Vertreter*innen verschiedener national-revolutionärer Bewegungen und Bewegungsparteien trafen sich am 30. März 2019 in der belgischen Hauptstadt. Ausgerichtet hatte das Treffen die englische Dependance von CasaPound Italia „The Vortex Londinium“ und, mit großer Wahrscheinlichkeit, Konstantinos Boviatsos, der Assistent des EU-Parlamentariers Georgios Epitideios von der griechischNazi-Partei „Goldene Morgenröte“.
Die Anfang 2018 gegründete Gruppe „The Vortex Londinium“ kommt somit nicht nur in London die Funktion eines transnationalen Brückenkopfs national-revolutionärer Politik zu. Mit Hilfe von Konstantinos Boviatsos scheint die CasaPound-Sektion die organisatorische Lücke schließen zu wollen, die seit dem Verschwinden der großen Konferenzen der französischen GUD (Groupe Union Défense) im Jahr 2014 und 2015 entstanden ist.
Schon im März vergangenen Jahres organisierte „The Vortex Londinium“ ein transnationales Treffen faschistischer Gruppen in London. In der Stadt an der Themse trafen sich Alberto Palladino für „CasaPound Italia“ und „Solidarité Identités“, Melisa Dominguez für „Hogar Social“ aus Spanien, Steven Bissuel für „Bastion Social“ aus Frankreich, sowie Davide Olla und Francesco Susinno für „The Vortex Londinium“ zu einer Podiumsdiskussion. Vor einem relativ kleinen Publikum diskutierten sie die institutionellen Krisen und das Anwachsen der „Identitären Bewegungen“. Bezeichnend dabei, dass nach Definition des Diskutat*innen für „Identitäre Bewegungen“ die neonazistische „Goldene Morgenröte“ einbezieht. Diese Definition von „identitär“ erklärt auch, warum die deutsche Nazi-Kleinpartei „Der III. Weg“ in diesem Jahr in Brüssel anwesend war.
Das diesjährige Treffen war mit dem Titel „Europe needs wind of change – how the upcoming election might or might not change the future of the old continent“ (dt: Europa braucht einen Wind des Wandels — wie die kommende Wahl die Zukunft des alten Kontinents ändern könnte oder nicht) angekündigt. Internetfotos belegen die Anwesenheit von Konstantinos Boviatsos von der griechischen „Goldenen Morgenröte“, von Julian Bender, dem Gebietsleiter „West“ des „Der III. Weg“ aus Deutschland, Francesco Susinno von „The Vortex Londinium“, Andrea Bonazza von „CasaPound Bolzano“ und Valentin Linder von „Bastion Social Strasbourg“. Die angekündigte Melisa Dominguez von „Hogar Social“ war nicht zusehen. Dafür saß eine andere, namentlich noch nicht bekannte junge Frau am Vortragstisch.
Die Fotos belegen eine mit rund 50 Teilnehmer*innen spärlich besuchte Veranstaltung. Dennoch steht sie in der Tradition der Kongresse der Nationalrevolutionäre in den Jahren 2014 und 2015, bei der sich eine ähnliche Konstellation von Bewegungen und Bewegungsparteien traf. Dass der „III. Weg“ daran teilnahm, dürfte nicht nur an dessen Besuch der Acca Larentia-Gedenkdemonstration in Rom am 7. Januar dieses Jahres liegen. „Der III. Weg“ experimentiert schon längere Zeit mit Politikformen im sozialen Bereich, die er der alltäglichen Praxis CasaPound Italias entlehnt.
Meanwhile in Halle/Saale
Dass transnationaler Ideologietransfer Konjunktur bei den Rechten hat und gerade CasaPound Italia bemüht ist, ihr Bewegungsmodell zu exportieren, konnte man an diesem Wochenende auch in Halle (Saale) sehen. Hier fand bei den Identitären in der Bar „Flamberg“ in der Adam-Kuckhoff-Straße eine Veranstaltung unter dem Titel „Italienischer Abend – Kulturkampf von Rechts“ statt. Auf der Internetpräsenz des „Flamberg“ hieß es: „Mit ergreifenden Worten schilderten unsere italienischen Gäste die politische Situation in ihrem Heimatland, diskutierten mit uns Fragen der metapolitischen Strategie und das zweischneidige Schwert des Populismus am Beispiel der italienischen Lega.“ Mit großer Wahrscheinlichkeit war einer der italienischen Gäste Alberto „Zippo“ Palladino. Alberto Palladino war schon im August letzten Jahres zusammen mit Valerio Benedetti zu Gast beim „Jungeuropa Verlag“ in Dresden.
Die national-revolutionären Konferenzen von 2014 und 2015
Die erste transnationale europäische Konferenz der relativ jungen national-revolutionären Parteien und Bewegungen fand am 22. November 2014 in Nanterre/Paris statt. Angekündigt war das Treffen als europäischer Kongress unter dem Motto „Le réveil des nations“ (dt.: „Das Erwachen der Nationen“). Ausgerichtet wurde er durch die Pariser Sektion der rechtsradikalen Gruppe GUD (Groupe Union Défense). Erschienen waren zu dem Kongress Vertreter aus Italien (CasaPound Italia), Mouvement d’Action Sociale (MAS), Synthèse Nationale, aus Belgien „Nation“, aus Spanien Movimiento Social Republicano (MSR), Chrysi Avgi/Die goldene Morgenröte aus Griechenland und aus Zypern die Ethniko Laiko Metopo (ELAM).
