Der (medizinethische) deutsche Diskurs über die Vorhautbeschneidung

Im Juni 2012 wur­de die reli­giö­se Beschnei­dung der Vor­haut bei Jun­gen in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land zu einem öffent­li­chen The­ma. Hat­te es zuvor im deutsch­spra­chi­gen Raum auch in eman­zi­pa­to­ri­schen und lin­ken Zusam­men­hän­gen kei­ne dies­be­züg­li­chen Dis­kus­sio­nen gege­ben, ent­brann­te im Anschluss an die Ent­schei­dung einer juris­ti­schen Insti­tu­ti­on nun in Arti­keln und Kom­men­ta­ren von Zeit­schrif­ten und Blogs ein «Lauf­feu­er» der Ent­rüs­tung über die Vor­haut­be­schnei­dung (Zirkum­zi­si­on). Dabei wur­de viel vor­aus­ge­setzt. Aus­ge­hend von einer Befra­gung der Debat­te auf ihre dis­kur­si­ven Bezü­ge und dis­zi­pli­nä­ren Argu­men­ta­ti­ons­fi­gu­ren wer­den im Fol­gen­den ins­be­son­de­re eini­ge der medi­zi­ni­schen und medi­zin­ethi­schen Posi­tio­nen beleuch­tet. Unter wel­chen Bedin­gun­gen gerinnt ein Vor­gang zu einem Ereig­nis, und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen wächst ein Ereig­nis sich zum öffent­li­chen The­ma aus?

1. Das Urteil und der schlag­ar­ti­ge Dis­kurs – tatsächlich?

Die öffent­li­che Debat­te um die Vor­haut­be­schnei­dung star­te­te am 26. Juni 2012. Im Anschluss an einen Arti­kel der Finan­cial Times Deutsch­land ver­öf­fent­lich­ten in den dar­auf­fol­gen­den Tagen dut­zen­de bun­des­deut­sche wie inter­na­tio­na­le Zeit­schrif­ten Bei­trä­ge zum The­ma. An die­ser Stel­le ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass es in den Jah­ren und Jahr­zehn­ten zuvor im deutsch­spra­chi­gen Raum kei­nen Bei­trag zur Vor­haut­be­schnei­dung gege­ben hat­te, der zum media­len The­ma wur­de – bei, wohl­ge­merkt, unver­än­der­ter Beschnei­dungs­pra­xis. Auch im wis­sen­schaft­li­chen Kon­text erschie­nen aus dem deut­schen Sprach­raum nur sehr ver­ein­zelt Bei­trä­ge, die sich mit der Vor­haut­be­schnei­dung befass­ten. Min­des­tens eben­so erwäh­nens­wert wie die jah­re- bis jahr­zehn­te­lan­ge Nicht-The­ma­ti­sie­rung ist auch der fol­gen­de Sach­ver­halt: Bis zum Juni 2012 gab es im deutsch­spra­chi­gen Raum kei­ne Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on von Men­schen, die sich gegen die Vor­haut­be­schnei­dung – aus reli­giö­sen oder hygie­ni­schen Moti­ven – äußer­ten. Inter­net­fo­ren, in denen gegen die Vor­haut­be­schnei­dung gestrit­ten wird, kamen erst ab Juli 2012 auf. Ihre Betrei­ber rekru­tie­ren sich inter­es­san­ter­wei­se nicht aus Selbst­or­ga­ni­sa­tio­nen, etwa agnos­ti­scher oder athe­is­ti­scher Män­ner jüdi­schen oder mus­li­mi­schen Eltern­hau­ses, son­dern aus ande­ren Per­so­nen­krei­sen, mit eige­nen Motiven.[acp footnote]Vgl. etwa die Foren von Edwin Man­fred Reich­hart (Graz und Frei­burg) und Guy Sin­den (Frei­burg) bzw. Stef­fen Was­mund (Ber­lin) www​.beschnei​dungs​fo​rum​.de, www​.beschnei​dung​-von​-jun​gen​.de und www​.zwangs​be​schnei​dung​.de, die im Juli und August 2012 online gegan­gen sind (Zugriff: 7.5.2013 sowie Denic-Aus­kunft [29.1.2013]).[/acp]

Nicht min­der inter­es­sant ist ein Blick auf Ereig­nis­se, die vor dem Debat­ten­be­ginn am 26. Juni 2012 lie­gen. Etwa die von der Öffent­lich­keit weit­ge­hend unbe­merk­te Urteils­ver­kün­dung des Köl­ner Land­ge­richts am 7. Mai 2012. Erst sechs Wochen spä­ter, nach­dem die Finan­cial Times Deutsch­land davon berich­tet hat­te, sah das Köl­ner Land­ge­richt sich ver­an­lasst, die ein­set­zen­de Anfra­ge­flut mit einer Pres­se­mit­tei­lung zu parie­ren. Den Ver­fah­rens­ver­lauf eben­so wie den auf­kom­men­den Dis­kurs hat der Jurist und Jour­na­list Jost Mül­ler-Neu­hof (2012) aus­führ­lich auf­ge­ar­bei­tet; alle wis­sen­schaft­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den juris­ti­schen Vor­gän­gen im Vor­feld der Debat­te bezie­hen sich auf die Recher­chen Müller-Neuhofs.[acp footnote]Vgl. etwa Wid­mann 2012; Çetin/Wolter 2012.[/acp]

«Eine ver­stör­te Mut­ter, gebür­ti­ge Tune­sie­rin, kommt mit ihrem Vier­jäh­ri­gen in die Kli­nik.» (Mül­ler-Neu­hof 2012) Das Kind war zuvor von einem nie­der­ge­las­se­nen Arzt beschnit­ten wor­den und zeig­te Nach­blu­tun­gen. Da die Mut­ter sich nur unzu­rei­chend aus­drü­cken und die Situa­ti­on schil­dern und erklä­ren konn­te, setz­te ein behörd­li­ches Ver­fah­ren ein. Das Hin­zu­zie­hen der Poli­zei mar­kiert einen Punkt, an wel­chem ein bis dato pri­va­ter Vor­gang sei­ne Sphä­re ver­lässt und zu einem offi­zi­el­len Vor­gang wird. Der ursprüng­li­che Sach­ver­halt (ärzt­li­che Vor­haut­be­schnei­dung mit anschlie­ßen­den Nach­blu­tun­gen) erfährt bereits mit der Erwei­te­rung der zustän­di­gen Stel­len einen ekla­tan­ten Bedeu­tungs­wan­del. Dar­über hin­aus erge­ben sich eini­ge schwer zu über­ge­hen­de Fra­gen zum Ereig­nis­her­gang im Köl­ner Kli­ni­kum: Einer­seits wird sogleich die Poli­zei geru­fen – ver­fügt sie etwa über die medi­zi­ni­sche Exper­ti­se, um die Nach­blu­tun­gen zu stil­len? Zugleich wird die als unzu­rei­chend emp­fun­de­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Kran­ken­haus­per­so­nal der Mut­ter ange­las­tet, womit der sozia­le, der gemein­schaft­li­che Aspekt gelin­gen­der Kom­mu­ni­ka­ti­on und die Ver­ant­wor­tung des Kli­ni­kums, geeig­ne­te Dol­metsch­diens­te vor­zu­hal­ten, aus dem Blick gerät. Auch die­ser Fall lässt sich lesen als ein Hin­weis dar­auf, dass «Inte­gra­ti­on» in Deutsch­land noch immer als pri­mär ein­sei­ti­ges Pro­jekt ver­stan­den wird, zu des­sen Kenn­zei­chen eher eine ver­hal­tens­spe­zi­fi­sche Erwar­tungs­hal­tung und weni­ger ein Inter­es­se am Gegen­über zählt.

