Donauwörth: Massive Polizeigewalt gegen Geflüchtete

Mas­si­ver Poli­zei­ein­satz in der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung Donau­wörth: Ver­bleib vie­ler fest­ge­nom­me­ner Geflüch­te­ter immer noch unbe­kannt Foto: anti­ra muc

Stel­lung­nah­me der Betrof­fe­nen und der Grup­pe Anti­ra Muc zur Poli­zei­ge­walt in der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung in Donau­wörth am 14. März 2018

Am Mon­tag, 14. März, kam es zu mas­si­ver Poli­zei­ge­walt und min­des­tens 29 Inhaf­tie­run­gen infol­ge legi­ti­mer Pro­tes­te gegen eine ver­such­te Abschie­bung. Noch immer ist der Ver­bleib der Fest­ge­nom­me­nen unbe­kannt. Von Sei­ten der Geflü­che­te­ten ging kei­ne Gewalt gegen Per­so­nen aus. Die Vor­wür­fe wie Land­frie­dens­bruch und gefähr­li­che Kör­per­ver­let­zung sind kon­stru­iert und bedür­fen einer unab­hän­gi­gen Aufklärung.

Seit Mona­ten kri­ti­sie­ren Geflüch­te­te und Men­schen­rechts­ver­bän­de die unmensch­li­chen Lebens­be­din­gun­gen in der Erst­auf­nah­me­ein­rich­tung (EA) Donau­wörth. Aus­lö­ser für die mas­si­ve Poli­zei­ge­walt sind eben­so die vor­an­ge­gan­ge­nen Pro­tes­te. Seit Mona­ten wer­den wie­der­holt die Deutsch­kur­se sowie die 80-Cent-Jobs inner­halb der EA von den Geflüch­te­ten bestreikt. Eben­so schaff­ten diver­se ande­re Pro­tes­te öffent­li­che Auf­merk­sam­keit für die Zustän­de in der EA.

Innen­mi­nis­ter Herr­mann nutz­te von der Poli­zei ver­brei­te­te fal­sche Anschul­di­gun­gen gegen die Geflüch­te­ten, um am Frei­tag per­sön­lich nach Donau­wörth zu rei­sen und dort sei­nen Wahl­kampf wei­ter mit rech­ten For­de­run­gen nach mehr Poli­zei und Abschie­bun­gen anzuheizen.

Die Geflüch­te­ten aus der EA in Donau­wörth ver­fass­ten eine Stel­lung­nah­me, in wel­cher sie halt­lo­se Beschul­di­gun­gen ent­kräf­ten und zurück­wei­sen, die Frei­las­sung der Gefan­ge­nen for­dern, sowie Aner­ken­nung der Asyl­an­trä­ge, Arbeits­er­laub­nis und Schutz vor der Poli­zei. Anti­ras­sis­ti­sche Initia­ti­ven sowie Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen soli­da­ri­sie­ren sich mit den Betrof­fe­nen und ihren For­de­run­gen und for­dern dar­über hin­aus die Kün­di­gung der Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen, wel­che ihr Man­dat gegen­über den Bewoh­ne­rIn­nen der EA verletzten.

