Der Tod des damals 28-jährigen algerischen Asylbewerbers Farid Guendoul jährt sich am 13. Februar 2014 zum 15. Mal. Mit dem Datum geht auch ein außergewöhnliches, von der Rosa Luxemburg Stiftung gefördertes Internetprojekt zur Dokumentation der und zum Gedenken an die rassistische Tat zuende: RE:Guben. Abgesehen davon, dass die wunderbar gestaltete Seite randvoll ist mit interessanten und lesenswerten Beiträgen, Audio- und Video-Clips und Fotografien zum Thema, sei an dieser Stelle auch noch einmal auf ein besonders gelungenes Teilprojekt in diesem Zusammenhang hingewiesen: Unter dem Titel „Rassistische Gewalt vor Gericht. Gespräche über den Fall Guben“ sind Interviews mit damals am Prozess vor dem Landgericht Cottbus Beteiligten veröffentlicht, die das Geschehen damals noch einmal in seiner Tiefe und Bedeutung aufrufen. Neben dem Tagesspiegel-Reporter Frank Jansen, dem Prozessbeobachter der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM), Friedrich Burschel, und den beiden Nebenklage-Anwältinnen Christina Clemm und Theda Giencke werden auch der Verteidiger Christian Nordhausen und der — unterdessen pensionierte — Vorsitzende Richter Joachim Dönitz befragt. Insbesondere das Dönitz-Interview ist ein höchst beeindruckendes Dokument.
Zum Abschluss des Projektes und anlässlich des Jahrestages wird in Berlin auch eine Ausstellung zum Thema zu sehen sein:
„Wenn der so bekloppt ist und durch die Scheibe läuft…“
Guben 15 Jahre nach der tödlichen Hetzjagd auf Farid Guendoul
Ausstellung vom 13. Februar (Vernissage) bis 13. März 2014 (Finissage)
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag ab 16 Uhr, Bildprojektion auf Anfrage, Eintritt: frei
In der Nacht vom 12. zum 13. Februar 1999 verblutete der algerische Asylbewerber Farid Guendoul im Hauseingang der Hugo-Jentsch-Straße 14 in der brandenburgischen Kleinstadt Guben, nachdem er und seine beiden Begleiter von einer Gruppe rechter Jugendlicher gejagt worden waren. Die Täter waren in dieser Nacht unterwegs auf der Suche nach Menschen, an denen sie ihren rassistischen Hass auslassen konnten. Sie bemächtigten sich über Stunden des Raumes der Stadt. Zu keinem Zeitpunkt trafen die Täter dabei auf jemanden, der sie aufhielt.
Farid Guendoul ist eines von 184 Todesopfern rechter Gewalt seit der deutschen Wiedervereinigung. Im Vergleich zu den meisten von ihnen erhielten sein Tod sowie das sich anschließende, mehr als 18 Monate dauernde Gerichtsverfahren eine hohe mediale Aufmerksamkeit.
Wer heute in Guben nach Zeichen einer Erinnerung sucht, wird viele Leerstellen finden und ist mit Ablehnung und Unverständnis konfrontiert: das Wohnhaus in der Hugo-Jentsch-Straße wurde abgerissen, Menschen suchen nach wie vor die Schuld bei Farid Guendoul und sehen sich in erster Linie als Opfer einer überregionalen Berichterstattung, politische Stellen verweigern immer noch eine Auseinandersetzung mit der Tat. Nur ein kleiner, unscheinbarer und häufig verwahrloster Gedenkstein auf einer Wiese erinnert an Farid Guendoul.
Die Ausstellung erzählt die Ereignisse dieser Februarnacht 1999 vor der Abbildung damaliger Ereignisorte 15 Jahre nach der Tat. Die Diskrepanz zwischen dem Ereignis und seiner Nicht-Ablesbarkeit im Raum ist dabei nicht zu überbrücken. Sie ist Teil der Erinnerung und Anlass der Annäherung.
Die Ausstellung ist eine Erinnerungsinstallation zum 15. Todestag Farid Guendouls, sie beschließt gleichzeitig das Projekt RE:GUBEN, das sich ein Jahr lang Fragen nach einem Umgang mit dem Gedenken an die Todesopfer rechter Gewalt und der Erinnerung an Farid Guendoul in Guben gewidmet hat.