Es kommt zu einem Ver­fah­ren gegen den nie­der­ge­las­se­nen Arzt, ihm wird ein Behand­lungs­feh­ler, ein «Kunst­feh­ler» zur Last gelegt. Er wird erst­in­stanz­lich frei­ge­spro­chen, und das Gericht stellt fest: «[D]er Jun­ge wur­de kor­rekt und unter Betäu­bung beschnit­ten. […] Der Ein­griff sei [dem Amts­rich­ter zufol­ge] kein Ver­stoß gegen das Kin­des­wohl. Die Eltern hät­ten im Hin­blick auf Reli­gi­ons­frei­heit und Erzie­hungs­recht wirk­sam ein­ge­wil­ligt.» (Mül­ler-Neu­hof 2012) Die­ses Urteil jedoch stimmt kei­nes­wegs alle mit dem Fall Befass­ten zufrie­den, wes­halb eine Köl­ner Ober­staats­an­wäl­tin in Beru­fung und der Fall an die nächst­hö­he­re Instanz geht. Der dor­ti­ge Urteils­spruch stellt fest, dass der Arzt eben nicht dem Kin­des­wohl ent­spre­chend gehan­delt habe. Da ihm dies wäh­rend des Ein­griffs aber nicht klar gewe­sen sei («Ver­bots­irr­tum»), spricht ihn das Gericht von «sei­ner Schuld» frei. Die­ses Urteil ent­fal­tet weit­rei­chen­de Wir­kung – es betrifft immer­hin Grund­rech­te (Reli­gi­ons­frei­heit) – und hät­te ent­spre­chend an die juris­ti­schen höhe­ren Stel­len wei­ter­ge­lei­tet wer­den müs­sen, wie es die juris­ti­schen Vor­ga­ben in Nord­rhein-West­fa­len bei Ver­fah­ren von «grund­sätz­li­cher Bedeu­tung» vor­se­hen. Dies erfolgt nicht, womit auch die Mög­lich­keit, inner­halb von Wochen­frist vor dem Ober­lan­des­ge­richt gegen das Urteil in Revi­si­on zu gehen, unge­nutzt ver­streicht. Erst nach Ablauf der Frist wer­den die Medi­en brei­ter infor­miert – und hier kommt ein wesent­li­cher Prot­ago­nist die­ser Debat­te ins Spiel: Holm Putz­ke, Straf­recht­ler. Bereits seit Jah­ren enga­gier­te er sich auf die­sem The­men­feld, refe­rier­te in Fach­krei­sen, «pro­fi­lier­te» sich als Fach­mann zu die­sem The­ma. Aller­dings war die Debat­te bis­lang auf klei­ne juris­ti­sche Fach­krei­se beschränkt geblie­ben und hat­te weder eine media­le Öffent­lich­keit erreicht, noch bestim­men­den Ein­fluss auf die Recht­spre­chung erlangt. Die­se Gele­gen­heit soll­te sich nun erge­ben; nach­weis­lich war es Holm Putz­ke, der über einen Freund bei der Finan­cial Times Deutsch­land den Arti­kel lan­cier­te, der am 26. Juni 2012 erschien, und der die öffent­li­che Debat­te for­cie­ren soll­te. (vgl. Mül­ler-Neu­hof 2012)

«Der ein­zi­ge Exper­te, der [in dem Bei­trag der Finan­cial Times Deutsch­land, Anm. d.V.] zu Wort kommt, ist Holm Putz­ke. ‹Das Urteil ist für Ärz­te enorm wich­tig, weil die­se jetzt zum ers­ten Mal Rechts­si­cher­heit haben.› Das Gericht habe sich nicht von der Sor­ge abschre­cken las­sen, als anti­se­mi­tisch und reli­gi­ons­feind­lich kri­ti­siert zu wer­den. ‹Anders als vie­le Politiker.›

Rechts­si­cher­heit kann es durch Urtei­le von Unter­ge­rich­ten nicht geben. Ver­schwie­gen wird, dass es um eine Beru­fung ging, bei der die Kam­mer mit nur einem ein­zi­gen juris­tisch gebil­de­ten Rich­ter besetzt ist. Kein Wort, dass der Rich­ter­spruch schon sechs Wochen alt ist, dass ein Amts­ge­richt zuvor das Gegen­teil ent­schie­den hat­te. Nichts davon, dass weder ande­re Gerich­te noch Staats­an­wäl­te an das Urteil gebun­den sind. Nichts, was auf die per­sön­li­che Nähe zwi­schen Putz­ke und dem Ver­fas­ser des Arti­kels hin­deu­tet. Der FTD-Jour­na­list sagt, er habe sich für die Anfra­ge bei Putz­ke aus fach­li­chen Grün­den ent­schie­den. Putz­ke gibt mitt­ler­wei­le zu, von sich aus an die Pres­se her­an­ge­tre­ten zu sein.» (Mül­ler-Neu­hof 2012)

Es ist wich­tig, den Ent­ste­hungs­hin­ter­grund der Debat­te im Kopf zu haben, um sich zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, wes­sen Inter­es­sen in die­ser öffent­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung ver­han­delt wur­den und wer­den. Über die gesell­schaft­li­che Trag­wei­te des Urteils wie des besag­ten Zei­tungs­ar­ti­kels scheint beim Straf­recht­ler Holm Putz­ke kei­ne Unklar­heit geherrscht zu haben; es zeigt sich zumin­dest der Hin­weis, dass er durch­aus im Blick hat­te, dass grund­le­gen­de Tra­di­tio­nen jüdi­scher (und mus­li­mi­scher) Reli­gi­ons­pra­xis durch das Urteil betrof­fen sein würden.

2. Poli­ti­sche und medi­zi­ni­sche Reaktionen

Die Reak­tio­nen aus ver­ant­wort­li­chen poli­ti­schen Krei­sen – ins­be­son­de­re den Bun­des­tags­frak­tio­nen – waren deut­lich und unauf­ge­regt. Im Juli äußert sich Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel klar: «Ich will nicht, dass Deutsch­land das ein­zi­ge Land auf der Welt ist, in dem Juden nicht ihre Riten aus­üben kön­nen. Wir machen uns ja sonst zur Komi­ker-Nati­on» (vgl. Spie­gel 2012). Selbst Ali­ce Schwar­zer, seit den letz­ten Jah­ren oft mit ras­sis­ti­schen Posi­tio­nie­run­gen gegen Muslim_innen auf­ge­fal­len, nimmt in die­ser Fra­ge eine kla­re Posi­ti­on für die Reli­gi­ons­frei­heit von Muslim_innen und Jüd_innen ein: «Die Ver­ur­tei­lung der männ­li­chen Beschnei­dung hal­te ich für eine rea­li­täts­fer­ne poli­ti­sche Cor­rect­ness.» Im Wei­te­ren hebt sie die gesund­heit­li­chen Vor­tei­le der Vor­haut­be­schnei­dung her­vor: «Etwa jeder drit­te männ­li­che Mensch welt­weit ist beschnit­ten. Und das nicht nur aus reli­giö­sen oder kul­tu­rel­len Grün­den, son­dern auch aus hygie­ni­schen. Bereits 2007 rie­ten sowohl die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) als auch die UN drin­gend zur Beschnei­dung von Män­nern: als Prä­ven­ti­on gegen Aids, Penis­krebs und Gebär­mut­ter­hals­krebs. Denn letz­te­rer wird ver­ur­sacht von einem ver­un­rei­nig­ten männ­li­chen Penis.» (Schwar­zer 2012)