Das Podium der Referierenden war hochrangig besetzt. Für die Pariser Sektion der „Groupe Union Défense“ saß ihr damaliger Chef Logan Djian auf dem Podium. Für die neu-rechte “Synthèse Nationale“ ihr Direktor Roland Hélie. Für die belgische „Nation“ der Parteisekretär Hervé Van Laethem. Für CasaPound Italia ihr Vorsitzender Gianluca Ianonne, sowie ihr Auslandssprecher Sébastien de Boëldieu. Für „Chrysi Avgi“ nahm Konstantinos Boviatsos teil. Aus Belgien war ein Vertreter der faschistischen, italienisch-belgischen Kulturorganisation „Zenit“ erschienen. Er hatte schon im Oktober in Antwerpen eine Zenit-Veranstaltung mit Konstantinos Boviatsos und dem Ex-Terroristen Gabriele Adinolfi moderiert. Vertreter der national-revolutionären französischen „Mouvement d’Action Sociale“, der spanischen „Movimiento Social Republicano” und der zypriotischen “Ethniko Laiko Metopo” rundeten die Sprecherrunde ab.
Am Nachmittag referierten die Sprecher der Organisationen vor einigen hundert Zuhörer*nnen. (Laut Veranstalter sollen 600 Personen über den Tag hinweg anwesend gewesen sein.) Zum Auditorium zählten nicht nur junge französische Rechtsradikale beiderlei Geschlechts und verschiedener Organisationen, sondern auch Veteranen der ultra-rechten Szene Frankreichs. Mitglieder der identitäre „Réseau Identités“ und „Terre et Peuple“ waren ebenso erschienen wie der Generalsekretär der „Le Parti de la France“, Thomas Joly.
Auch Militante der besetzten Zentren der spanischen MSR waren gekommen. So Mitglieder des „Hogar Social Ramiro Ledesma de Madrid“. Das „Hogar Social Ramiro Ledesma de Madrid“ und das „Hogar Social Zaragoza“ waren zwei rechte Squats der Movimiento Social Republicano in Madrid und Saragossa, die im Jahr 2014 besetzt wurden. Mit diesen Besetzungen hatte ein Teil der spanischen National-Revolutionäre begonnen das Konzept CasaPound Italias zu imitieren. Parteiintern führte diese politische Ausrichtung zu einer Krise, da ein Teil der MSR diesen Weg nicht mitgehen wollte. Der sich neu orientierende Anteil organisierte am 27. September 2014 im nord-spanischen Santander ein großes Treffen mit verschiedenen ähnlich ausgerichteten spanischen Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen, um sich dort vom CasaPound-Chef Gianluca Ianonne die Organisierung und Finanzierung besetzter Projekte erläutern zu lassen.
Der Pariser Kongress wurde mit den verschiedenen Informationstischen unterschiedlichster Organisationen abgerundet und endete mit einem Rechts-Rock Konzert. Dabei traten die französische Rechts-Rock Band „Baignade Interdite“ und die beiden faschistischen Bands „Blind Justice“ und „Bronson“ aus dem Hause CasaPound Italias auf. Roland Hélie, der Direktor des neu-rechten Online-Magazins „Synthèse Nationale“, zeigte sich begeistert, dass der Kongress in Nanterre hatte stattfinden können.
Die zweite transnationale Konferenz der national-revolutionärer Parteien und Bewegungen fand am 14. November 2015 in Paris statt. „Groupe Union Défense“ und „Mouvement d’Action Sociale“ aus Frankreich, „CasaPound“ aus Italien, die „Goldene Morgenröte“ aus Griechenland, „Hogar Social Madrid“ aus Spanien, Autonome Nationalisten aus Russland und weitere Gruppen waren anwesend. Wiederrum hatte GUD das Treffen organisiert. Angeblich nahmen 500 Personen daran teil. Im kulturellen Rahmenprogramm traten „Ultima Frontiera“ aus Triest/Italien, „Death Penalty“ aus Russland und „Francs Tireurs Patriotes“ (FTP) aus Frankreich auf.
Auch das Azov-Batallion mit seinem internationalen Zweig „Reconquista“ aus der Ukraine war anwesend und bewarb den Militärverband. Gerade zu CasaPound Italia haben die ukrainischen Rechtsradikalen ein besonderes Verhältnis. Schon 2011 besuchte Gianluca Ianonne und Sébastien de Boëldieu die Ukraine, italienische Faschisten wie Francesco Fontana kämpften im Azov-Batallion, Funktionäre des Azov-Batallion bereisten Italien und besichtigten CasaPound Einrichtungen. Schließlich schuf sich Azov nach CasaPound-Vorbild eine Partei, einen Sozialverband und, der Via Napoleone III entsprechend, ein „Kosakenhaus“ im Herzen Kiews.