DIE LINKE hat bei den Bürgerschaftswahlen in Hamburg mit 8,5 % (2011: 6,4%) und elf Mandaten (2011: acht) ein überzeugendes Votum für eine starke linke und konstruktive Oppositionspolitik erhalten. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, neben weiter sinkender Wahlbeteiligung, der Einzug der AfD. Sie erhielt 6,1% der Stimmen und acht Mandate und ist damit erstmals in einem westdeutschen Landesparlament vertreten.
Die AfD hat rund 8000 vormalige NichtwählerInnen mobilisiert. Die CDU verlor 8000 WählerInnen an die AfD, 7000 die SPD, 4000 die FDP und je 1000 LINKE und Grüne.
Eine gründliche Analyse steht noch aus. Auf den ersten Blick jedoch hat die AfD überdurchschnittlich hohe, teils zweistellige Stimmergebnisse vor allem in Stadtteilen mit niedrigem Durchschnittseinkommen und einem hohen Anteil an Hartz-IV-EmpfängerInnen erhalten, aber auch in Stadtteilen mit kleinen Einfamilienhäusern und ausgeprägtem kleinbürgerlichem Milieu. In den wohlhabenden Stadtteilen erreichte sie eher durchschnittliche, teils niedrigere Werte. In den Stadtteilen mit hohem AfD-Stimmenanteil konnte DIE LINKE im Großen und Ganzen nur unterdurchschnittliche Wahlergebnisse erzielen.
Eine kurz vor der Wahl erschienene Umfrage der Universität Hamburg errechnete für die AfD ein Potenzial von bis zu 20%, das durch eine euroskeptische und vor allem rassistische Ressentiments befeuernde Anti-Zuwanderungs-Wahlkampagne zu erreichen sei. Doch gleichzeitig gibt es in der Stadt eine erfreulich ausgeprägte Solidarität mit Flüchtlingen und eine kaum weniger ausgeprägte Bereitschaft, die Vielfalt der Gesellschaft zu verteidigen. Das dürfte es der AfD erschwert haben, ihre Kampagne offensiv zu führen und ihr Potenzial auszuschöpfen.
Den Schwerpunkt hat die AfD im Wahlkampf auf die «Innere Sicherheit», d.h. auf repressive und rassistisch geprägte Ordnungspolitik gelegt. An dieser Front tat sich vor allem Dirk Nockemann hervor, zu ihren Hochzeiten stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Schill-Partei und zeitweise Nachfolger von Schill im Amt des Innensenators. Er zeigte im Wahlkampf die Kampnagel-Intendantin wegen eines Kunstprojekts an, weil es Lampedusa-Flüchtlingen gleichzeitig eine winterfeste Unterkunft bot.
Dass die AfD-Truppe in den Bezirksversammlungen, in denen sie seit 2014 vertreten sind, kaum auffällt, höchstens durch Inkompetenz, darf nicht täuschen. Mit der Bürgerschaft hat sie eine ganz andere Plattform für ihr Agieren. Gespannt darf man darauf sein, wie sich die CDU, die sich zuletzt vor allem als liberale Großstadtpartei definierte, auf die AfD einstellt. DIE LINKE hat sich festgelegt: Sie wird eine harte Auseinandersetzung führen und keinerlei Kooperation eingehen.
Christiane Schneider ist Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und wird auch nach der Wahl dort wohl innen- und flüchtlingspolitische Sprecherin bleiben. Alles andere ist jetzt erstmal Aushandlungssache.