Pro­mi­nen­te medi­zi­ni­sche Krei­se zeig­ten sich von dem Urteil erschüt­tert. Der Prä­si­dent der Bun­des­ärz­te­kam­mer, Frank Ulrich Mont­go­me­ry, beur­teil­te das Urteil des Köl­ner Land­ge­richts als «für die Ärz­te unbe­frie­di­gend und für die betrof­fe­nen Kin­der sogar gefähr­lich». Der Bun­des­ver­band der deut­schen Uro­lo­gen und – in glei­chem Wort­laut – die Deut­sche Gesell­schaft für Uro­lo­gie erklär­te mit ähn­li­cher Sicht­wei­se wie Mont­go­me­ry und unter Ver­weis auf die begrenz­te Reich­wei­te des Köl­ner Urteils:

«Es han­delt sich hier um eine soge­nann­te Güter­ab­wä­gung, wobei das Gericht in der Urteils­be­grün­dung selbst ein­räumt, dass auch die gegen­tei­li­ge Auf­fas­sung ver­tret­bar sei. Ein Gericht in Mün­chen oder Ham­burg könn­te den­sel­ben Sach­ver­halt also durch­aus anders bewer­ten. […] End­gül­ti­ge Rechts­si­cher­heit kön­nen nur ein höchst­rich­ter­li­ches Urteil oder der Gesetz­ge­ber her­bei­füh­ren. […] Bei der Dis­kus­si­on dar­über, ob zukünf­tig ritu­el­le Beschnei­dun­gen durch Ärz­te rechts­si­cher durch­ge­führt wer­den kön­nen, soll­te auch der Aspekt berück­sich­tigt wer­den, dass man ritu­el­le Beschnei­dun­gen durch Gerichts­ur­tei­le in Deutsch­land nicht ein­fach abschaf­fen kann. Damit besteht die kon­kre­te Gefahr, dass ritu­el­le Beschnei­dun­gen ver­mehrt von medi­zi­ni­schen Lai­en durch­ge­führt wer­den.» (DGU 2012, Juli)

Von die­sen medi­zi­ni­schen Gesell­schaf­ten wur­de die dar­auf­hin von den Parlamentarier_innen gefun­de­ne und am 12. Dezem­ber 2012 ver­ab­schie­de­te Lösung – das Gesetz zum «Umfang der Per­so­nen­sor­ge bei einer Beschnei­dung des männ­li­chen Kin­des» (Druck­sa­che 1711295) – schließ­lich expli­zit begrüßt, da sie Rechts­si­cher­heit für die Mediziner_innen schaf­fe (DGU 2012, Dezember).

Die Deut­sche Gesell­schaft für Psy­cho­ana­ly­se, Psy­cho­the­ra­pie, Psy­cho­so­ma­tik und Tie­fen­psy­cho­lo­gie ver­wies auf die Mög­lich­keit, dass auch mit der Vor­haut­be­schnei­dung trau­ma­ti­sie­ren­de Erfah­run­gen ver­bun­den sein könn­ten, wobei es aller­dings schwie­rig sei, ein sin­gu­lä­res Ereig­nis für Trau­ma­ti­sie­run­gen ver­ant­wort­lich zu machen. Deut­lich warnt die Gesell­schaft vor den trau­ma­ti­sie­ren­den Aus­wir­kun­gen, die mit der «Miss­ach­tung [von] kul­tu­rel­len und reli­giö­sen Identität[en]» und auch von «Migra­ti­ons­schick­sa­len» ver­bun­den sein könn­ten – und regt zu einer tole­ran­ten gesell­schaft­li­chen Aus­hand­lung an:

«Im Sin­ne kumu­la­ti­ver Trau­ma­ti­sie­run­gen wir­ken sol­che Umwelt­be­din­gun­gen lei­se und nach­hal­tig. Ein Ein­griff in zen­tra­le Ele­men­te reli­giö­ser Iden­ti­tät kann von vie­len Fami­li­en durch­aus als Labi­li­sie­rung, Ver­un­si­che­rung und Miss­ach­tung in einem wesent­li­chen Kern­punkt ihres Lebens emp­fun­den wer­den – mit eben­falls gra­vie­ren­den psy­chi­schen Fol­gen für die Kin­der. In die­sem Kon­text gilt es daher, aus fach­li­chen Grün­den sorg­fäl­tig zwi­schen ver­schie­de­nen mög­li­chen psy­chi­schen Gefähr­dun­gen zu unter­schei­den und nicht vor­schnell ein sin­gu­lä­res, poten­ti­ell trau­ma­ti­sches Ereig­nis in den Vor­der­grund zu stel­len. Der der­zei­ti­ge Stand der Dis­kus­si­on ist unse­res Erach­tens noch zu sehr davon geprägt, dass um den Vor­rang jeweils einer Per­spek­ti­ve gerun­gen wird. Ein Refle­xi­ons­raum über die Bedeu­tung reli­giö­ser Zuge­hö­rig­keit unter Berück­sich­ti­gung der sozi­al­psy­cho­lo­gi­schen und his­to­ri­schen Bedin­gun­gen jüdi­schen und mus­li­mi­schen Lebens in Deutsch­land kann dabei nicht ent­ste­hen.» (DGPT 2012)

Ein­zig Orga­ni­sa­tio­nen wie die Deut­sche Gesell­schaft für Kin­der­chir­ur­gie und in ihrem Nach­gang die Deut­sche Aka­de­mie für Kin­der- und Jugend­me­di­zin befür­wor­ten das Köl­ner Urteil, bei gleich­zei­ti­ger Kennt­nis um sei­ne Bedeu­tung für reli­giö­se Min­der­hei­ten. Aber auch hier ist ein dis­kurs­theo­re­ti­scher Ein­blick erhel­lend: So publi­zier­te Maxi­mi­li­an Stehr, der den Vor­sitz der Deutsche[n] Gesell­schaft für Kin­der­chir­ur­gie führt und die Pres­se­mit­tei­lung nach dem Köl­ner Urteil ver­fass­te, seit eini­gen Jah­ren immer wie­der gemein­sam mit Holm Putz­ke. Nun sind die Ein­schät­zun­gen Stehrs jedoch gera­de nicht in der wis­sen­schaft­li­chen Dif­fe­ren­ziert­heit ver­fasst wie bei den zuvor benann­ten Gesell­schaf­ten und dem Prä­si­den­ten der Bun­des­ärz­te­kam­mer. Stehr selbst weist dar­auf hin, dass die Ein­schät­zung vor allem auf die ste­ten Vor­ar­bei­ten in Zusam­men­ar­beit mit Holm Putz­ke zurück­zu­füh­ren ist. So schreibt er im Namen der Deut­schen Gesell­schaft für Kin­der­chir­ur­gie:

«Mit der prin­zi­pi­el­len Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit medi­zi­nisch nicht indi­zier­ter Beschnei­dun­gen bei nicht ein­wil­li­gungs­fä­hi­gen Kna­ben bestä­tigt das Gericht die von der DGKCH ver­tre­te­ne und viel dis­ku­tier­te Mei­nung. In den letz­ten Jah­ren wur­de von ver­schie­de­nen Autoren in meh­re­ren Publi­ka­tio­nen hier­zu kri­tisch Stel­lung genom­men, zuletzt 2008 im Deut­schen Ärz­te­blatt (Dtsch Ärz­tebl 2008; 105(34–35); A 1778–80).» (DGKCH 2012)

