AfD in der Hamburgischen Bürgerschaft

Der Tag danachHH16.2.15
Auf den Müll damit: AfD-Pla­kat in ange­mes­se­nem Ton­nen-Ambi­en­te. Gese­hen in der Ham­bur­ger Schüt­zen­stra­ße am Tag danach, den 16.2.2015 Foto: Burschel

DIE LINKE hat bei den Bür­ger­schafts­wah­len in Ham­burg mit 8,5 % (2011: 6,4%) und elf Man­da­ten (2011: acht) ein über­zeu­gen­des Votum für eine star­ke lin­ke und kon­struk­ti­ve Oppo­si­ti­ons­po­li­tik erhal­ten. Das ist die gute Nach­richt. Die schlech­te Nach­richt ist, neben wei­ter sin­ken­der Wahl­be­tei­li­gung, der Ein­zug der AfD. Sie erhielt 6,1% der Stim­men und acht Man­da­te und ist damit erst­mals in einem west­deut­schen Lan­des­par­la­ment vertreten.

Die AfD hat rund 8000 vor­ma­li­ge Nicht­wäh­le­rIn­nen mobi­li­siert. Die CDU ver­lor 8000 Wäh­le­rIn­nen an die AfD, 7000 die SPD, 4000 die FDP und je 1000 LINKE und Grüne.

Eine gründ­li­che Ana­ly­se steht noch aus. Auf den ers­ten Blick jedoch hat die AfD über­durch­schnitt­lich hohe, teils zwei­stel­li­ge Stimm­ergeb­nis­se vor allem in Stadt­tei­len mit nied­ri­gem Durch­schnitts­ein­kom­men und einem hohen Anteil an Hartz-IV-Emp­fän­ge­rIn­nen erhal­ten, aber auch in Stadt­tei­len mit klei­nen Ein­fa­mi­li­en­häu­sern und aus­ge­präg­tem klein­bür­ger­li­chem Milieu. In den wohl­ha­ben­den Stadt­tei­len erreich­te sie eher durch­schnitt­li­che, teils nied­ri­ge­re Wer­te. In den Stadt­tei­len mit hohem AfD-Stim­men­an­teil konn­te DIE LINKE im Gro­ßen und Gan­zen nur unter­durch­schnitt­li­che Wahl­er­geb­nis­se erzielen.

Eine kurz vor der Wahl erschie­ne­ne Umfra­ge der Uni­ver­si­tät Ham­burg errech­ne­te für die AfD ein Poten­zi­al von bis zu 20%, das durch eine euro­skep­ti­sche und vor allem ras­sis­ti­sche Res­sen­ti­ments befeu­ern­de Anti-Zuwan­de­rungs-Wahl­kam­pa­gne zu errei­chen sei. Doch gleich­zei­tig gibt es in der Stadt eine erfreu­lich aus­ge­präg­te Soli­da­ri­tät mit Flücht­lin­gen und eine kaum weni­ger aus­ge­präg­te Bereit­schaft, die Viel­falt der Gesell­schaft zu ver­tei­di­gen. Das dürf­te es der AfD erschwert haben, ihre Kam­pa­gne offen­siv zu füh­ren und ihr Poten­zi­al auszuschöpfen.

Den Schwer­punkt hat die AfD im Wahl­kampf auf die «Inne­re Sicher­heit», d.h. auf repres­si­ve und ras­sis­tisch gepräg­te Ord­nungs­po­li­tik gelegt. An die­ser Front tat sich vor allem Dirk Nocke­mann her­vor, zu ihren Hoch­zei­ten stell­ver­tre­ten­der Frak­ti­ons­vor­sit­zen­der der Schill-Par­tei und zeit­wei­se Nach­fol­ger von Schill im Amt des Innen­se­na­tors. Er zeig­te im Wahl­kampf die Kamp­na­gel-Inten­dan­tin wegen eines Kunst­pro­jekts an, weil es Lam­pe­du­sa-Flücht­lin­gen gleich­zei­tig eine win­ter­fes­te Unter­kunft bot.

Dass die AfD-Trup­pe in den Bezirks­ver­samm­lun­gen, in denen sie seit 2014 ver­tre­ten sind, kaum auf­fällt, höchs­tens durch Inkom­pe­tenz, darf nicht täu­schen. Mit der Bür­ger­schaft hat sie eine ganz ande­re Platt­form für ihr Agie­ren. Gespannt darf man dar­auf sein, wie sich die CDU, die sich zuletzt vor allem als libe­ra­le Groß­stadt­par­tei defi­nier­te, auf die AfD ein­stellt. DIE LINKE hat sich fest­ge­legt: Sie wird eine har­te Aus­ein­an­der­set­zung füh­ren und kei­ner­lei Koope­ra­ti­on eingehen.

 

Chris­tia­ne Schnei­der ist Mit­glied der Ham­bur­ger Bür­ger­schaft und wird auch nach der Wahl dort wohl innen- und flücht­lings­po­li­ti­sche Spre­che­rin blei­ben. Alles ande­re ist jetzt erst­mal Aushandlungssache.