Die Erklä­rung der Betrof­fe­nen: Wir, die Geflüch­te­ten von Donau­wörth for­dern, dass die halt­lo­sen Behaup­tun­gen, wir sei­en gewalt­tä­tig gegen­über der Poli­zei gewe­sen sowie wir hät­ten Möbel aus dem Fens­ter gewor­fen, sofort zurück­ge­zo­gen wer­den. Die Poli­zei kam, um einen unse­rer Kol­le­gen abzu­ho­len und klopf­te dafür zwi­schen 3 bis 4 Uhr mor­gens an all unse­re Zim­mer­tü­ren, da sie ihn in sei­nem nicht auf­fin­den konn­ten. Rund 100 Men­schen ver­schie­de­ner Natio­na­li­tä­ten wach­ten auf und for­der­ten mit ihrer Stim­me die sofor­ti­ge Been­di­gung der Abschie­bung. Um ca. 14 Uhr kamen über 50 Poli­zei­wä­gen und über 200 Spe­zi­al­ein­hei­ten, bewaff­net mit Pis­to­len, Trä­nen­gas, Schlag­stö­cke, Mes­sern, Sei­len, Geweh­ren, Hun­den und Pfef­fer­spray. Sie sperr­ten uns in unse­re Zim­mer ein und ver­rie­gel­ten den Haupt­ein­gang. Über­all im Haus blo­ckier­ten sie die Wege, wäh­rend­des­sen sie unse­re Per­so­na­li­en kon­trol­lier­ten und die Zim­mer durch­such­ten. Sie fahn­de­ten nach mind. 29 Per­so­nen mit­tels einer Namens­lis­te, wel­che am mor­gen unter Hil­fe­stel­lung der Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen und Secu­ri­ties erstellt wur­de. Sie war­fen Trä­nen­gas­bom­ben in das Lager und sprüh­ten zum Teil Pfef­fer­spray in die Zim­mer sowie in unse­re Augen. Eini­ge Men­schen vie­len in Ohn­macht, ande­re spran­gen aus den Fens­tern, um sich selbst zu ret­ten. Hier­bei muss­ten Glas­schei­ben zer­bro­chen wer­den, um Luft zum Atmen zu erhal­ten. Die Fens­ter in der EA sind alle ver­rie­gelt. Die For­de­run­gen unse­rer ver­gan­ge­nen Pro­tes­te waren und blei­ben die Aner­ken­nung unse­rer Asyl­an­trä­ge, die Schlie­ßung der Tran­sit­la­ger oder der Trans­fer in pri­va­te Woh­nun­gen, sowie das Recht auf gesell­schaft­li­che Teil­ha­be. Des wei­te­ren for­dern wir die Frei­las­sung der Festgenommenen.

Wir soli­da­ri­sie­ren uns mit den Geflüch­te­ten in Donau­wörth und for­dern eine unab­hän­gi­ge Auf­klä­rung des gewalt­tä­ti­gen Poli­zei­ein­sat­zes gegen den Pro­test in Donau­wörth! Wir for­dern die am Tag des Poli­zei­ein­satz anwe­sen­den Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen des Wohl­fahrt­ver­bands Mal­te­ser auf, die EA zu ver­las­sen sowie zu ihrer Rol­le gegen­über der Poli­zei Stel­lung zu beziehen!

Die­ser Ein­satz ist eine Kri­mi­na­li­sie­rungs- und Ein­schüch­te­rungs­tak­tik sei­tens der Poli­zei gegen­über akti­ven geflüch­te­ten Men­schen, die für ihre grund­le­gen­den Men­schen­rech­te kämp­fen”, sagt Raja, Mit­glied der Grup­pe Anti­ra Muc. „Kon­stru­iert wer­den die Vor­wür­fe des Land­frie­dens­bru­ches sowie der ver­such­ten gefähr­li­chen Kör­per­ver­let­zung. Wir sehen die gefähr­li­che Kör­per­ver­let­zung auf Sei­ten der Poli­zei, wel­che Men­schen ein­sperr­te und sie gleich­zei­tig Pfef­fer­spray inner­halb von Zim­mern ohne auf­schließ­ba­re Fens­ter aus­setz­te.“ Wei­ter sag­te Raja: „Der Gewalt­aus­bruch von Sei­ten der Poli­zei zeigt nur, dass der baye­ri­schen Poli­tik alles Recht ist, um Pro­tes­te gegen das baye­ri­sche Lager­sys­tem und die Poli­tik der Abschot­tung im Zwei­fel auch gewalt­voll zu unter­drü­cken. Frag­wür­dig bleibt für uns auch die Rol­le der Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen, die die Poli­zei bei der Iden­ti­fi­zie­rung Ein­zel­ner unter­tütz­ten. Daher for­dern wir die Mal­te­ser auf, die betref­fen­den Sozi­al­ar­bei­te­rIn­nen von der Stel­le abzuziehen!“

Online fin­den Sie außer­dem ein ärzt­li­ches Attest zum 14.03. und ein Video­state­ment der Betroffenen.