Jener Arti­kel im Deut­schen Ärz­te­blatt wur­de ver­fasst von Maxi­mi­li­an Stehr, Holm Putz­ke und Hans-Georg Dietz – als Kon­takt­per­son ist Holm Putz­ke ange­ge­ben. Indes­sen han­delt es sich bei die­sem Bei­trag kei­nes­wegs um den jüngs­ten zum The­ma; 2010 publi­zier­ten die glei­chen drei Autoren gemein­sam auch in Der Uro­lo­ge eine Erwi­de­rung auf einen ande­ren Bei­trag. Umso inter­es­san­ter ist der dis­ku­tier­te Sach­stand: Zahl­rei­che bun­des­wei­te und inter­na­tio­na­le medi­zi­ni­sche Bei­trä­ge zur Vor­haut­be­schnei­dung, u.a. sol­che mit zum Teil wider­sprüch­li­chen Posi­tio­nen, wer­den von den drei Autoren über­haupt nicht rezi­piert. Statt­des­sen wer­den, etwa im besag­ten Arti­kel im Deut­schen Ärz­te­blatt, ins­be­son­de­re sol­che Bei­trä­ge ange­führt, die geeig­net sind, die eige­ne Posi­ti­on zu stüt­zen – und zudem oft selbst ver­fasst sind. Ein Beispiel:

«Der Nut­zen über­wiegt die Nach­tei­le aller­dings nur dann, wenn eine Zirkum­zi­si­on das Risi­ko einer spä­te­ren Erkran­kung nicht nur uner­heb­lich ver­rin­gert. Das Erkran­kungs­ri­si­ko ist in den genann­ten Fäl­len aller­dings sehr gering: Bei Harn­wegs­in­fek­ten liegt die Inzi­denz bei 1,12 Pro­zent (10). Für Penis­krebs wies die Ame­ri­can Can­cer Socie­ty dar­auf hin, dass die dabei bestehen­de Sterb­lich­keits­ra­te von der durch Zirkum­zi­sio­nen ver­ur­sach­ten auf­ge­ho­ben wer­den dürf­te (7). Auch die Wahr­schein­lich­keit, spä­ter an einer mani­fes­ten Phi­mo­se, Para­phi­mo­se oder einer Bala­no­post­hi­tis zu erkran­ken, ist gering – sie liegt zwi­schen zwei und vier Pro­zent (11). Nicht viel anders ist die Sache zu sehen bei Syphi­lis oder Gonor­rhö.» (Stehr et al. 2008)

Die ange­führ­ten Quel­len 10 und 11 ver­wei­sen auf eige­ne Aus­füh­run­gen aus den Jah­ren 2001 (Dietz et al. 2001; Stehr et al. 2001). Es han­delt sich hier­bei um knap­pe deutsch­spra­chi­ge Bei­trä­ge mit Umfang von drei bzw. vier Sei­ten, die in eher popu­lär ori­en­tier­ten medi­zi­ni­schen Ver­öf­fent­li­chun­gen unter­ge­bracht sind. Quel­le 7 hin­ge­gen ver­weist auf den deutsch­spra­chi­gen Sam­mel­band «Das ver­letz­te Geschlecht. Die Geschich­te der Beschnei­dung», der im Jahr 2002 im Ber­li­ner Auf­bau-Ver­lag erschie­nen ist. Im ange­führ­ten Absatz wer­den kei­ne – und im übri­gen Bei­trag nur ver­ein­zelt – wis­sen­schaft­li­che Quel­len her­an­ge­zo­gen, die in medi­zi­ni­schen Fach­da­ten­ban­ken indi­ziert sind. Ledig­lich in Bezug auf den von der Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on beschrie­be­nen Nutz­ef­fekt der Vor­haut­be­schnei­dung für die Ver­min­de­rung des HIV-Infek­ti­ons­ri­si­kos, auf­grund des­sen die WHO die Vor­haut­be­schnei­dung als Vor­beu­ge­maß­nah­me für Län­der Afri­kas emp­fiehlt, wer­den inter­na­tio­na­le und indi­zier­te Fach­bei­trä­ge her­an­ge­zo­gen. Die­se Bezug­nah­me wird von den drei Autoren aller­dings sogleich als für die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land unbe­deu­tend zurück­ge­wie­sen, da in der BRD HIV-Infek­tio­nen nur sel­ten aufträten.

Ein nicht gerin­ges Maß an Selbst­re­fe­renz auf eige­ne Arbei­ten sowie die feh­len­de Bezug­nah­me auf wis­sen­schaft­li­che Fach­ar­ti­kel kenn­zeich­net die Qua­li­tät des Bei­tra­ges, der für die Deut­sche Gesell­schaft für Kin­der­chir­ur­gie und ihren Vor­sit­zen­den Maxi­mi­li­an Stehr die zen­tra­le Basis ihrer Argu­men­ta­ti­on dar­stellt und ent­spre­chend pro­mi­nent immer wie­der rezi­piert wird (vgl. auch Putz­ke 2012). Ein Umstand, der nicht fol­gen­los bleibt. Denn auch für die Stel­lung­nah­me der Deut­schen Aka­de­mie für Kin­der- und Jugend­me­di­zin (DAKJ 2012) stellt die Posi­tio­nie­rung der Deut­schen Gesell­schaft für Kin­der­chir­ur­gie eine der zen­tra­len Bezug­nah­men dar. Chris­toph Kup­fer­schmid, einer der Ver­fas­ser die­ser Stel­lung­nah­me, bezieht sich – wie­der­um im Deut­schen Ärz­te­blatt – in sei­ner Posi­tio­nie­rung, die jüdi­sche und mus­li­mi­sche Tra­di­ti­on der Vor­haut­be­schnei­dung abzu­leh­nen, zen­tral auf Stehr: «Bereits vor elf Jah­ren stell­ten die Münch­ner Kin­der­chir­ur­gen um Prof. Dr. med. Maxi­mi­li­an Stehr medi­zi­nisch nicht indi­zier­te Beschnei­dun­gen infra­ge. Die Kom­pli­ka­ti­ons­ra­te von zwei Pro­zent, Schmer­zen und Unwohl­sein stan­den für sie nicht im Ein­klang mit unse­ren Vor­stel­lun­gen von Kin­der­rech­ten und Selbst­be­stim­mung.» (Kup­fer­schmid 2012; Her­vor­he­bung d.V.).

Inter­es­sant ist der Blick auf die Rezep­ti­on auch des­halb, weil eine nicht zu über­se­hen­de Zahl von popu­lä­ren media­len Bei­trä­gen auf die­sen bei­den Pres­se­mit­tei­lun­gen fußt. Der leicht­fer­ti­ge Umgang mit Daten­be­stän­den in einer für vie­le Men­schen so grund­le­gen­den Dis­kus­si­on ist bedenk­lich, vor allem jedoch hin­ter­lässt er drin­gen­den Klärungsbedarf.

In einem Dos­sier des Deut­schen Ärz­te­blat­tes, in dem ver­schie­de­ne Medi­zi­ner zu Wort kom­men, geben inter­es­san­ter­wei­se eben­falls die drei Autoren Stehr, Putz­ke und Dietz eine gemein­sa­me Stel­lung­nah­me ab, zudem die ein­zi­ge (!), die über die reli­giö­se Bedeu­tung schlicht hin­weg­geht. Sie ver­wei­sen eben­falls erneut zen­tral auf ihren Bei­trag im Deut­schen Ärz­te­blatt (Stehr 2008). Alle ande­ren befrag­ten Mediziner_innen hin­ge­gen gelan­gen zu einer dif­fe­ren­zier­ten Posi­ti­on. Hans-Peter Bruch, Prä­si­dent des Berufs­ver­ban­des der Deut­schen Chir­ur­gen etwa, kommt auf Grund­la­ge der medi­zi­ni­schen Daten­ba­sis zu einem gänz­lich ande­ren Urteil als das Autoren­trio Stehr/Putzke/Dietz:

«Aus gro­ßen sta­tis­ti­schen Erhe­bun­gen unse­rer Tage geht her­vor, dass durch die Beschnei­dung das Risi­ko an Aids zu erkran­ken, erheb­lich gesenkt wird und die Beschnei­dung auch eine Pro­phy­la­xe für die Über­tra­gung von HPV (human papil­lo­ma virus) ist, wel­cher den Gebär­mut­ter­hals­krebs aus­löst. Dar­über hin­aus wird natür­lich auch die Über­tra­gung von Darm­kei­men, Pil­zen und ande­ren Viren durch die Beschnei­dung ein­ge­schränkt. […] Die Dis­kus­si­on soll­te daher vor allen Din­gen frei­ge­hal­ten wer­den von Vor­ur­tei­len und emo­tio­na­ler Über­la­ge­rung. Aus Sicht des Berufs­ver­ban­des der Deut­schen Chir­ur­gen muss sicher­ge­stellt wer­den, dass eine Beschnei­dung durch dafür exzel­lent aus­ge­bil­de­te Chir­ur­gen in opti­ma­ler Ope­ra­ti­ons­um­ge­bung schmerz­frei durch­ge­führt wird. Der Gesetz­ge­ber muss nach Auf­fas­sung des Berufs­ver­ban­des der Deut­schen Chir­ur­gen (BDC) dafür Sor­ge tra­gen, dass Rechts­si­cher­heit her­ge­stellt wird und Mus­li­me und Juden nicht gezwun­gen sind, ihren reli­giö­sen Geset­ze fol­gend ins Aus­land rei­sen zu müs­sen, wo die Beschnei­dung mög­li­cher­wei­se unter Umstän­den statt­fin­det, die mit den Grund­sät­zen der Pati­en­ten­si­cher­heit und der moder­nen Asep­sis nicht über­ein­stim­men.» (Bruch 2012)

Zwei Pro­fes­so­ren an den Uro­lo­gi­schen Kli­ni­ken Ber­lin und Ros­tock, Ahmed Mag­he­li und Oli­ver Haken­berg, erklä­ren mit ähn­li­cher Les­art der medi­zi­ni­schen Daten im glei­chen Dossier:

«Da es für in Euro­pa leben­de Kin­der kei­ne guten medi­zi­ni­schen Grün­de für eine Zirkum­zi­si­on gibt, ande­rer­seits aber auch kei­ne medi­zi­nisch rele­van­ten Beden­ken gegen eine Zirkum­zi­si­on bestehen, muss die­se Dis­kus­si­on auf ande­rer Ebe­ne geführt wer­den. […] Daher ist es not­wen­dig, dass die Abwä­gung der hier berühr­ten Grund­rech­te durch den Gesetz­ge­ber gere­gelt wird oder eine Aus­nah­me­re­ge­lung für die ritu­el­le Zirkum­zi­si­on defi­niert wird. Wenn man die zum Teil sehr hit­zi­ge Dis­kus­si­on die­ses The­mas in den Medi­en ver­folgt – die gera­de­zu zum Kul­tur­kampf gewor­den ist –, dann ver­läuft die Gren­ze ziem­lich deut­lich zwi­schen eher reli­giö­sen Befür­wor­tern einer Tole­rie­rung der ritu­el­len Zirkum­zi­si­on und eher are­li­giö­sen Geg­nern einer sol­chen Tole­rie­rung. Völ­lig abwe­gig ist jedoch der Ver­gleich der Zirkum­zi­si­on, die im Kin­des­al­ter kei­ne funk­tio­nel­len Aus­wir­kun­gen hat, mit der erheb­li­chen Geni­tal­ver­stüm­me­lung von Mäd­chen durch ‹Beschnei­dung›, d. h. Ent­fer­nung der Kli­to­ris und der klei­nen Scham­lip­pen.» (Magheli/Hakenberg 2012)

Über die Aus­wir­kun­gen der Vor­haut­be­schnei­dung gibt es mitt­ler­wei­le einen medi­zi­nisch weit­rei­chen­den Kennt­nis­stand. So sind etwa in der inter­na­tio­na­len medi­zi­ni­schen Fach­da­ten­bank Pub­Med allein unter dem Stich­wort «cir­cumcis­i­on» 5566 Bei­trä­ge zu fin­den. Die Ver­öf­fent­li­chun­gen umfas­sen dabei teils sehr gro­ße Stu­di­en mit über 100.000 Unter­such­ten, oft­mals wur­den zumin­dest eini­ge Hun­dert bis Tau­send Jun­gen und Män­ner unter­sucht – für ande­re Ein­grif­fe sind häu­fig weit gerin­ge­re Pro­ban­d_in­nen-Grup­pen üblich. Die in Pub­Med gelis­te­ten Stu­di­en decken dabei zahl­rei­che Fra­ge­stel­lun­gen ab, etwa Fra­gen zu Kom­pli­ka­ti­ons­ra­ten, Emp­find­sam­keit der Eichel, sexu­el­le Zufrie­den­heit und psy­cho­lo­gi­sche Aus­wir­kun­gen (die etwa durch Dis­kri­mi­nie­run­gen von Kin­dern und Teen­agern auf Grund des Beschnei­dungs­sta­tus in geschlechts­ho­mo­ge­nen Grup­pen vorkommen).[acp footnote]Ein Über­blick über die Stu­di­en und Stu­di­en­ergeb­nis­se fin­det sich an ande­rer Stel­le: Voß 2012a; vgl. auch: Deu­sel 2012a; Deu­sel 2012b. Ein­zig auf­fäl­lig ist, dass in den Stu­di­en stets ein nor­ma­tiv-pene­trie­ren­des und zudem hete­ro­se­xu­el­les Ver­ständ­nis ange­wandt wird, um Fra­gen nach der Emp­find­sam­keit nachzugehen.[/acp] Die Daten­la­ge zu Aus­wir­kun­gen von Vor­haut­be­schnei­dun­gen ist also ver­gleichs­wei­se sehr gut – gleich­wohl ließ die Medi­zi­ne­rin und Vor­sit­zen­de des Ethik­ra­tes Chris­tia­ne Woo­pen ver­lau­ten, zunächst ein­mal müss­ten deut­lich mehr For­schun­gen stattfinden.

«Die Vor­sit­zen­de des Ethik­ra­tes […] plä­dier­te dafür, dass der Ethik­rat jetzt Rah­men­an­for­de­run­gen für wei­te­re For­schun­gen ent­wi­ckelt. ‹Eine sol­che Daten­la­ge wür­den wir in ande­ren Berei­chen nie akzep­tie­ren›, sag­te sie am Ran­de der Sit­zung in Ber­lin zur ‹Ärz­te Zei­tung›. Es gebe Hin­wei­se dar­auf, dass schwe­re Fol­gen ein­tre­ten könn­ten, aber bei den bis­he­ri­gen Stu­di­en sei über­haupt nichts über die Umstän­de der Beschnei­dun­gen bekannt, auch nicht, wer sie vor­ge­nom­men hat, so Woo­pen. Ihre For­de­rung wur­de von wei­te­ren Medi­zi­nern im Natio­na­len Ethik­rat aus­drück­lich unter­stützt.» (Mißl­beck 2012)

