wie die Auftraggeber gerade mit dem Film und der Kritik umgehen, können nur verwundern. Deswegen haben jetzt über 100 Erstunterzeichner_innen (zu denen der Autor dieser Zeilen gehört) einen offenen Brief unter dem Motto Zeigt die Doku! an die Veantwortlichen geschrieben, in dem sie die Ausstrahlung der Doku fordern. Wer auch findet, dass der Film gezeigt werden muss, kann sich dem Brief auch noch anschließen.
Am gestrigen Mittwochabend, 21.6.2017, hat das ARD die Doku gezeigt und damit zur Diskussion gestellt (eine Woche ist sie in der ARD-Mediathek zum nachträglichen Schauen verfügbar); im Anschluss an die Ausstrahlung wurde die „hitzige Debatte“ über die Doku in der Talkshow Maischberger diskutiert. Mit dabei: Michael Wolffsohn, Norbert Blüm, Ahmad Mansour, Gemma Pörzgen, Rolf Verleger und Jörg Schönenborn. Auch die Disku wird wohl eine Woche abrufbar sein.
Gedenktafel für die deutschen und österreichischen Flüchtlinge in Sanary-sur-Mer, unter ihnen Emil Julius Gumbel // Bild: Anima (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt (1. und 3. v. rechts) und spätere Unterstützer des NSU 1996 vor dem Gerichtsgebäude in Jena, wo sich Manfred Roeder verantworten musste Bild: apabiz e.V.
Die Überschneidungen und teilweise gegenseitige Unterstützung von Geheimdiensten und Neonazis sind in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) nicht erst seit der Selbstenttarnung des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) immer wieder vorgekommen. Im Verlauf der Geschichte der BRD gab es immer wieder undurchsichtige Seilschaften zwischen den Inlands- sowie Auslandsgeheimdiensten und der (west-)deutschen Neonaziszene. Aber auch auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde die deutsche Neonaziszene intensiv beobachtet und Informationen, teilweise auch über menschliche Quellen, eingeholt. Bei einigen Fällen gab es sogar aktive Unterstützung durch die Staatssicherheitsorgane der DDR. Der Journalist Andreas Förster hat sich durch die Stasi-Akten der Abteilung 22, die Abteilung des Ministeriums für Staatssicherheit, zuständig für „Terrorabwehr“, gearbeitet und einige interessante Verbindungen zwischen führenden (west-)deutschen Neonazi-Kadern der 1980er Jahre und der DDR herausgearbeitet. In einem Vortrag bei der Hellen Panke berichtete er über seine Ergebnisse.
Auf einem Kongress in München diskutiert die Antifaschistische Bewegung neue Politikstrategien
Was heißt Antifa? Vier Jahre nach dem Auffliegen des NSU, nach über zwei Jahren rassistisch- völkischer Eskalation, pogromartiger Ausschreitungen in Heidenau, Freital und anderen Orten, täglichen Angriffen auf Geflüchtete und ihre Supporter*innen und dem (Wieder-)Erstarken der AfD scheint diese Frage zurzeit dramatische Relevanz zu haben. Zu tun gäbe es genug für die antifaschistische Bewegung in Deutschland, befände diese sich nicht seit mehreren Jahren in einer strukturellen Krise. Daher müssen neue Organisierungs- und Politikkonzepte her. Raus aus der Defensive, hin zu einer handlungsfähigen Bewegung, die Antworten parat hat. Der Antifa-Kongress in München hat diese Diskussion nun erneut in den Mittelpunkt gestellt.
Die Dokumentation „Deutsche Pop Zustände — eine Geschichte rechter Musik in Deutschland“ widemt sich der Entwicklung neonazistischer Musik in Deutschland
Für Uwe Mundlos, Uwe Böhnhard und Beate Zschäpe, die Rechtsterroristen des NSU (Nationalsozialistischen Untergrund), spielte neonazistische Musik immer eine wichtige Rolle. So ist das erste Bekennervideo der Morde und Bombenanschläge mit den Liedern „Am Puls der Zeit“ und „Kraft für Deutschland“ der Band „Noie Werte“, Urgestein der neonazistischen Rockmusik in Deutschland, unterlegt. Eine neue Dokumentaion, „Deutsche Pop Zustände“, widemt sich genau dieser neonazistischen Musikszene. Dabei wird aber auch die Szene diesseits des RechtsRocks in den Blick genommen und Popmusik allgemein in Deutschland betrachtet. Die Dokumentation geht nicht nur der Frage nach, wie sich die neonazistische Musikszene seit den Siebzigerjahren entwickelt hat, sondern auch in welchem gesellschaftlichen Klima dies geschehen ist.
Marco Schott hat sich mit Thorsten Hindrichs, Musikwissenschaftler aus Mainz, über die Dokumentation und seine Mitarbeit darander unterhalten. Hindrichs beschäftigt sich seit längerer Zeit wissenschaftlich mit neonazistischer Musik und — wie er es nennt — „neuer Deutschrock-Szene“ wie „FreiWild“.
Die Dokumenation findet sich noch bis zum 10.11.2015 immer von 22 — 6 Uhr in der Mediathek von 3Sat.
Eine Veranstaltung versucht das aufklärerische Gehalt des Frankfurter Auschwitz Prozess und dem Münchner NSU-Prozess herausarbeiten
Das Leben von Fritz Bauer, der Generalbundesanwalt, der die Verbrechen in Auschwitz vor Gericht brachte, erfreut sich neuer cineastischer Aufmerksamkeit. Nach einer Verfilmung aus dem Jahr 2014 erschien am 01.10.2015 eine neuer Film über den „Nazijäger“ Fritz Bauer. Aber auch abseites von Spielfilmen ist das Leben und Werk von Fritz Bauer durchaus interessant für die aktuelle Zeit. Eine Veranstaltung in Berlin ergründet Fritz Bauers Verständnis des Frankfurter Auschwitz-Prozesse als mögliche Perspektive auf das Münchner NSU- Verfahren. Ein Gastbeitrag von Ingolf Seidel.