Der Ruf nach wei­te­ren For­schun­gen, ohne deren Ergeb­nis­se die Basis für die eige­ne Posi­ti­ons­be­stim­mung feh­le, scheint unter Medizinethiker_innen eine nicht unüb­li­che Stra­te­gie zu sein. Das Risi­ko einer womög­lich unpo­pu­lä­ren Fest­le­gung wird damit weit­ge­hend mini­miert. Eine grund­le­gen­de Klä­rung anste­hen­der Fra­gen wird – zumin­dest mit­tel­fris­tig – umgan­gen, wie sich auch bei der pro­ble­ma­tisch zu nen­nen­den Stel­lung­nah­me des Deut­schen Ethik­ra­tes zu Inter­se­xua­li­tät zeig­te (vgl. Voß 2012b). Hier wie dort lie­gen kla­re Erkennt­nis­se vor, die eine Rich­tung der Ent­schei­dung aus medi­zi­ni­scher Per­spek­ti­ve anzeigen.[acp footnote]Die Rich­tung der Ent­schei­dung ist dabei unter­schied­lich. Wäh­rend sich medi­zi­nisch ein deut­li­cher Vor­teil der Vor­haut­be­schnei­dung bei Jun­gen zeigt, ist dies bei Inter­se­xua­li­tät anders. Die medi­zi­ni­schen Behand­lun­gen füh­ren bei Inter­se­xua­li­tät zu einer hohen Rate schwe­rer Kom­pli­ka­tio­nen (fast immer sind meh­re­re Ope­ra­tio­nen nötig; bei Ent­fer­nung der Keim­drü­sen schlie­ßen sich Hor­mon­er­satz­the­ra­pien an etc.), zu schlech­ten funk­tio­na­len Ergeb­nis­sen und zu einer hohen Rate psy­chi­scher Lei­den bei den Behan­del­ten (vgl. aus­führ­lich: Voß 2012b).[/acp]

3. Was aus­ge­schlos­sen bleibt – ras­sis­ti­sche Moti­ve in der Debatte

Der unge­plan­te Ver­lauf (Straf­an­zei­ge nach Kli­nik­be­such) eines durch­aus übli­chen Vor­gangs (Vor­haut­be­schnei­dung nach erfolg­ter Ein­wil­li­gung der Eltern durch appro­bier­ten Arzt) hat­te die­sen Vor­gang zu einem Ereig­nis (Urteils­spruch mit Ver­bot reli­giö­ser Vor­haut­be­schnei­dung) wer­den las­sen, wel­ches sich durch geziel­te Inter­ven­ti­on (inter­es­sen­ge­rich­te­te Kom­men­tie­rung des Urteils in der Pres­se) zu einem öffent­li­chem Ereig­nis aus­wuchs. Die­se Büh­ne nutz­ten vor allem Geg­ner der bis­lang gän­gi­gen Pra­xis, um aus den unter­schied­lichs­ten Grün­den ein Ver­bot medi­zi­nisch nicht­in­di­zier­ter Vor­haut­be­schnei­dung zu for­dern. Ihre Argu­men­ta­tio­nen waren von Vor­an­nah­men geprägt, wie etwa der­je­ni­gen, dass ein sol­cher Ein­griff äußerst gefahr­voll und trau­ma­ti­sie­rend sei. Obwohl der medi­zi­ni­sche Sach­stand die­ser Vor­an­nah­me wider­spricht, war für die Wirk­sam­keit der Argu­men­ta­ti­on eine nähe­re Begrün­dung nicht nötig. Inner­halb des in der BRD domi­nan­ten – christ­li­chen, christ­lich-athe­is­ti­schen – Ver­ständ­nis­ses erschloss sich die «Plau­si­bi­li­tät» der Argu­men­te unmittelbar.

Mel­de­ten sich hin­ge­gen Ver­bän­de der betrof­fe­nen Grup­pen zu Wort – ins­be­son­de­re die Inter­es­sens­ver­tre­tun­gen von Jüd_innen und Muslim_innen in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land –, fan­den sich in den Kom­men­tar­spal­ten von Zeit­schrif­ten rasche Reak­tio­nen, in denen ihre Aus­füh­run­gen dis­kre­di­tiert wur­den. Die Posi­tio­nie­run­gen wur­den als par­tei­isch ein­ge­ord­net und kaum ernst genom­men. Statt­des­sen stell­ten nicht-jüdi­sche und nicht-mus­li­mi­sche Kommentator_innen Mut­ma­ßun­gen an, wonach jüdi­sche und mus­li­mi­sche Eltern das Wohl ihrer Kin­der aufs Spiel set­zen wür­den. In einem uner­hör­ten Akt der Umkeh­rung tritt hier­bei ein wesent­li­ches Nor­ma­tiv west­li­cher Gesell­schaft zuta­ge: Nur der ratio­nal nach­voll­zieh­ba­re Umgang mit einem Gegen­über (z.B. Kind) kön­ne über­haupt ein rich­ti­ger und damit ein guter sein. Die­ses Deu­tungs­mus­ter taugt als Posi­tiv- wie als Nega­tiv­scha­blo­ne, um bereits auf den ers­ten Blick «rich­ti­ges» von «fal­schem» Han­deln zu unter­schei­den. Dass gera­de anders­her­um, etwa von jüdi­schen und mus­li­mi­schen Mediziner_innen und bei jüdi­schen und mus­li­mi­schen Beschnei­dungs­spe­zia­lis­ten, eine Exper­ti­se zu Fra­gen der Vor­haut­be­schnei­dung zu erwar­ten sei, wur­de in sol­chen Dis­kus­sio­nen schlicht­weg nicht für mög­lich gehalten.

In Fol­ge die­ses kul­tu­rel­len blin­den Flecks wur­de die christ­li­che und athe­is­ti­sche wei­ße (also: hege­mo­nia­le) Posi­ti­on gera­de nicht als eine par­tei­ische, wer­ten­de aus­ge­stellt, son­dern im Gegen­teil als eben eine sol­che, die unbe­ein­flusst einen Außen­blick ermög­li­che. Die Unsicht­bar­keit des eige­nen wei­ßen Hin­ter­grunds erregt auch des­halb kaum einen Ver­dacht, weil er im Zuge der Dis­kur­se der letz­ten Jahr­zehn­te und sogar Jahr­hun­der­te zunächst hege­mo­ni­al durch­ge­setzt und dann für uni­ver­sell erklärt wur­de. So gerät aus dem Blick, dass die Vor­stel­lung eines vom «pro­fa­nen Leben» abge­spal­te­nen geis­ti­gen Bereichs mit der christ­li­chen Reli­gi­on ver­bun­den ist (vgl. Çetin/Wolter 2012: 24ff). Erst aus die­ser Tren­nungs­per­spek­ti­ve wird die Vor­haut­be­schnei­dung reli­gi­ös unnö­tig. Ver­bun­den mit einer sol­chen Abspal­tung des Glau­bens vom «pro­fa­nen Leben» wur­de die Aner­ken­nung der welt­li­chen Ord­nung gefor­dert, in der jeder Mensch an dem Platz sei, der ihm zukom­me. Nicht nur Skla­ve­rei und Leib­ei­gen­schaft wur­den auf die­ser Basis gerecht­fer­tigt (Çetin/Wolter 2012). Mit dem Pro­tes­tan­tis­mus und der auf­zie­hen­den euro­päi­schen Moder­ne, in der etwa Kör­per­stra­fen schließ­lich abge­schafft wer­den, ver­fes­tigt sich die­se Tei­lung. Sie grun­diert heu­ti­ge Regie­rungs­wei­sen (vgl. Lud­wig 2012; Çetin/Wolter 2012) eben­so wie sie die abge­trenn­te Zustän­dig­keit der reli­giö­sen Instan­zen für den Glau­ben bestimmt, wohin­ge­gen die medi­zi­ni­schen Instan­zen für das «pro­fa­ne Leben», für die Leib­lich­keit zustän­dig zeichnen.[acp footnote]An die­ser Stel­le zeich­net sich auch die pro­ble­ma­ti­sche Domi­nanz der Medi­zin als ein wesent­li­ches «Dog­ma» der Moder­ne ab – aus einer Tei­lung lebens­welt­li­cher Sphä­ren und den fort­an dau­ern­den Behaup­tungs­ver­su­chen von legi­ti­mer Zustän­dig­keit. (So wur­den «medi­zi­nisch indi­zier­te» Vor­haut­be­schnei­dun­gen nicht ein­mal in der vehe­ment geführ­ten «Beschnei­dungs­de­bat­te» dis­ku­tiert. Für die pro­ble­ma­ti­sche Behand­lung von inter­ge­schlecht­li­chen Men­schen sowie für eben­falls pro­ble­ma­ti­sche psych­ia­tri­sche Behand­lun­gen wird die Medi­zin als grund­sätz­lich zustän­di­ge Instanz nicht in Fra­ge gestellt.)[/acp]

Mit Blick auf den zugrun­de­lie­gen­den Sinn- und damit Wert­ho­ri­zont wird deut­lich, wie an die wei­ße christ­li­che und wei­ße athe­is­ti­sche Welt­sicht eine Per­spek­ti­ve auf Gesell­schaft – auf «Kör­per» und «Geist» – geknüpft ist, die in Debat­ten voll­stän­dig unhin­ter­fragt bleibt. Statt einer Refle­xi­on auf das his­to­ri­sche kul­tu­rel­le Gewor­den­sein eines sol­chen breit geteil­ten Welt­zu­gangs erwar­ten wei­ße Men­schen von Men­schen, die nicht in die­ser Tra­di­ti­on ste­hen und ande­ren Welt­sich­ten den Vor­rang geben, ste­te Recht­fer­ti­gung. Jes­si­ca Jaco­bi und Got­lin­de Magi­ri­ba Lwan­ga hal­ten mit Blick auf das Gros der wei­ßen Bevöl­ke­rungs­mehr­heit der BRD fest: «Frau­en wie Män­ner wis­sen fast nie, was das spe­zi­fisch Christ­li­che ihrer säku­la­ren Kul­tur ist, weil es als qua­si-natür­li­cher Zustand, als Selbst­ver­ständ­lich­keit oder als die kul­tu­rel­le Nor­ma­li­tät schlecht­hin emp­fun­den wird.» (Jacobi/Magiriba Lwan­ga 1990: 97) Auch die säku­la­re Posi­tio­nie­rung wei­ßer Men­schen und die säku­la­re Kul­tur sind auf­ge­spannt vor einem für selbst­ver­ständ­lich erach­te­ten Hin­ter­grund, der kaum je hin­ter­fragt wird. Für die jüdi­sche Reli­gi­on und Kul­tur machen die bei­den Autorin­nen deutlich:

«Eine sehr ver­brei­te­te Annah­me ist die, Juden­tum sei nichts wei­ter als eine Reli­gi­on. Und mit Reli­gi­on hat die Mehr­heit derer, die sich für anti­ras­sis­tisch hal­ten, nichts zu tun. Aus der Kir­che kann frau ja aus­tre­ten. Meist sind es auch nicht die pro­fes­sio­na­li­sier­ten Kir­chen­frau­en, die Jüdin­nen über ihren Glau­ben aus­fra­gen, son­dern die weni­ger reli­gi­ös enga­gier­ten. Chris­ten und Nicht-mehr-Chris­ten reden vom Glau­ben, wo doch sie es sind, die glau­ben oder eben nicht mehr glauben.

Juden ‹wis­sen›. Unse­rer Mei­nung nach gibt es in die­sem Sin­ne kei­nen jüdi­schen ‹Glau­ben›, genau­so­we­nig wie es eine jüdi­sche ‹Ras­se› gibt. Es gibt jedoch eine jüdi­sche Lebens­wei­se. Es gibt jüdi­sches Wis­sen und Sen­si­bi­li­tät, die oft auch ohne Lebens­wei­se und ohne Wis­sen durch Sozia­li­sa­ti­on erwor­ben wird. Es gibt jüdi­sche Geschich­te und jüdi­sche Kul­tu­ren, wovon Reli­gi­on ein wesent­li­cher Bestand­teil ist.» (Jacobi/Magiriba Lwan­ga 1990: 97)

So ist unser Fazit unspek­ta­ku­lär: Wenn es gelingt, den jeweils eige­nen Blick auf Men­schen, auf Gesell­schaft zu befra­gen auf die Bedin­gun­gen sei­nes Zustan­de­kom­mens, auf den blin­den Fleck sei­ner Her­kunft, erst dann ent­ste­hen die Grund­la­gen für Dis­kus­sio­nen. Denn es ist ein ernüch­tern­des – oder viel­mehr: erschre­cken­des – Zei­chen, wie wenig es im «demo­kra­ti­schen Deutsch­land» bis­her gelun­gen ist, wei­ße Selbst­ver­ständ­lich­keit und Domi­nanz auch nur ansatz­wei­se in den Blick zu rücken, um sie reflek­tie­ren und befra­gen, auf Alter­na­ti­ven hin unter­su­chen und auf­lö­sen zu kön­nen. «Auf­lö­sen» in dem Sin­ne, dass unter­schied­li­che «Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten» einen Platz in die­ser Gesell­schaft erhal­ten, und somit die Gesell­schaft tat­säch­lich offen gehal­ten wird.

Um eine beja­hen­de Ver­bin­dung von Lebens­wei­se und Geschich­te, Kul­tur und Reli­gi­on, von «Wis­sen und Sen­si­bi­li­tät» geht es auch Aiman Mazy­ek, Vor­sit­zen­der des Zen­tral­ra­tes der Mus­li­me. Für den Islam führt er unter direk­ter Bezug­nah­me zur «Beschnei­dungs­de­bat­te» aus:

«Die mensch­li­che Gesund­heit hat Prio­ri­tät im Islam, die Bewah­rung der mensch­li­chen Unver­sehrt­heit ist ein eben­so gött­li­ches Gebot. Aus die­sem Grund wird das Beschnei­dungs­ri­tu­al erlaubt und gefor­dert. Zumal ermög­licht es dem Indi­vi­du­um die reli­giö­se und sozia­le Ver­ge­mein­schaf­tung mit der ent­spre­chen­den Reli­gi­ons­ge­mein­schaft. […] Die Geg­ner der Beschnei­dung, zu denen auch lei­der eini­ge deut­sche Juris­ten und Rich­ter gehö­ren, ver­fol­gen nicht sel­ten poli­ti­sche Moti­ve und ver­su­chen mit viel Pole­mik und wenig Wis­sen erneut Juden und jetzt auch Mus­li­me zu kri­mi­na­li­sie­ren.» (vgl. Çetin/Wolter 2012: 44)

Es ist nicht zuletzt die neue Inten­si­tät der in der «Beschnei­dungs­de­bat­te» ans Licht gelang­ten Vor­ur­tei­le gegen­über Men­schen jüdi­scher und mus­li­mi­scher Reli­gi­on und Kul­tur, die offen (in den Kom­men­tar­spal­ten) und ver­deckt (in eini­gen medizinischen/wissenschaftlichen «Argu­men­ta­tio­nen») her­vor­tra­ten, die eine Aus­ein­an­der­set­zung mit den unre­flek­tier­ten Set­zun­gen und Moti­ven der Betei­lig­ten dring­lich machen. Die fol­gen­den Fra­gen könn­ten die­se Aus­ein­an­der­set­zung flan­kie­ren und somit (zumin­dest struk­tu­rell) gege­be­nen­falls ver­ein­fa­chen: An wes­sen Rech­te und an wes­sen Frei­heit wird gedacht, wenn Selbst­be­stim­mung, Unver­sehrt­heit und Kin­des­wohl ein­ge­for­dert wer­den? Vor dem Hin­ter­grund wel­cher selbst­ver­ständ­li­chen Set­zun­gen kom­men For­de­run­gen über­haupt erst auf? Wer kann sich vor dem Hin­ter­grund domi­nan­ter Set­zun­gen äußern und wer ist aus­ge­schlos­sen, wird also zum «Schwei­gen gebracht»?

 

Lite­ra­tur:

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Schwar­zer, Ali­ce (2012): Soll die Beschnei­dung ver­bo­ten wer­den?, 2. Juli 2012. Online: http://www.aliceschwarzer.de/publikationen/blog/?tx_t3blog_pi1[blogList][showUidPerma]=103&cHash=e8a60c9628 (29.1.2013).

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Stehr, Maximilian/Putzke, Holm/Dietz, Hans-Georg (2008): Zirkum­zi­si­on bei nicht ein­wil­li­gungs­fä­hi­gen Jun­gen: straf­recht­li­che Kon­se­quen­zen auch bei reli­giö­ser Begrün­dung, in: Deut­sches Ärz­te­blatt, 105 (34–35): 1778–1780.

Stehr, Maximilian/Schuster, Tobias/Dietz, Hans-Georg (2001): Phi­mo­se. Mehr Zurück­hal­tung bei ein­schnei­den­den Lösun­gen! päd­ia­trie haut­nah 2001, 9: 320–323.

Voß, Heinz-Jür­gen (2012a): Zirkum­zi­si­on – die deut­sche Debat­te und die medi­zi­ni­sche Basis. Sexuo­lo­gie – Zeit­schrift für Sexu­al­me­di­zin, Sexu­al­the­ra­pie und Sexu­al­wis­sen­schaft, 19 (3–4): 154–162. (Nach­ge­druckt in: Çetin, Zülfukar/Voß, Heinz-Jür­gen/­Wol­ter, Salih Alex­an­der (Hg., 2012): Inter­ven­tio­nen gegen die deut­sche «Beschnei­dungs­de­bat­te». Müns­ter: Assemblage.)

Voß, Heinz-Jür­gen (2012b): Inter­se­xua­li­tät – Inter­sex: Eine Inter­ven­ti­on. Müns­ter: Unrast-Verlag.

Wid­mann, Peter (2012): Ein Gerichts­ur­teil und sei­ne media­le Insze­nie­rung. In: Heil, Johannes/Kramer, Ste­phan J. (Hg.): Beschnei­dung: Das Zei­chen des Bun­des in der Kri­tik – zur Debat­te um das Köl­ner Urteil. Ber­lin: Metro­pol. S. 219–227.

[acp foot­no­te dis­play title=„Fußnoten“ /]

4 Gedanken zu “Der (medizinethische) deutsche Diskurs über die Vorhautbeschneidung

  1. Zu Ihrer Fuß­no­te 1, Als Betrei­ber zwei­er zitier­ter Sei­ten, wei­se ich dar­auf hin dass Ihre DENIC-Recher­che man­gel­haft ist.
    Beschnei​dung​-von​-jun​gen​.de ging 2009 online.
    Das Beschnei​dungs​fo​rum​.de ging online, als im öffent­li­chen Dis­kurs, von Leu­ten wie Sie, die Exis­tenz beschä­dig­ter Män­ner geleug­net wurde.

    Ihre Betrei­ber rekru­tie­ren sich inter­es­san­ter­wei­se nicht aus Selbst­or­ga­ni­sa­tio­nen, etwa agnos­ti­scher oder athe­is­ti­scher Män­ner jüdi­schen oder mus­li­mi­schen Eltern­hau­ses, son­dern aus ande­ren Per­so­nen­krei­sen, mit eige­nen Motiven.“

    Was möch­ten Sie mit ihrer ver­mu­te­ten zeit­li­chen Über­ein­stim­mung auf der­art per­fi­de Wei­se insi­nu­ie­ren? Was ist dar­an „inter­es­sant“?
    Muss man Jude oder Mus­li­me sein, um einer sol­chen Tätig­keit nachzugehen?
    Reicht es nicht aus athe­is­tisch und agnos­tisch zu sein?
    Rei­chen nicht allei­ne Men­schen­rech­te als Motiv nicht aus?
    Sie hät­ten mich zu mei­nen Moti­ven befra­gen kön­nen, anstatt sie zu Ihrem Welt­bild pas­send zu machen.

  2. Dazu plau­si­bel Mina Aha­di vom Zen­tral­rat der Ex-Mus­li­me (ZdE) im Mai 2015: 

    Schluss mit der Kin­der­be­schnei­dung – auch in isla­misch gepräg­ten Ländern 

    In mei­ner Erin­ne­rung ist ein Bild, es ist mehr als 50 Jah­re her. Ein
    klei­ner Mann kommt zu uns, schmut­zig und selbst­be­wusst. In der Hand
    eine Tüte mit einer Rasier­klin­ge. Eini­ge Erwach­se­ne lau­fen hin und her,
    die Stim­mung ist sehr fei­er­lich. Von dem Zim­mer, in dem mein Bruder
    jetzt ist, wer­den wir ande­ren Kin­der fern­ge­hal­ten, plötz­lich schreit er
    auf und dann ist wie­der Stille. […] 

    So war unser Leben in dem klei­nen Dorf irgend­wo in Nor­den des Iran […] und dar­an wird sich welt­weit nichts ändern, wenn wir wei­ter schwei­gen und nichts tun. […] 

    Seit dem 70. Deut­schen Juris­ten­tag Han­no­ver 2014 droht auch in Europa
    eine Straf­frei­stel­lung der soge­nann­ten mil­den Sun­na (FGM Typ Ia, Ib,
    Typ IV). In ihrem Rechts­gut­ach­ten emp­fahl Pro­fes­so­rin Dr. Tat­ja­na Hörnle
    (Lehr­stuhl für Straf­recht, Straf­pro­zess­recht, Rechts­phi­lo­so­phie und
    Rechts­ver­glei­chung) den deut­schen Juris­ten und dem Gesetz­ge­ber, die
    weib­li­che Geni­tal­ver­stüm­me­lung Typ eins und Typ vier straf­frei zu
    stel­len und den § 226a StGB geschlechts­neu­tral zu for­mu­lie­ren (12).

    Karl-Peter Rin­gel und Kath­rin Mey­er wol­len eben­falls die islamische
    FGM lega­li­sie­ren, gehen aber einen ande­ren Weg. Sie for­dern, den § 1631d
    BGB so umzu­for­mu­lie­ren, dass er künf­tig für Jun­gen wie für Mädchen
    Gül­tig­keit hat (13). Die mil­de Sun­na ist jedoch ein medi­zi­nisch nicht
    erfor­der­li­cher und des­halb zu ver­bie­ten­der Eingriff.“ 

    ( Quel­le: ZdE ) 

    Referent/innen und Teilnehmer/innen aus Deutsch­land, Öster­reich, der
    Schweiz, Däne­mark, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en, Finn­land, der Türkei,
    USA, Kana­da und dem Iran tausch­ten sich am 08. und 09. Mai im Haus der
    Jugend in Frank­furt am Main inten­siv zum The­ma „Geni­tal Auto­no­my: Myths
    and Mul­ti­ple Stan­dards“ aus. Dabei wur­de das grund­sätz­li­che Verständnis
    deut­lich, dass Ethik uni­ver­sell ist […] 

    Unum­strit­te­ner Höhe­punkt der Kon­fe­renz war jedoch der Vor­trag von
    Mina Aha­di (Zen­tral­rat der Ex-Mus­li­me), die für ihr engagiertes
    Auf­tre­ten für die geni­tale Unver­sehrt­heit von Mäd­chen und Jun­gen im
    mus­li­misch gepräg­ten Kul­tur­kreis und ihre muti­ge Arbeit im Allgemeinen
    mit ste­hen­den Ova­tio­nen gefei­ert wurde.“ 

    ( Quel­le: hpd )

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